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Wenn Witze werben

IM BLICKPUNKT DER FORSCHUNG

Eine Meta-Studie zeigt: Lustige Reklame bleibt besser in Erinnerung

Von Martin Eisend

„People don’t buy from clowns.“ Mit diesem Zitat gab der Werbefachmann Claude Hopkins in den 1960er-Jahren prägnant die vorherrschende Meinung von Werbefachleuten zu humorvoller Werbung wieder. Ein Blick in die heutige Werbelandschaft zeigt, dass sich diese Einstellung grundsätzlich geändert haben muss: Etwa jeder fünfte Werbespot arbeitet mit Humor, in den USA und Großbritannien ist der Anteil noch deutlich höher. Dabei ist Humor in der Werbung bei den Zuschauern durchaus populär. Das zeigen nicht zuletzt TV-Sendungen wie die „Witzigsten Werbespots der Welt“ oder die zunehmende Zahl humorvoller Spots, die jährlich beim Werbefilmfestival „Cannes Rolle“ prämiert werden.

Betrachtet man die Höhe der weltweit stetig ansteigenden Werbeausgaben, wird auch die ökonomische Relevanz des Themas schnell deutlich. Für Unternehmen stellt sich die Frage, ob der Einsatz von Humor in der Werbung sinnvoll ist und worauf dabei zu achten ist. Werbetreibende gehen davon aus, dass Humor vor allem dazu beiträgt, die Aufmerksamkeit der Konsumenten zu gewinnen. Humorvolle Werbung wird eher gemocht als ernsthafte, was sich auch auf das beworbene Produkt überträgt. Gleichzeitig fürchten die Unternehmen aber den so genannten Vampir-Effekt: die Möglichkeit, dass die lustige Seite der Werbung so sehr die Aufmerksamkeit auf sich zieht, dass die eigentliche Werbebotschaft nicht mehr ankommt. Die Konsumenten erinnern sich dann zwar noch an den witzigen Werbespot, wissen aber nicht mehr, wofür geworben wurde. Daher ist strittig, ob Humor in der Werbung überhaupt dazu beiträgt, Marken länger in Erinnerung zu behalten.

Damit humorvolle Werbung optimal eingesetzt wird, haben Werbetreibende eine Reihe von Empfehlungen entwickelt. Humor ist demnach besser geeignet für risikoarme Produkte mit einer eher emotionalen Bedeutung (zum Beispiel Bier, Tabak) als für funktionale Produkte mit seriösem Image oder Produkte, die mit einem hohen Kaufrisiko einhergehen (etwa Eigenheime, Versicherungen). Humor soll auch nicht bei neuartigen Produkten verwendet werden, da der Konsument hier vor allem Informationen benötigt. Zudem scheint Humor besser im Fernsehen und Radio als in Printmedien zu wirken: Zumindest findet sich viel mehr lustige Werbung im Fernsehen als in Zeitungen und Zeitschriften. Auch bei Konsumenten dürfte Humor unterschiedliche Wirkungen haben. Am empfänglichsten gelten jüngere Konsumenten mit gehobener Bildung, eher Männer als Frauen. Da Humor in verschiedenen Kulturen unterschiedlich aufgenommen wird, könnte seine Wirkung in der Werbung auch kulturell variieren, so die Annahme.

Dem Thema „Humor in der Werbung“ hat sich auch eine Reihe wissenschaftlicher Studien gewidmet. Die Ergebnisse sind – im Gegensatz zu der eindeutigen Meinung vieler Werbepraktiker – aber durchaus nicht einheitlich. Daher wurden am Marketing-Department der Freien Universität Berlin die wissenschaftlichen Erkenntnisse zur Wirkung von Humor in der Werbung in einer Meta-Analyse zusammengetragen und ausgewertet. Im Rahmen des durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft geförderten Projekts untersuchten die Wissenschaftler insgesamt 47 Studien, an denen zusammen mehr als 6000 Personen teilnahmen. Dabei fanden sie mehr als 400 Wirkungszusammenhänge. Die Ergebnisse haben die Erfahrungen der Werbetreibenden häufig bestätigt; es gab allerdings auch interessante neue Erkenntnisse. So zeigte sich, dass Humor am stärksten auf die Aufmerksamkeit der Konsumenten und das Gefallen der Werbung wirkt. Etwas weniger stark ist der Effekt auf die Einstellung zur beworbenen Marke sowie die Kaufabsicht. Auch die Erinnerung und das Wiedererkennen der Werbebotschaft und der Marke werden durch Humor gefördert. Ein Ablenkungseffekt ließ sich nicht bestätigen.

Die Wirkung von Humor selbst, so ergab die Studie, hängt von einer Reihe von Gestaltungsmerkmalen der Werbung und Charakteristika der Konsumenten ab. Überraschend dabei ist, dass – entgegen der ursprünglichen Annahme der Werbetreibenden – Humor offensichtlich bei wichtigen, risikoreichen Produkten besser wirkt als bei alltäglichen Produkten. Ebenso zeigen sich stärkere Wirkungen in Printmedien als im Fernsehen. Humor wirkt auch besser, wenn das Programm, das die Spots umgibt, seriös ist. Wie erwartet, sind es vor allem junge und gut gebildete Konsumenten, die humorvoller Werbung ihre Aufmerksamkeit schenken. Dagegen konnten keine kulturellen Unterschiede bei der Wirkung von Humor festgestellt werden, auch der wiederholte Kontakt mit der Werbung veränderte die Wirkung kaum.

Die praktischen Folgerungen, die diese Ergebnisse mit sich bringen, sind offensichtlich, und die Werbetreibenden müssen die bisherigen Erfahrungswerte überdenken. Interessant für die Wissenschaft ist zudem, dass Humor keine rein emotionale Wirkung entfaltet. Vielmehr werden auch die Erinnerung und das Verständnis von lustigen Werbebotschaften gefördert: Je intensiver der Humor, desto mehr mögen die Konsumenten die Marke und desto besser ist die Erinnerung daran. Eben diese Verbindung zwischen Emotion und Gedächtnis ist eine Erkenntnis aus der Neurowissenschaft, die sich auch in den Ergebnissen dieser Studie niederschlägt. Hier ergeben sich neue Ansatzpunkte für die Forschung, deren Ergebnisse für die Praxis von hoher Relevanz sein können. Und im Gegensatz zu anderen Werbepraktiken, die meist als lästig empfunden werden, gefällt Humor in den Spots und scheint so zum Wohlbefinden der Zuschauer beizutragen. Denn schließlich ist Lachen gesund.

Der Autor ist Juniorprofessor am Marketing-Department der Freien Universität Berlin.