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Hoher Anspruch

Die Freie Universität Berlin konzentriert sich auf ihre Flächen

In der Öffentlichkeit wird die Freie Universität Berlin als die "Villen-Universität im Grünen" wahrgenommen, obwohl diese Villen nur rund zehn Prozent der Gesamtfläche ausmachen. Tatsächlich entsteht dieses Image stärker durch die dezentrale Struktur der gesamten Universität. Von den Nutzern wird gerade die Überschaubarkeit der Teilbereiche als besonders attraktiv empfunden, jedoch erschwerte bisher die räumliche Distanz zwischen ihnen die interdisziplinäre Zusammenarbeit und die angestrebte Bildung von Exzellenzclustern. Deshalb hat sich die Freie Universität Berlin das Ziel gesteckt, zu einer Campus-Universität von internationalem Zuschnitt zusammen zu wachsen. Alles muss "fußläufig" erreichbar sein.

Für diese Entwicklung sind die Chancen gegenwärtig besonders günstig: So erfordern die vielen Neuberufungen - bis zu fünfzig Prozent der Hochschullehrer werden innerhalb der nächsten zehn Jahre altersbedingt ausscheiden - und die daraus resultierende, kontinuierliche Neuausrichtung der Forschungs- und Lehrinhalte räumliche Visionen. Durch die Aufgabe von Außenstandorten werden bisher verstreute Fachbereiche im Zentrum Dahlem zusammengeführt. Auch die abgeschlossenen und laufenden großen Sanierungsvorhaben wie die Asbestsanierung der ehemals so genannten "Rost- und Silberlaube" oder die Grundinstandsetzung des Institutes für Pharmazie dienten nicht nur dem baulichen Werterhalt sondern auch diesem Konzentrationsprozess.

Ein weiteres signifikantes Projekt ist der geplante Neubau für die "Kleinen Fächer" (circa 30 Millionen Euro Gesamtkosten), mit dem die Universität zwischen Habelschwerdter Allee und Fabeckstraße erweitert und gleichzeitig die städtebauliche Lücke zwischen den geistes- und den naturwissenschaftlichen Campusteilen geschlossen wird. Das einzigartige Fächerspektrum der "Kleinen Fächer" wird in einem Institutsgebäude zusammengefasst. Durch gemeinschaftliche und projektbezogene Raumnutzungen werden Synergieeffekte erzielt. Eine neue, wirtschaftliche Bereichsbibliothek wird die vorhandene Bibliothek der Erziehungswissenschaften und die 14 weiteren Teilbibliotheken unter einem Dach vereinen. Geplant ist auch die Grundsanierung und räumliche Verdichtung der beiden großen Gebäudekomplexe des Institutes für Chemie bei laufendem Gebäudebetrieb. Auch in Düppel tut sich etwas: In der Planung befindet sich der Neubau des Forschungshauses Molekulare Veterinärmedizin, mit dessen Errichtung die Konsolidierung des Fachbereiches Tiermedizin am Hauptstandort in Düppel vorangetrieben und der Rückzug aus der Mitte Berlins endgültig abgeschlossen werden wird. Die Beispiele zeigen die Komplexität universitärer Planungen, die immer eng an der Gesamtstrategie der Universitätsleitung und den komplexen Nutzeranforderungen ausgerichtet sein müssen.

Die leeren Haushaltskassen erfordern ein ganzheitliches wirtschaftliches Denken und die Beschreitung alternativer Wege der Finanzierung. Aufgrund der Vereinbarungen in den Hochschulverträgen kann die Freie Universität Berlin den fehlenden Landesanteil der Investitionsmaßnahmen über den Verkauf der Villen sichern. Für die Grundsanierung des Henry-Ford-Baus wurden erfolgreich Sponsorengelder geworben.

Die Freie Universität Berlin übernahm bei ihrer Gründung 1949 mit den Institutsgebäuden der Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft auch die Tradition des Wissenschaftsstandortes Dahlem. Der Gründungscampus prägte die deutsche Nachkriegsmoderne, der Komplex der "Rost- und Silberlaube" war als Protagonist des Strukturalismus international stilbildend. Die gerade eröffnete Bibliothek, die von Lord Norman Foster geplant wurde, ist dem hohen Qualitätsanspruch der Freien Universität Berlin verbunden. Mit Projekten wie der Grundsanierung des Henry-Ford-Baus unter denkmalpflegerischen Aspekten oder dem Neubau der "Kleinen Fächer" wird auf unterschiedliche Weise die bauliche Präsenz der Freie Universität Berlin im Berliner Stadtbild gefördert. Der beschriebene bauliche Konzentrationsprozess verfolgt wirtschaftliche Ziele und dient gleichzeitig der Verbesserung der infrastrukturellen Bedingungen für Forschung und Lehre; er ist aber auch das architektonische Äquivalent zur Exzellenzdebatte und dem traditionell hohen baukulturellen Anspruch der Freien Universität Berlin verpflichtet.

Das Ganze genügt aber nicht nur wirtschaftlichen und städtebaulichen Erwägungen sondern folgt einer mittelfristigen Zukunftsvision: Die Freie Universität Berlin mit ihrer internationalen Gründungsgeschichte und ihrer engen internationalen Vernetzung, mit fast 25 Prozent Lehrenden aus aller Welt soll ein Ort des Forschens und Denkens werden, an dem auch ein akademisches Leben stattfindet, das zum Verweilen einlädt.

Von Martin Schwacke, Leiter des Referats Bauplanung in der Technischen Abteilung