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Gute Geister in rosafarbenen T-Shirts

Als MoMAnizer in der Nationalgalerie

Was hat das BAföG mit dem MoMA gemeinsam? Die Großbuchstaben mitten im Wort? Die Abkürzungen, die als eigene Worte in den Sprachgebrauch eingegangen sind? Richtig, doch es kommt noch etwas hinzu. Beim BAföG ist es offensichtlich, beim MoMA war es ein Nebenaspekt: Beides sicherte zahlreichen Studierenden der Freien Universität (FU) den Lebensunterhalt.

Als MoMAnizer fanden junge Kunsthistoriker einen Job für jeweils acht Wochen: Sie erklärten den Menschen in der längsten Warteschlange Deutschlands die Kunstwerke, die sie einige Stunden später zu Gesicht bekommen sollten. Sie standen in der mit 1,2 Millionen Besuchern best frequentierten Kunstausstellung für Fragen zur Verfügung. Sie waren die guten Geister in rosafarbenen T-Shirts in der Neuen Nationalgalerie.

Insgesamt achtzig MoMAnizer arbeiteten während des siebenmonatigen Gastspiels des MoMA in Berlin, etwa 35 kamen von der FU. Die 25-jährige Studentin Christiane Burisch gehörte dazu, sie war für den ersten Raum der Ausstellung zuständig - unter anderem für Picasso und Van Gogh. Sie gerät geradezu ins Schwärmen, wenn sie von ihrer Arbeit berichtet: Zu dem vorher angelesenen Wissen sei durch den Dialog mit interessierten Besuchern immer mehr dazugekommen.

„Wenn man sich sechs Wochen mit bestimmten Bildern beschäftigt, wird man zu einem richtigen Experten“, sagt sie. „Das Wissen wuchs durch neue Gedanken, neue Ideen.“ Doch manchmal gerieten auch die MoMAnizer ins Stocken. Als Christiane Burisch gerade in der Warteschlange arbeitete, wurde sie gefragt, ob in der Galerie Ritterrüstungen ausgestellt seien. „Da war ich schon ziemlich verdutzt“, sagt sie lachend. Auch nach der Mona Lisa sei sie öfter gefragt worden.

Professor Eberhard König vom Kunsthistorischen Institut der FU lobt die „harmonische Zusammenarbeit“ zwischen den Studierenden und den Organisatoren der Ausstellung. Die FU-Studierenden hatten den Vorteil, dass sie schon während des Studiums lernen, frei über Bilder zu sprechen. In einem einzigartigen Mentorenprogramm erleben angehende Kunsthistoriker von der FU die Kunst vor Ort, anstatt „in dunklen Räumen zu sitzen und sich Dias anzugucken“, wie König sagt. Ältere Semester aus dem Hauptstudium gehen mit den jüngeren in Museen und Ausstellungen und erklären die Kunstwerke. Die Jüngeren bekommen so eine qualifizierte Einführung, die Älteren trainieren, als „Vermittler zwischen Kunst und Publikum“ zu arbeiten.

Gelohnt hat sich der Job für die MoMAnizer auf der ganzen Linie: Zu der Bezahlung von neun Euro pro Stunde kommt eine Praktikumsbescheinigung. Außerdem hatten sie jederzeit freien Eintritt zur Ausstellung und konnten Freunde und Verwandte mitnehmen. Da fast nur am Wochenende gearbeitet wurde, ließ sich der Job ideal mit dem Studium kombinieren. Und Spaß habe es auch gemacht, sagt Christiane Burisch: „Das ist eine der tollsten Ausstellungen der Welt.“

Oliver Trenkamp