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Viel des Guten ohne Gewissensbisse

Weihnachtsschlemmerei wissenschaftlich betrachtet

Alle Jahre wieder werden im Lichterglanz der Weihnachtsbäume in den Wohnzimmern zwischen Sonthofen und Flensburg gewaltige Lebensmittelberge vertilgt. Der Bogen spannt sich von Gänsebraten, Truthahn, Forelle und Karpfen über Dominosteine, Lebkuchen, Schokolade und allerlei Zuckerzeug bis zu Wein, Bier, Sekt und Verdauungsschnaps. Einige der guten Vorsätze zum neuen Jahr werden deshalb wohl auch festmahlsbedingten Pfunden gewidmet sein. „An den Weihnachtstagen kommt eine gesunde und ausgewogene Ernährungsweise häufig zu kurz“, konstatiert Gisela Olias, promovierte Biologin und Pressereferentin des Deutschen Instituts für Ernährungsforschung in Potsdam, das mit der Freien Universität kooperiert.

„Die Durchschnittsfamilie liebt es vermutlich traditionell und üppig.“ Die kleinen Sünden des Festmahl-Marathons sind schnell aufgezählt: Auf die Hüften schlagen zu viel Süßes, zu viel Fett und übermäßiger Alkoholgenuss – dies alles bei zu wenig Bewegung. Nach Angaben des Bundesverbands der Deutschen Süßwarenindustrie isst der Durchschnittsbürger pro Jahr 33 Kilogramm Süßigkeiten. Besonders gern wird in der Weihnachtszeit zugelangt. Auch die Gans als der Deutschen liebster Weihnachtsvogel zählt nicht zu den Schlankmachern: Bei durchschnittlich 31Gramm Fett je 100 Gramm Fleisch fallen die im Mittel rund 400 verzehrten Gramm Gänsefleisch buchstäblich ins Gewicht. Ein wenig milder gestimmt wird die Waage bei den gefiederten Leidensgenossen der Gans: Ente kommt lediglich auf einen Fettanteil von 17 Prozent, Hähnchen und Pute auf weniger als zehn Prozent Fett. Doch übertriebene Scheu vor dem Fett ist schon aus kulinarischen Gründen nicht angebracht: „Ohne einen gewissen Fettanteil schmeckt Fleisch nicht“, sagt Professor Jürgen Zentek vom Institut für Tierernährung der Freien Universität Berlin. Im Vergleich aller Fleischarten ist Geflügel eine eher fettarme Alternative. Geflügelfleisch ist gesund, enthält gut verdauliche Proteine und wichtige Mineralstoffe.

„Spätestens seit dem BSE-Skandal gehört Fleisch zu den am besten kontrollierten Lebensmitteln“, betont Zentek, „man kann guten Gewissens zugreifen.“ Wer Fett ein wenig umgehen möchte, sollte kalorienarme Fleischteile wie Filet oder anderes fettarmes Muskelfleisch bevorzugen, wie Zentek erläutert. Nach Einschätzung von Professor Reinhard Fries, Geschäftsführender Direktor des Instituts für Fleischhygiene und -technologie der Freien Universität, kann beim Geflügelkauf kaum etwas schief gehen. Die fleischexportierenden Länder – ob innerhalb oder außerhalb der Europäischen Union - müssten Mindeststandards bei Qualität und Hygiene einhalten sowie die Herkunft der Tiere nachweisen. Bei Tiefkühlware rät Fries allerdings, auf eine intakte Verpackung zu achten, weil sonst der sogenannte Gefrierbrand drohe.

Auch Veterinärmediziner Professor Leo Brunnberg von der Freien Universität empfiehlt genaues Hinsehen: „Das Fleisch sollte fest sein und nicht wässrig wirken.“ Kalorienfallen lauern während der Festtage überall, sagt Biologin Olias vom Deutschen Institut für Ernährungsforschung: Selbst die vermeintlich karge Bockwurst habe es mit 25 Prozent Fett in sich. Und wer würde schon auf die Mayonnaise beim Kartoffelsalat verzichten? Selbst bei den eigentlich gesunden Nüssen sind schnell Kalorien zusammengeknackt, die einer ganzen Mahlzeit entsprechen. Wissenschaftlerin Olias rät, sich für das Schlemmen Zeit zu nehmen und den Magen nicht zu überladen. Das Sättigungsgefühl stelle sich erst nach 20 Minuten ein, und fettreiches Essen werde sehr langsam verdaut.

Eher kontraproduktiv sei ein Verdauungsschnaps. „Die Verdauung wird durch Alkohol gebremst. Eine Runde um den Block ist besser.“ Außerdem ist Alkohol fast so kalorienreich wie Fett. Und wenn der innere Schweinehund stärker ist als alle guten Vorsätze? „Es schadet nicht, wenn man mal über das Sättigungsmaß hinaus Kalorien zu sich nimmt“, sagt die Ernährungsexpertin. Eine kleine Gewichtszunahme aus der Zeit zwischen Weihnachten und Neujahr könne man in den gut Griff bekommen – zum Beispiel durch ausgewogene Ernährung zwischen Neujahr und Weihnachten.

CarstenWette