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Netzwerk der Helfenden

Ein Blog hilft Geflüchteten aus der Ukraine bereits vor ihrer Ankunft in Deutschland eine Unterkunft zu finden.

04.05.2022

Die ukrainische Studentin Krystyna Krupko sitzt auf einer Mauer vor dem Gebäude des Instituts für Chemie und Biochemie der Freien Universität Berlin.

Unterstützt Ankommende. Die ukrainische Biowissenschafts-Studentin Krystyna Krupko.
Bildquelle: Bernd Wannenmacher 

„Eine Familie mit sechs Kindern und einem Hund; ein älteres Ehepaar mit fünf Katzen, die Frau ist blind und braucht einmal pro Woche eine Dialyse; drei Frauen und ein neunjähriges Mädchen – sie kommen übermorgen an.“ So sieht ein typischer Eintrag im Blog „Help Ukraine to find a shelter“ aus. Krystyna Krupko hat den Blog gegründet. Die 25-Jährige stammt selbst aus der Ukraine, studiert seit 2019 Biowissenschaften an der Universität Potsdam und arbeitet in der Verwaltung des Fachbe-reichs Biologie, Chemie, Pharmazie der Freien Universität Berlin. Durch den Krieg in ihrer Heimat hat sich auch ihr Leben von heute auf morgen verändert.

„Viele Tausend Menschen kommen nach Berlin und suchen eine Unterkunft –darunter auch Verwandte, Freunde und Bekannte von mir“, berichtet Krystyna Krupko. Die offiziellen Vermittlungsplatt-formen schafften es aber nicht mehr, alle Anfragen rechtzeitig zu bedienen. Daher habe sie sich entschieden, selbst Unterkünfte zu suchen und zu vermitteln. „Anfangs war es sehr stressig, ich konnte noch nicht einmal regelmäßig essen, weil ständig mein Telefon klingelte.“ Als es vor ein paar Wochen losging, habe sie noch nicht so viele Kontakte gehabt, doch inzwischen reiche ihr Netzwerk von Privatleuten und Organisationen sogar bis in andere Bundesländer.

Familien brauchen oft eine Unterkunft für vier oder fünf Personen

Viele Menschen könnten vorübergehend Platz für ein oder zwei Personen in ihrer Wohnung oder ihrem Haus schaffen, so die Erfahrung der Studentin. Die geflüchteten Familien seien aber häufig zu viert oder zu fünft und hätten manchmal noch Haustiere dabei. „Es war sehr kompliziert, für die Familie mit sechs Kindern samt Hund eine Unterkunft zu finden“, sagt Krystyna Krupko. In Potsdam habe es schließlich geklappt – eine Kette von privaten Kontakten führte zum Ziel.

Die meisten Vermittlungen laufen über Ehrenamtliche und über Freundschaftskreise. „Viele Menschen nehmen Geflüchtete auf und suchen in ihrem privaten Umfeld nach weiteren Übernachtungsmöglichkeiten.“ So gelang es Krystyna Krupko gemeinsam mit anderen Ehrenamtlichen, einer Familie mit zehn Personen eine Unterkunft in der Ferienanlage Holthof in Mecklenburg Vorpommern zu vermitteln.

Der Blog erschließt neue Netzwerke von Gastgebenden

Weil die Kapazitäten ihrer persönlichen Netzwerke aber fast ausgeschöpft sind, kam die Ukrainerin auf die Idee, auf der Blog-Plattform der Freien Universität Berlin einen eigenen Blog zu gründen. Dort veröffentlicht sie fast täglich Anfragen von Ankommenden, die für kurze Zeit oder dauerhaft eine Unterkunft benötigen. Wer eine Übernachtungsmöglichkeit anbieten kann – und sei es auch nur für wenige Tage –, hinterlässt Kontaktdaten per Kommentar und wird schnellstmöglich angerufen. Die Kommentare sind nur für das Blog-Team sichtbar.

„Der Blog ist leider noch nicht so bekannt“, sagt Krystyna Krupko. Bisher seien erst wenige Angebote eingegangen, die Nachfrage sei dafür umso größer. Immerhin habe sie gleich in den ersten Tagen nach dem Start des Blogs neun geflüchteten Menschen auf diesem Weg ein vorläufiges Dach über dem Kopf vermitteln können. „Die Gastgebenden haben die ukrainischen Familien oft auch bei Behördengängen begleitet und ihnen mit Formularen geholfen.“

Geflüchtete sollten vor der Ankunft wissen, wohin sie gehen können

Auch Martina Sick konnte helfen. Die Verwaltungsleiterin des Fachbereichs Biologie, Chemie, Pharmazie hat eine Mutter und ihre 25-jährige Tochter aufgenommen. Wenn für beide Seiten alles optimal laufe, habe der Weg über die Blog-Vermittlung einen unschätzbaren Vorteil: „Über unsere Netzwerke wissen wir schon ein paar Tage im Voraus, wer wann in Berlin ankommt“, sagt die Ukrainerin. „Wenn die Menschen schon vor ihrer Ankunft wissen, wohin sie gehen können, ist das eine große Erleichterung.“

Weitere Informationen

Über diesen Blog vermittelt Krystyna Krupko Unterkünfte für Geflüchtete aus der Ukraine – bitte hinterlassen Sie dort einen Kommentar, wenn Sie eine Unterkunft anbieten können: