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Mit Sicherheit gute Berufschancen

Die Bundesdruckerei stiftet eine Professur an der Freien Universität Berlin

Die Bundesdruckerei GmbH stiftet an der Freien Universität Berlin eine Professur „Secure Identity“ (Technologien zur Sicherung von Identitäten) und fördert damit die weitere Entwicklung einer auch für den Standort Deutschland bedeutenden Zukunftstechnologie. Die Stiftungsprofessur hat zunächst eine Laufzeit von fünf Jahren. Die Professur wird im Fachbereich Mathematik und Informatik angesiedelt sein und soll im Oktober dieses Jahres besetzt werden. Der Vorsitzende der Geschäftsführung der Bundesdruckerei GmbH, Ulrich Hamann, erläutert im Gespräch mit Carsten Wette die Gründe für das Engagement seines Unternehmens.


Herr Hamann, jeder Bürger besitzt oder benutzt täglich zahlreiche Produkte der Bundesdruckerei: ob Geldscheine, Personaldokumente oder Briefmarken. Zum Wintersemester stiftet Ihr Unternehmen an der Freien Universität die bundesweit erste Professur für „Secure Identity“. Wieso engagiert sich ein Unternehmen wie die Bundesdruckerei in der Wissenschaft?

Das hat zwei Gründe. Der eine Grund ist, dass wir bezüglich unserer Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten einfach an Grenzen stoßen. Ein mittelständisches Unternehmen wie die Bundesdruckerei kann Spitzenforschung und gewisse theoretische Forschungsinhalte schlicht und einfach nicht leisten. Da tut sich eine große Wissenschaftsorganisation wie die Freie Universität Berlin natürlich wesentlich leichter. Diese Expertise und diese Möglichkeiten der Freien Universität wollen wir nutzen. Das ist die eine Motivation. Der zweite Beweggrund ist, dass es auf dem Markt zu wenige Experten gibt, die unser Anforderungsprofil erfüllen. Das heißt, auch wir leiden unter dem viel zitierten Fachkräftemangel. Um diesen ein wenig zu mildern, müssten wir unsere Ingenieure im Grunde selbst ausbilden. Aber auch das kann ein mittelständisches Unternehmen nicht allein. Das kann in der erforderlichen Breite und Tiefe des Wissens nur an einer Universität geschehen.

Wieso fiel Ihre Wahl auf die Freie Universität?

Professor Dr. Lenzen und ich haben uns bei einer Veranstaltung getroffen, und er hat mir dort von seinem Sicherheitscluster erzählt. Darüber war ich ehrlich gesagt etwas erstaunt, denn ich hatte bei der Freien Universität zunächst nicht an Mathematik oder Informatik und schon gar nicht an das Thema Sicherheit gedacht. Mittlerweile weiß ich, dass die Freie Universität nicht nur einen exzellenten mathematischen Zweig und hervorragende Informatik-Studiengänge hat, sondern auch intensiv an Themen wie Recht, Soziologie und anderen Gesellschaftswissenschaften arbeitet. Und genau diese Interdisziplinarität ist aus meiner Sicht nötig, wenn man das Thema Sicherheit in der Breite angehen will. Der Rest ist zügig erzählt. Professor Lenzen und ich haben beschlossen, dass wir über die Möglichkeiten einer Stiftungsprofessur nachdenken sollten, und wenig später arbeiteten die Verantwortlichen aus seinem und meinem Hause gemeinsam an dem Thema. Jetzt sind wir bereits so weit, dass die Berufungskommission steht.

Was sind die Schwerpunkte der Professur „Secure Identity“?

Sie wird sich in erste Linie mit Themen der Identitätssicherung beschäftigen. Es sollen mathematische und technische Verfahren entwickelt werden, die es ermöglichen, die Identitätsverfälschung und den Identitätsmissbrauch, die heute in einem besonders hohen Maß im Netz stattfinden, einzudämmen. Dazu wollen wir den IT-Technikern die notwendigen Werkzeuge und ein breites Wissensspektrum an die Hand geben. Wir wollen uns mit mathematischen Krypto-Algorythmen beschäftigen und analysieren, wie solche Themen in gängige Netzwerkstrukturen eingreifen. Aber wir müssen uns auch darüber Gedanken machen, wie sich die entwickelten Verfahren und Lösungen in der aktuellen Gesetzgebung wiederfinden. Gleichzeitig geht es um Themen wie Systemsicherheit, Netzsicherheit, Security Engineering und das Management hochsicherer ID-Systeme.

Planen Sie die Entsendung von Bundesdruckerei-Experten als Gastdozenten?

Ja, das wird ein wesentlicher Bestandteil der Kooperation sein. Wir wollen die Freie Universität und die Bundesdruckerei im Kontext der genannten Themen eng miteinander verzahnen. Eine Wunschvorstellung wäre, dass sich Professoren der Freien Universität über befristete Zeiträume in der Bundesdruckerei über die industriellen Rahmenbedingungen unserer Themen informieren und wir auf der anderen Seite Experten aus unseren Bereichen – da nehme ich mich nicht aus – für eine gewisse Zeit nach Dahlem entsenden, um den Studierenden Einblicke in die Praxis von „Secure Identity“ zu gewähren. In jedem Fall wollen wir einen sehr engmaschigen Informationsaustausch zu allen Themen, die wir gemeinsam besetzen, organisieren.

Was sollten junge Menschen mitbringen, wenn sie sich für den Studiengang „Secure Identity“ an der Freien Universität entscheiden?

Die Studierenden sollten sich für Technik interessieren, sich mit Freude an mathematische Themen wagen und ein gewisses Grundverständnis für physikalische Zusammenhänge mitbringen. Und natürlich sollte man gern mit elektronischen Netzen und Computern umgehen. Aber das reicht im Grunde schon – den Rest wird das Studium mit sich bringen.

Wie schätzen Sie den nationalen und internationalen Markt für Sicherheitstechnologien und verschlüsselte Produkte ein?

Es ist ein gewaltiger Markt. Wenn Sie sehen, dass die Netzwerkstrukturen in der Welt immer dominanter werden, und erkennen, dass es hier absolut leistungsfähiger Schutzmechanismen bedarf, um Authentizität sicherzustellen und um Missbrauch zu verhindern, dann ist das meiner Meinung nach der Wachstumsmarkt schlechthin.

Deutschland hält in Hochsicherheitstechnologien weltweit eine Spitzenposition. Wie lange können wir diese Stellung noch halten?

Nicht mehr lange. Entweder wir treten jetzt aufs Gaspedal und eröffnen angesichts der zunehmenden Übernahme-Initiativen von ausländischen Investoren eine Gegenoffensive, oder wir werden abgehängt. Wir brauchen interdisziplinäre Ansätze, um uns auf dem Wachstumsmarkt der Sicherheitstechnologien zu behaupten und die Innovationskraft, über die wir heute verfügen, für die Zukunft zu sichern. Wir verfügen über enorme Potenziale und Chancen. Aber wir müssen insbesondere in der Fachkräftesicherung aktiv etwas tun.

Wie sehen Sie die Arbeitsmarktchancen für Studierende, die nach vier Semestern im Studiengang „Secure ID“ einen Master erwerben?

Brillant. Die Absolventen können in der Industrie arbeiten, sie können in der Kommunikationsindustrie tätig werden, sie können sich aber auch in Banken und anderen Dienstleistungsunternehmen erfolgreich einbringen. Auch der Staat braucht dringend solche Fachleute. Im Grunde sehe ich kaum einen Bereich unseres Wirtschaftssystems, der für das neue Berufsbild des Sicherheitsinformatikers verschlossen wäre.


Ulrich Hamann
Ulrich Hamann
Foto: Bundesdruckerei

ZUR PERSON

Ulrich Hamann, Jahrgang 1955, ist Vorsitzender der Geschäftsführung der Bundesdruckerei.

Die Bundesdruckerei entwickelt und liefert Systeme und Dienstleistungen für sichere Identifikation und ist weltweit führend in diesem Bereich. Neben kompletten Pass- und Ausweissystemen liefert das Unternehmen Personaldokumente, Hochsicherheitskarten, Dokumentenprüfgeräte, Sicherheitssoftware sowie Trust- Center-Leistungen für nationale und internationale Kunden.

Die Bundesdruckerei-Gruppe beschäftigt weltweit ca. 1400 Mitarbeiter und erzielte im Jahr 2006 einen Umsatz von 272 Millionen Euro.