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„Der Wissenschaftsstandort Deutschland hat Profil gewonnen“

Wilfried Grolig, Leiter der Kultur- und Bildungsabteilung des Auswärtigen Amts, zu deutschen Universitäten im internationalen Vergleich

Auf dem Weg zur „International Network University“ wird die Freie Universität Berlin von einem internationalen Beraterteam begleitet. Dem International Council gehören hochrangige Wissenschaftler an, mit Wilfried Grolig aber auch ein Experte aus dem Diplomatischen Dienst. Der Jurist ist – nach mehrjährigen Auslandsaufenthalten – Leiter der Kultur- und Bildungsabteilung des Auswärtigen Amts. Im Interview spricht er über diese Aufgabe und warum für die Freie Universität die internationale Ausrichtung so wichtig ist. Das Gespräch führte Ulrike Seiler.


 

Herr Grolig, in wenigen Worten - was ist die Aufgabe Ihrer Abteilung?

Ziel unserer Arbeit ist es, für die Außenbeziehungen der Bundesrepublik Deutschland ein tragfähiges Fundament zu legen, und das gelingt nicht, wenn es keine auswärtige Kultur- und Bildungspolitik gibt. Auswärtige Kulturpolitik ist die dritte Säule der Außenpolitik.

Die Freie Universität hat sich in der ersten Staffel des Exzellenz-Wettbewerbs gut behauptet und gehört zu den zehn besten Universitäten Deutschlands. Welche Bemühungen muss sie intensivieren, damit die Freie Universität in der nächsten Staffel auf dem Siegertreppchen steht?

Man muss der Freien Universität ein großes Kompliment machen, dass sie in der ersten Runde so gut abgeschnitten hat. Und jeder, der den Präsidenten, Professor Lenzen, kennt, wird wissen, dass die Freie Universität sich jetzt noch mehr anstrengen wird, um in der zweiten Staffel ganz vorn dabei zu sein.

Sie sind Mitglied des International Council. Wie kann dieses Gremium die Freie Universität weiterhin auf ihrem Weg zur Exzellenz-Universität begleiten?

Der International Council ist eine Gruppe von Personen, deren Aufgabe es ist, die Freie Universität bei ihrer strategischen Positionierung zu begleiten. Zum Beispiel bei den Bemühungen, das Kontaktnetz zu ausländischen Universitäten zu knüpfen und auch eigene Präsenzen im Ausland aufzubauen. Darin sehe ich auch meine Aufgabe in diesem Gremium: meine Erfahrungen aus den deutschen Auslandsvertretungen, aber auch mein Wissen als Leiter der Kultur- und Bildungsabteilung des Auswärtigen Amts einzubringen.

Bringen Sie mit dieser Position auch einen etwas anderen Blickwinkel in die Kommission? Der Beraterstab setzt sich überwiegend aus leitenden Wissenschaftlern zusammen ...

Ich vermag nicht zu sagen, welchen Blickwinkel ein leitender Wissenschaftler hat. Beim International Council ist weniger der wissenschaftliche Aspekt gefragt, sondern vielmehr die Frage des internationalen Wissenschaftsmanagements. Wie positioniere ich mich als Hochschule mit einem bestimmten Profil im internationalen Wettbewerb? Aus meiner Perspektive heraus, als jemand, der im Auswärtigen Amt, im diplomatischen Dienst, tätig ist, kann man schon Einschätzungen abgeben.

Können Sie ein Beispiel nennen?

Ich war vor einigen Jahren in Indonesien tätig und habe gesehen, wie viele Bildungsmessen dort stattfinden. Man konnte beobachten, welche Universitäten sich aktiv bemühen, Studierende anzuwerben und ein eigenes Profil aufzubauen, sodass es zum Markenzeichen wird. Hier denke ich vor allem an Australien. Es ist notwendig, dass wir uns anschauen, wie sich im Vergleich dazu unsere deutschen Universitäten verhalten.

Und? Hinkt Deutschland hinterher?

Hier hat sich in den letzten Jahren enorm viel getan. Der internationale Wissenschaftsstandort Deutschland, der Standort für das Anbieten akademischer Bildungsleistung, hat in den vergangenen Jahren an Profil gewonnen. Die Zahl der ausländischen Studierenden ist in den letzten fünf Jahren um über 50 Prozent gestiegen. Damit hat sich Deutschland im internationalen Kontext sehr gut positioniert. Wir sind weltweit auf Platz drei der Standorte, für die sich internationale Studierende interessieren. Die Nummer eins, die USA, steht deutlich vor Großbritannien, und mit relativ kleinem Abstand folgt dann schon Deutschland.

Das heißt in Zahlen ...

Die USA haben etwa 560 000 ausländische Studierende, Großbritannien rund 260 000 und Deutschland etwa 240 000.

Gab es einen spürbaren Einbruch aufgrund der schlechten Wirtschaft der vergangenen Jahre?

Nein. Es gibt eine internationale Nachfrage nach Bildungsdienstleistung. Diese Bildungsdienstleitung gibt es in Deutschland in Form von Studienplätzen von beachtlich guter Qualität. Und die Studiengänge sind bislang kostengünstig.

Die Freie Universität will ihre internationale Ausrichtung noch weiter stärken. Für das Konzept der Internationalen Netzwerk-Universität bekam sie im Exzellenz-Wettbewerb eine sehr gute Bewertung.

Ich wage die These, dass sich die Freie Universität durch ein relativ frühzeitiges Besinnen auf den internationalen Markt ein Profil erarbeitet hat, das andere Universitäten in Deutschland nicht aufzuweisen haben. China ist im Rahmen seiner Kulturaußenpolitik dabei, weltweit Konfuzius-Institute zu gründen, die die Sprache vermitteln und gleichzeitig ein Fenster nach China öffnen sollen. In einem ersten Schritt sind 100 geplant. Eines davon ist vor einigen Monaten an der Freien Universität eröffnet worden. Weshalb? Weil die Freie Universität aufgeschlossen für Kooperationen ist und bekannt für ihre weltweiten Kontakte, ihre internationale Vernetzung.

 

ZUR PERSON

Im Dienst des Auswärtigen Amts

Wilfried Grolig

Wilfried Grolig; Foto: Auswärtiges Amt

Wilfried Grolig ist seit 2002 Leiter der Kultur- und Bildungsabteilung des Auswärtigen Amts. Er studierte Rechtswissenschaften. Nach dem Referendariat und einem Praktikum bei der Kommission der Europäischen Gemeinschaften absolvierte er die Ausbildung für den Höheren Auswärtigen Dienst. 1980 bis 1983 war er Kultur- und Pressereferent der deutschen Botschaft in Kinshasa, Demokratische Republik Kongo, und von 1983 bis 1986 Leiter der Rechts- und Konsularabteilung der deutschen Botschaft im marokkanischen Rabat. Nach den Auslandsaufenthalten kehrte er nach Deutschland zurück und arbeitete in der Wirtschaftsabteilung des Auswärtigen Amts. 1988 erfolgte der Wechsel nach New York in die Ständige Vertretung bei der UNO. Dort blieb Wilfried Grolig bis Anfang der 1990er Jahre. 1996 wechselte er als Ständiger Vertreter und Leiter Wirtschaft in die deutsche Botschaft nach Jakarta, Indonesien. Seit 1998 ist Wilfried Grolig wieder in der Zentrale des Auswärtigen Amts tätig. use