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Frauen contra Fußball

Leser fragen, Experten antworten

Luzia Scheuringer-Hillus aus Berlin-Wilmersdorf möchte wissen, warum Frauen in der Regel nicht an Fußball interessiert sind – oder zumindest weniger als Männer. Es antwortet Dr. Ursula Kessels vom Fachbereich Erziehungswissenschaft und Psychologie der Freien Universität Berlin.

Wir wollen zunächst klären, ob die Feststellung, Frauen seien nicht oder nur wenig an Fußball interessiert, überhaupt zutreffend ist. Meine Kollegin Julia humpelt dienstags oft, weil sie sich am Abend zuvor jene Blessuren zuzog, die Fußball spielende Menschen mit Stolz und Würde ertragen. Ein Einzelfall?

Ein Blick in die Geschichte zeigt, dass es immer Frauen gegeben hat, die gerne Fußball spielten – oder gespielt hätten, wenn es ihnen erlaubt gewesen wäre. Ab 1894 gründeten sich in England die ersten Frauenteams. Nach einem Boom des Frauenfußballs während des Ersten Weltkrieges wurde den Frauen 1921 die Nutzung der Stadien wieder untersagt, mit der Begründung: „Fußball ist für Frauen nicht geeignet und sollte deshalb nicht gefördert werden.“ Eine vergleichbare Entwicklung gab es in vielen europäischen Ländern. In der Bundesrepublik untersagte der DFB 1955 die Gründung von Frauenabteilungen und die Bereitstellung von Plätzen an Frauenteams – Zuwiderhandlungen waren strafbar. Erst 1970 gab er diese Haltung auf und erlaubte einen (eingeschränkten) Spielbetrieb. In den USA verlief die Entwicklung ganz anders. „Soccer“ gilt als Frauensport. Denn richtige Männer kugeln schließlich beim „American Football“ über den Rasen.

Eine mögliche Antwort lautet also: Frauen sind wenig an Fußball interessiert, weil ihnen die Teilnahme daran verboten oder vermiest wurde. Zudem scheint der Fußball durch den jahrzehntelangen Ausschluss von Frauen eine Kultur entwickelt zu haben, die sie wenig anziehend finden. Das zeigt eine Pilotstudie von mir zum „Image von Fußball unter Frauen“. Frage: „Was verbindest du mit Fußball?“ Antwort: „Eklige Männer. Die sitzen in einer düsteren Kneipe, trinken Bier und sehen gemeinsam fern. Sie sind fett, unsportlich, unkultiviert und betrunken. Es stinkt.“ Frage: „Also, da würdest du jetzt nicht so gerne mit dabei sitzen, höre ich aus deiner Schilderung heraus?“ Antwort: „Nein, um Gottes willen. Ich würde in meiner freien Zeit lieber ein bisschen Sport treiben, was Aktiveres halt.“

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