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Jazz als Symbol für Freiheit und Demokratie

Von Ilka Seer

Welchen gesellschaftspolitischen Stellenwert hatte Jazzmusik in den Staaten des „Ostblocks“? Mit dieser Frage beschäftigen sich Wissenschaftler der Freien Universität Berlin, gemeinsam mit Wissenschaftlern in Polen, Ungarn und der Slowakei in einem neuen Forschungsprojekt. Die VolkswagenStiftung hat für das Vorhaben „Jazz im ,Ostblock‘ – Widerständigkeit durch Kulturtransfer“ knapp 350 000 Euro zur Verfügung gestellt.

„Jazz gilt als die Musik der Freiheit und Demokratie sowie als Symbol des American Way of Life – ,gefährlich‘ also für die staatssozialistischen Gesellschaften Ost- und Ostmitteleuropas“, sagt Projektleiterin Prof. Dr. Gertrud Pickhan vom Arbeitsbereich Geschichte des Osteuropa-Instituts der Freien Universität. Letztlich könne wohl kaum ein Zweifel daran bestehen, dass die Existenz einer von den Regierungen schwer zu kontrollierenden Jazz-Szene diese Musik und ihr Umfeld unweigerlich zu einem Politikum ersten Ranges gemacht hätten – ein Politikum, das durch die Verbindung der Musik mit ihrem Ursprungsland geprägt worden sei. „So bewirkte der Transfer US-amerikanischer Kulturformen eine ideelle Stärkung oppositioneller Kreise, während die US-amerikanische Propaganda den Jazz ihrerseits als eine politische Waffe im Kalten Krieg einsetzte“, erklärt Gertrud Pickhan.

Wie also „wirkte“ Jazzmusik in jenen Ländern, welchen „Widerstandsgehalt“ hatte er? Um dies herauszufinden, wollen sich die Forscher den Interpreten des Jazz nähern und musikalische Ausdrucksformen, Handlungsspielräume, Medien und Institutionen des Jazz untersuchen – und zwar für den Zeitraum vom Ende des Zweiten Weltkriegs bis zum Zusammenbruch der staatssozialistischen Regime in der DDR, Polen, Ungarn und der Tschechoslowakei. Insgesamt acht aufeinander bezogene Teilstudien sind geplant. Sie behandeln unter anderem die Stellung des Jazz in Polen, der Tschechoslowakei, Ungarn und der DDR und Jazz als „jüdische Musik“.