Springe direkt zu Inhalt

Highlights im Botanischen Garten

Besonders sehenswerte Pflanzen werden durch einen roten Punkt gekennzeichnet


Im Botanischen Garten der Freien Universität Berlin werden Pflanzen, die besonders sehenswert sind, sei es durch die Blüte oder einen außergewöhnlichen Fruchtstand, durch einen roten Punkt gekennzeichnet. Bei einem Spaziergang durch das reizvolle Gelände lohnt in den kommenden Monaten vor allem ein Besuch in den Gewächshäusern, die täglich ab 9 Uhr geöffnet sind.

Im Kamelienhaus des Botanischen Gartens hat die Saison bereits begonnen. Die winterliche Blütenpracht wird in den nächsten Wochen wieder viele Gartenbesucher begeistern. Aber auch ein Besuch der übrigen Gewächshäuser lohnt sich, denn dort gibt es weitere Schönheiten zu entdecken. So blüht zum Beispiel im linken Bereich des Großen Tropenhauses, der den amerikanischen Pflanzen vorbehalten ist, ein sehr attraktiver und überdies blütenbiologisch hoch interessanter Strauch: die „Baumförmige Beerenmalve“ (Malvaviscus arboreus var. arboreus). Die Beerenmalven (Gattung Malvaviscus), die wegen ihrer Blütenform auch als Tutenmalven bezeichnet werden, gehören zur Familie der Malvengewächse (Malvaceae). Die Gattung umfasst nur drei Arten immergrüner Sträucher, die alle in den Tropen der Neuen Welt beheimatet sind.

Wie kleine Turbane erheben sich die senkrecht aufgerichteten, feuerrot leuchtenden Blüten aus den Achseln der großen, samtweichen, hellgrünen Blätter. Wer aber hofft, dass sich die zu einer engen Röhre zusammen gedrehten Kronblätter mit der Zeit weit öffnen, so wie bei den ähnlich gebauten Blüten des verwandten Roseneibischs (Hibiscus) oder der Schönmalve (Abutilon), der wird enttäuscht werden. Im englischen Sprachgebrauch wird die „Baumförmige Beerenmalve“ deshalb auch als „Sleepy Mallow“ (Schläfrige Malve) bezeichnet.

Von der Entfaltung der Knospe bis zum Abfallen der Blüten vergehen in der Regel nur zwei bis drei Tage, die Befruchtung muss also sehr schnell erfolgen. Da sich nie alle Blüten gleichzeitig öffnen, kann man am gleichen Strauch unterschiedliche Blühstadien beobachten. Im Knospenstadium sind die Blüten vollständig geschlossen und enthalten noch keinen Nektar. Die zahlreichen, zu der charakteristischen, säulenförmigen Röhre verwachsenen Staubblätter sind verhüllt. Im Zentrum der engen, zentralen Röhre der Säule verläuft der Griffel.

Schon in der ersten Nacht, so haben Untersuchungen von C. W. Webb in Costa Rica gezeigt, öffnet sich die Kronblatthülle ein wenig und die Staubblattsäule schiebt sich hervor. Sehr früh am Morgen reift der Pollen in den abgespreizten Staubbeuteln am oberen Ende der Säule heran und die zehn Narben am Ende der pinselartig angeordneten, schlanken Griffeläste werden empfängnisfähig. Jetzt ist es wichtig, dass die richtigen Bestäuber – spezialisierte Kolibris mit langem Schnabel – wie etwa der Zimt-Kolibri (Amazilla rutila), die Blüten schnell finden und zuverlässig besuchen. Angelockt werden sie durch die rote Farbe von Krone, Staubblattsäule und Narbe, und es wartet ein reichliches, frisch produziertes Nektarangebot auf sie. Zugleich verändert sich, für unser Auge allerdings unmerklich, die Blütenfarbe. Der Farbwechsel ist vermutlich ein zusätzliches Signal für die Kolibris, dass sich der Blütenbesuch nun lohnt. Beim Naschen bleibt der stachelige Pollen am Vogelkopf haften und wird beim Besuch der nächsten Blüte auf die Narben übertragen. Schon am folgenden Tag werden die Staubbeutel abgeworfen und die Narben verlieren ihre Funktionsfähigkeit. Bevor die Blüten abfallen, wächst die Blütenkrone jedoch weiter, ihre Farbe wird deutlich heller und die Staubblattsäule verschwindet in ihr.

War die Befruchtung erfolgreich, reifen rote Beerenfrüchte heran. Sie enthalten jeweils drei bis vier Samen, die mehrere Jahre keimfähig bleiben. Die Beerenmalven sind die einzige Malvaceen-Gattung mit fleischigen Früchten.

Malvaviscus-Arten sind frostempfindlich und müssen in frostgefährdeten Gegenden unter Glas gehalten werden. Dort können sie rund ums Jahr Blüten treiben. Im Handel ist auch eine Varietät mit hängenden Blüten erhältlich: Malvaviscus arboreus var. penduliflorus.

Infos: Botanischer Garten und Botanisches Museum Berlin-Dahlem, KöniginLuise-Str. 6-8, 14191 Berlin, Telefon: 030/838-50100, Info-Telefon: 838-50027, www.botanischer-garten-berlin.de

Von Brigitte Zimmer, promovierte Biologin am Botanischen Garten der Freien Universität Berlin.