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Vier Ernst-Reuter-Preise für Dissertationen

Ausgezeichnet

Von Ilka Seer

564 Dissertationen sind im vergangenen Jahr an der Freien Universität Berlin verfasst worden. Berücksichtigt man die Humanmedizin, waren es noch mehr. Die vier besten Arbeiten hat die Ernst-Reuter-Gesellschaft (ERG) der Freunde, Förderer und Ehemaligen der Freien Universität am 4. Dezember, dem Gründungstag der Hochschule, mit dem Ernst-Reuter-Preis ausgezeichnet. Die Preise gingen an die Romanistin Sarah Bösch, den Physiker Markus Gühr, den Juristen Christoph Jeremias und den Biologen Paul Szyska.

Sarah Böschs Arbeit ist die erste Monografie über die Rezeption der Sprachtheorie Wilhelm von Humboldts in Frankreich. Die junge Wissenschaftlerin schlägt eine Brücke von Humboldts Paris-Aufenthalten und seinen Kontakten zu Pariser Gelehrten über die Ära einer weitgehenden Entfremdung der französischen Sprachwissenschaft von Humboldts Ansätzen bis hin zur gegenwärtigen Hochkonjunktur des Sprachdenkers in der französischen Linguistik und Sprachphilosophie. „Die Arbeit ist ein Glanzstück der Sprachwissenschaft und ein zentrales Kapitel der Geschichte des geistigen Transfers zwischen Deutschland und Frankreich“, sagte Germanistik-Professor Peter Sprengel in seiner Laudatio.

Überzeugen konnte auch der Neurobiologe Paul Szyszka mit seiner Arbeit über Honigbienen. Er untersuchte, wie deren Gehirn Signale beim Riechvorgang verarbeitet, optimiert und selektiert. „Szyszkas Forschungen liefern entscheidende Grundlagen für die Entschlüsselung des Geruchssystems der Honigbiene und die Funktionsweise von neuronalen Netzwerken“, lobte Physiologie-Professor Hanns-Christian Gunga von der Charité, Campus Benjamin Franklin.

Markus Gühr setzte sich in seiner Dissertation mit dem Mikro- und dem Makrokosmos der Physik auseinander. Der Mikrokosmos verhält sich quantenmechanisch und die Bewegungen sind periodisch. Im uns vertrauten Makrokosmos gelten jedoch die Gesetze der klassischen Physik, die zu anderen Bewegungsabläufen führen. Da die makroskopischen Systeme aus den mikroskopischen zusammengesetzt sind, gehen durch die Verbindung zu großen Einheiten die quantenmechanischen Eigenschaften verloren. „Gühr hat Modellsysteme untersucht, an denen sowohl das quantenmechanische als auch das klassische Verhalten klar hervortritt und der Übergang zwischen beiden deutlich erkennbar wird“, sagte Paul Fumagalli, Professor für Experimentalphysik an der Freien Universität.

Eine wichtige Rechtsproblematik behandelt der Jurist Christoph Jeremias. Es geht um internationales Insolvenzrecht – genauer gesagt um die Frage: Welches Recht gibt darüber Auskunft, ob ein Gläubiger eines wirtschaftlich zusammengebrochenen Schuldners noch nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens die Aufrechnung seiner Forderung gegen eine Forderung des Schuldners erklären kann? Dahinter verberge sich angesichts internationaler Unternehmenszusammenbrüche eine weitreichende Grundsatzentscheidung, so Helmut Grothe, Professor für Internationales Privat- und Verfahrensrecht an der Freien Universität. Jeremias analysiert und vergleicht in seiner Schrift die einzelnen (Insolvenz-)Aufrechnungsregeln in Europa und spricht sich auf Basis der einschlägigen deutschen und europäischen Vorschriften dafür aus, einheitlich das Recht des Staates entscheiden zu lassen, auf dessen Territorium der Geschäftssitz des Schuldners liegt, ohne dass es darauf ankäme, welchen Rechten die Forderungen selbst unterstehen.

In diesem Jahr wurden insgesamt 24 Dissertationen für den Ernst-Reuter-Preis vorgeschlagen. Seit 1985 verleiht die Ernst-Reuter-Gesellschaft, die zentrale Fördergesellschaft der Freien Universität, den mit 5000 Euro dotierten Preis für die besten Dissertationen des Vorjahres. Der Ernst-Reuter-Preis gehört zu den höchst dotierten Promotionspreisen Deutschlands. Bislang sind knapp 100 Preisträger mit dieser Auszeichnung geehrt worden.

Im Internet unter: www.fu-berlin.de/alumni/erg