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In der Vergangenheit bohren

Die Geowissenschaftlerin Brigitta Schütt fährt nach Afrika. Sie und ihr Team untersuchen das Klima in der Sahara der letzten 20 000 Jahre

Bohren ist harte körperliche Arbeit. Und es kann eine Reise in die Vergangenheit sein. Brigitta Schütt, Professorin für Physische Geographie an der Freien Universität Berlin und ihr Team wollen sehr weit in die Vergangenheit – knapp 20 000 Jahre. Mit vier Geländewagen und einer aufwändigen technischen Ausrüstung machen sie sich in wenigen Tagen auf den Weg: Über Spanien, Marokko, Mauretanien, den Senegal und Mali geht es in die zentrale Sahara, nach Niger.

Dort untersucht die Forschergruppe aus Bodenkundlern der Universität Gießen, Archäologen der Universität Frankfurt am Main und Physischen Geographen der Freien Universität und der Universität Würzburg die Klima- und Umweltveränderungen seit der letzten Eiszeit. Hierfür wird in ausgetrockneten Seebecken gebohrt und anschließend das gewonnene Bohrgut in den Sedimentlaboren der FU analysiert. Je tiefer sie kommen, desto älter die Proben. „Wir haben Bohrgestänge für etwa 40 Meter dabei“, erklärt Brigitta Schütt, „das sollte reichen, diesen Zeitraum zu erfassen.“ Die gesammelten Daten werden mit vor Ort kartierten Informationen über vorzeitlichen Umweltbedingungen – wie Boden und Wasserhaushalt – verknüpft. So soll dazu beigetragen werden, gesichertere Aussagen über den globalen Klima- und Umweltwandel machen zu können.

Solche Expeditionen sind enorm aufwändig: Allein die Vorbereitung hat drei Jahre gedauert. Noch kurz vor der Abreise war noch nicht klar, ob alle Länder die Durchreise erlauben. Doch Brigitta Schütt ist zuversichtlich, aber auch gespannt wie die Expedition verläuft: „Eine solches Unternehmen ist extrem anstrengend – sowohl körperlich als auch psychisch“, sagt sie. Zwei Monate ist das elfköpfige Team zusammen. Sie schlafen auf Feldbetten unter freiem Himmel. Privatsphäre gibt es kaum. „Da muss sich jeder auf die anderen verlassen können“, so die Wissenschaftlerin.

Expeditionen und Geländearbeiten sind ein zentraler Bestandteil geowissenschaftlichen Arbeitens und sind in vielen Bereichen die Grundlage praktischer Anwendungen. Besonders deutlich wird der praktische Nutzen von Brigitta Schütts Arbeit anhand eines Projektes des Deutschen Akademischen Austausch Dienstes: In Ostafrika wird ein Studiengang zum Wassermanagement etabliert. Inhalt: Wie das natürlich vorkommende Wasser für die rasch wachsende afrikanische Bevölkerung besser und nachhaltig nutzbar gemacht werden kann. Das ist akademische Hilfe zur Selbsthilfe, „ein Beitrag zur Entwicklungszusammenarbeit“, sagt Professorin Schütt.

Bei solchen Projekten wird fast immer interdisziplinär gearbeitet – zusammen mit anderen Fachrichtungen, Universitäten und Ländern. Die Freie Universität hat hier eine lange Tradition. Schon 1964 wurde die Forschungsstation Bardai in der Republik Tschad gegründet. Über nahezu zehn Jahre diente die Station fachübergreifenden Forschungen aus den Bereichen der Archäologie, Botanik, Ethnologie, Geografie, Geologie und Zoologie. Sie war der Grundstein für die Forschung im „Altweltlichen Trockengürtel“, einer Reihe von Trockengebieten und Wüsten, die sich von Westafrika bis nach Asien ziehen.

Auch das Team auf der aktuellen Expedition in die Sahara arbeitet interdisziplinär. „Wir machen alle alles“, betont die Forscherin Schütt, „anders würde es gar nicht gehen.“ Wie gesagt: Bohren und Graben ist harte körperliche Arbeit.

Weiteres im Internet: http://www.geog.fu-berlin.de

Von Oliver Trenkamp