Springe direkt zu Inhalt

Deutschland soll es richten

Leser fragen, Experten antworten

Hendrik Behnke aus Kassel möchte gern wissen, worin die größten Herausforderungen der deutschen EU-Ratspräsidentschaft liegen. Es antwortet Prof. Dr. Tanja A. Börzel von der Arbeitsstelle Europäische Integration der Freien Universität Berlin.

Tanja Börzel. Foto: Privat

Die Liste der Ziele, die sich Bundeskanzlerin Merkel gesetzt hat, ist lang. Sie will nicht nur den Verfassungsvertrag wieder zurück aufs Gleis setzen, sondern die strategische Partnerschaft mit Russland erneuern, eine neue Energie- und Klimapolitik formulieren, die außenpolitischer Rolle der EU vor allem im Nahen und Mittleren Osten stärken, die Welthandelsgespräche wiederbeleben und eine transatlantische Freihandelszone zwischen der EU und den USA auf den Weg bringen.

Die Chancen stehen nicht schlecht, dass Angela Merkel wenigstens einige der gesteckten Ziele erreichen wird. Das gilt vor allem für die ins Stocken geratene Ratifikation des Verfassungsvertrags. Die Kanzlerin hat schon einmal bewiesen, dass sie über außergewöhnliches Verhandlungsgeschick verfügt, als sie – kaum im Amt – der EU in letzter Minute noch zu einem Haushalt für 2006 verhalf.

Angela Merkel hat ihre erfahrensten Beamten auf eine Tour durch die 26 Hauptstädte geschickt, um das Terrain für eine mögliche Einigung zu sondieren. Der Fahrplan für den weiteren Ratifizierungsprozess des Verfassungsvertrages muss Ende Juni vorliegen, wenn die französischen Präsidentschaftswahlen vorbei sind. Und der von Merkel neu eingeführte „Trio-Vorsitz“ soll gewährleisten, dass Portugal und Slowenien, die nach Deutschland die Ratspräsidentschaft übernehmen, den gemeinsam erarbeiteten Fahrplan umsetzen.

Die „Berliner Erklärung“ zum 50. Geburtstag der Römischen Verträge muss die Kanzlerin allerdings schon Ende März vorlegen. Das Dokument, das der Zustimmung aller 27 Mitgliedstaaten bedarf, soll nicht weniger als der Europäischen Union eine neue Vision geben. Vor dem Europäischen Parlament hat die Kanzlerin bereits wichtige Grundsätze umrissen. Besonders vielversprechend scheint dabei, dass sie die Seele der europäischen Einigung in universellen Werten wie Freiheit und Toleranz sucht und nicht in einem geographischen oder historisch- kulturellen definierten Europa.

Haben auch Sie eine Frage an unsere Experten? Dann schreiben Sie uns: kommunikationsstelle@fu-berlin.de