Springe direkt zu Inhalt

Zukunft von Anfang an

Die Freie Universität Berlin zeigt ihre Zukunftspläne vor dem Horizont ihrer Geschichte

Als am 4. Dezember 1948 die Freie Universität Berlin gegründet wurde, forderte Professor Ernst Reuter, gewählter Oberbürgermeister von Berlin und Vorsitzender des Gründungsausschusses und des Kuratoriums der Freien Universität Berlin, die jungen Menschen dazu auf, die zerstörte Tradition der Friedrich-Wilhelms-Universität Unter den Linden in der Freien Universität neu zu begründen: „Zeigen Sie der Welt, dass die Berliner Universität, die einst von den Brüdern Humboldt gegründet worden ist, die der Stolz unserer Stadt gewesen ist, dass diese Universität Berlins lebt und lebendig ist.“

Dieser Verpflichtung, das moralische Erbe der Berliner Universität zu übernehmen, wurde am 6. April 1949 dadurch Nachdruck verliehen, dass die 18 Institute der am 26. Januar 1949 zur Humboldt-Universität umbenannten und drei Jahre zuvor ausdrücklich als Neugründung erklärten Universität Unter den Linden nunmehr förmlich der Freien Universität angeschlossen wurden. Damit war die Universitätslandschaft Berlins neu konturiert und auf die Freie Universität kam eine gigantische Aufgabe zu.

Sie hat diese Pflicht mit tatkräftiger Unterstützung der freien Welt so schnell und erfolgreich vollzogen, dass ihr bereits gut fünf Jahre später, am 19. Juni 1954, ihr erstes neues Zentralgebäude mit Auditorium Maximum und Bibliothek übergeben wurde: Der von der Ford-Stiftung finanzierte und nach Henry Ford II. benannte Bau, der in diesem Jahr seinen 50. Geburtstag feiert.

Dieses ist für die Freie Universität der Anlass, die Bürgerinnen und Bürger der Stadt ebenso wie die Angehörigen der Universität zu einem Moment des Innehaltens aufzufordern und sie einzuladen, auf eine bewegte Geschichte zurückzublicken, um von da aus die Zukunft der Freien Universität zu betrachten. Der Akademische Senat der Freien Universität hat aus diesem Anlass angeregt, eine große Ausstellung im Henry-Ford-Bau durchzuführen, bevor dieser nach fünfzig Jahren intensiver Nutzung einer gründlichen Renovierung unterzogen wird.

Mit Hilfe zahlreicher Sponsoren, genannter und ungenannter Unterstützer entstand in nur wenigen Monaten eine Ausstellung, die gleichzeitig eine Leistungsschau, eine historische Vergewisserung und eine Projektion in die Zukunft ist. Die Ausstellung zeigt die großen Stationen der FU-Geschichte:

  • 1948, ihre Gründung
  • 1968, ihre besondere Rolle in der jun gen Demokratie und
  • 1989 bei der Wende, als die FU ihre künftige Rolle neu definieren musste.

Eine Universität, die in der Krise entstanden ist, Krisen durchlebte und Umbrüche mitgestaltete, hat sich nach der deutschen Wiedervereinigung aufgemacht, ihre neue und gleichzeitig alte Rolle als junge, internationale, dynamische, weltoffene Spitzenuniversität neu zu definieren. In der Abteilung „Zukunftswissen/Wissenschaftslandschaft“ zeigt die Ausstellung wissenschaftliche Leistungen, laufende herausragende Forschungsprojekte und den Weg der Neustrukturierung entlang großer Herausforderungen unserer Zeit, denen die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Freien Universität in fächerübergreifenden Forschungsclustern begegnen.

Die Freie Universität befindet sich in Dahlem, dem Stadtteil, der für die Wissenschaften im ausgehenden Kaiserreich ausdrücklich als „Oxford Deutschlands“ ausgewählt und entwickelt wurde. Dahlem ist deshalb auch ein Wissenschaftsstandort, der durch eine Architektur mit höchstem Anspruch gekennzeichnet ist. International angesehene Architekten haben die Freie Universität mit erbaut, seien es Georges Candilis, die Berliner Architekten Hinrich und Inken Baller oder Lord Norman Foster, dessen Bibliotheksbau wir im nächsten Jahr eröffnen. Die Ausstellung zeigt, wie die Universität im Laufe von über 50 Jahren zu einer Campus-Universität verdichtet wurde, die ähnlich wie Stanford und Columbia in den USA zu einem regen Campus-Leben animiert.

Ebenso wie der FU-Architektur ist deshalb auch dem studentischen und akademischen Leben eine weitere Abteilung der Ausstellung gewidmet. Der Wandel der studentischen Bekleidungsmode wird ebenso gezeigt, wie die Veränderungen, die Feiern und Rituale erfahren haben, oder die Versorgung von Zehntausenden von Studenten täglich mit Dienstleistungszentren und Mensen.

Die Freie Universität war von Anfang an eine internationale Universität, nicht zuletzt dank des internationalen Beistands in schwersten Zeiten. Fast 500 000 Studenten haben hier inzwischen studiert, davon Zehntausende aus dem Ausland, insbesondere auch den USA. Das dichte Netzwerk der Verbindungen zu den internationalen Universitäten und vor allem den Ehemaligen der Freien Universität in aller Welt zeigt die Ausstellung gleichfalls in einer weiteren Abteilung.

Die Saat des Denkens und der Freundschaft ist inzwischen aufgegangen: In den USA hat sich ein FU-Alumni-Netzwerk etabliert, das mit großem Erfolg für die Freie Universität wirbt und Studierende sowie Sponsoren veranlasst, sich der FU zuzuwenden.

Unter den Ehemaligen der Freien Universität befinden sich zahlreiche Menschen, die im Laufe ihres Lebens politische Verantwortung in höchsten Ämtern übernommen haben, die renommierte Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, Künstlerinnen und Künstler wurden oder bedeutsame Funktionen in Deutschland und der Welt eingenommen haben. Ihre Porträts und Lebensgeschichten werden gezeigt. Sie alle gehören zur FU-Familie.

Man kann keine Ausstellung besuchen, ohne nachdenklich zu werden. Eine interaktive Plattform erlaubt es den Besuchern, ihre Eindrücke und Auffassungen vor Ort niederzulegen und zur Diskussion zu stellen.

Ich lade die Berlinerinnen und Berliner, die interessierten Menschen aus der Region und alle Berlinreisenden ein, sich eine Stunde Zeit zu nehmen, den historischen Henry-Ford-Bau aufzusuchen und auf die Anfänge und die Zukunft der Freien Universität zu schauen. Erleben Sie in unserer Ausstellung mit der Universitätsgeschichte ein Stück der jüngsten Geschichte Deutschlands und der Welt. Sie ist Ihre Geschichte, sie ist unsere Geschichte. Herzlich Willkommen!

Der Autor ist Präsident der Freien Universität Berlin.

FU IN ZAHLEN

Die Freie Universität Berlin

Die Freie Universität Berlin gehört zu den hundert ersten Universitäten der Welt und zeichnet sich durch ihren modernen und internationalen Charakter aus. Deutschlandweit zählt die Freie Universität mit über hundert Studienfächern, 415 Professoren, 1200 Wissenschaftlichen Mitarbeitern und 37 000 Studierenden – davon 14 Prozent aus aller Welt – zu den größten und leistungsstärksten Universitäten. Auch ausländische Gastwissenschaftler, wie die Alexander von Humboldt-Stipendiaten, wählen deutschlandweit bevorzugt die FU als Ort für ihren Forschungsaufenthalt. Die Freie Universität ist derzeit Sprecheruniversität von zwölf Sonderforschungsbereichen (SFB) und fünf DFG-Forschergruppen. An zehn weiteren SFBs beteiligt sie sich. Aufgrund ihres besonderen Fächerprofils sind an der FU zwei Sonderforschungsbereiche im geisteswissenschaftlichen Bereich angesiedelt - berlinweit ein Novum. Dreizehn FU-Wissenschaftler erhielten bislang den Leibniz-Preis der DFG, die ranghöchste Auszeichnung für Forschungsleistungen in Deutschland. Allein im Jahr 2003 stieg das Drittmittelvolumen im Vergleich zum Vorjahr um 11,2 Prozent - obgleich auch im letzten Jahr die Zahl der Professuren zurückging.

Mit über 55 Millionen Euro im Jahr wirbt die Freie Universität Berlin rund zwanzig Prozent ihrer Einnahmen aus Drittmitteln ein. Eine strategische Allianz hat die Freie Universität mit der Ludwig-Maximilians-Universität in München geschlossen. Außerdem arbeitet die FU mit weltweit aktiven Firmen wie der BMW-Group, Schering, Siemens oder Pfizer eng zusammen.