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Vertrag und Exzellenz

In diesen Tagen stehen die Präsidenten der Berliner Universitäten vor der Unterzeichnung der so genannten Hochschulverträge. Diese Verträge sind seinerzeit von der großen Koalition aus CDU und SPD eingeführt worden, um bei sinkenden Hochschulbudgets gleichwohl eine mehrjährige Planungssicherheit zu ermöglichen. Nachdem die letzten Hochschulverträge durch den Senat von Berlin einseitig in Frage gestellt und die Universitäten zur Hinnahme von Kürzungen von jährlich 75 Millionen Euro und einer einmaligen Absenkung von 54 Millionen Euro genötigt wurden, sind die Einzelheiten nunmehr in einem Vertragswerk verabredet worden. Das Zustandekommen dieses Vertrages unterscheidet sich von der Vergangenheit indessen gründlich: Zwar wurde auch dieses Mal ein Vertrag zwischen dem Wissenschaftssenator und den Universitätspräsidenten ausgehandelt, jedoch dieses Ergebnis auf Intervention des Finanzsenators vom Senat von Berlin in zahlreichen wesentlichen Fragen verändert, ohne dass die Universitäten als Vertragspartner die Chance gehabt hätten, sich dazu vor der Weitergabe an das Parlament zu äußern. Denn auch dieses ist neu: Das Parlament selbst als Legislative hat sich vorbehalten, die Exekutivfunktion der Vertragsabschlüsse in die eigene Hand zu nehmen. Auf diese Weise wurde es notwendig, in einer Last-Minute-Aktion im Wissenschaftsausschuss die Vertragsveränderungen des Senats zu diskutieren und zu versuchen, die katastrophalen Folgen abzumildern: Dazu gehören insbesondere die erneuten Risiken im dreistelligen Millionenbereich, die sich aus der Tatsache ergeben, dass die Entscheidung des Senats zur Erhebung von Immatrikulationsgebühren sich als rechtswidrig erweisen könnte und diese Gebühren zurückzuerstatten sind. Und dieses, obgleich die Summe für diese Gebühren den Hochschulen bereits einmal abgezogen wurde! So musste der Wissenschaftsausschuss gemeinsam mit den Hochschulen versuchen, eine Interpretation der Vertragsformulierungen zu entwerfen und diese dann als Protokollerklärung notieren. Im Falle eines Rechtsstreits soll diese dann der Deutung des gesetzgeberischen Willens dienen.

Dass die Hochschulen sich trotz dieser und zahlreicher anderer Probleme im Zusammenhang der Vertragsverhandlungen dennoch für eine Vertragsunterzeichnung entscheiden werden, ist allein der Tatsache geschuldet, dass in auswegloser Situation wenigstens Planungssicherheit für einen rationalen Abstrukturierungsprozess gegeben ist.

Sollte es der politische Wille in dieser Stadt sein, Berlin zu einer Stadt der Wissenschaft zu machen, werden künftig indessen ganz andere Entscheidungen notwendig sein: Nur wenn den Universitäten und Hochschulen bedingungslose Autonomie eingeräumt wird, wenn diese Einrichtungen unternehmerisch professionell gesteuert werden können, und wenn die Hochschulbudgets ein Wachstum von mittelfristig mindestens 50 Prozent erfahren, kann sich Berlin auf den Weg machen, den Wettbewerb mit internationalen Spitzenuniversitäten aufzunehmen, deren Budget in der Regel das 20- bis 30-fache ausmacht. Der erste Test auf diese Bereitschaft wird jetzt die Frage der Kofinanzierung der Universitäts-Anträge durch das Land im Exzellenzwettbewerb sein.

Von Prof. Dr. Dieter Lenzen, Präsident der Freien Universität Berlin.