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Im Geiste Schlegels

„Verbindet die Extreme, so habt ihr die wahre Mitte.“ Dieser Satz von Friedrich Schlegel steht paradigmatisch für eine Dialektik, die den Philologen in unbekannte Abgründe eintauchen ließ und ihm auffallende Analogien aufzuspüren verhalf. Die Graduiertenschule für literaturwissenschaftliche Studien der Freien Universität Berlin hätte keinen besseren Namenspatron finden können, um die zwölf Promovenden in den neu bezogenen Räumen zu begrüßen. Auch sie werden dazu ermuntert, Grenzgänge zu wagen und Literaturwissenschaft als vergleichende Disziplin zu verstehen. Der Wind steht günstig, denn die Exzellenzinitiative hat die Friedrich-Schlegel-Graduiertenschule als bundesweit einziges rein literaturwissenschaftliches Projekt für förderungswürdig erklärt.

Der Slowene Jaša Drnovšek ist einer jener zwölf Stipendiaten, die in den Genuss einer exzellenten Betreuung kommen. Der 30-Jährige hat schon in seinem Heimatland von dem ausgezeichneten Profil der Freien Universität gehört und sich nach bereichernden Berlin-Aufenthalten für das Graduierten-Stipendium beworben. Seine Arbeit „Masochismus und das Performative“ sucht im Geist Schlegels nach kulturwissenschaftlichen Schnittstellen: „Masochismus ist nicht nur ein Phänomen der Sexualität und Perversion“, sagt Drnovšek. In einer kapitalistischen Gesellschaft hat Masochismus eine bedeutende Rolle, die nicht nur phänomenologisch, sondern auch ästhetisch interessant ist.“

Seine Kommilitonin Vita Zilburg kam aus Israel nach Berlin, um über Paul Celans Zeitkonzeption zu forschen. Warum sie sich an der Freien Universität bewarb, weiß die 26-Jährige noch genau: „Ich stieß zufällig auf ein Buch von Winfried Menninghaus. Nachdem ich es gelesen hatte, wusste ich sofort: Bei dem willst du promovieren.“ Jetzt ist der Literaturwissenschaftler einer ihrer zwei Betreuer.

Claudia-Löschner-Al-Khatib, die über die Germanistin und Philosophin Käte Hamburger forscht, hat einen positiven Eindruck von den Arbeitsbedingungen an der Freien Universität gewonnen: „Die Entscheidung war richtig, hierher zu kommen. Ich sehe – sei es am Lehrangebot oder an den Bibliotheken –, dass die Freie Universität sehr gut ausgestattet ist.“

Das freut die Geschäftsführerin der Graduiertenschule, Susanne Scharnowski. Sie bestätigt die Dynamik, die sich seit der Exzellenzauslobung entwickelt hat, und auch den anderen Studenten zugute kommen soll. „Wir wollen die universitäre Öffentlichkeit einbinden, durch Gastvorträge und Tagungen.“ Auch damit ist die Graduiertenschule ganz dem Erbe Friedrich Schlegels verpflichtet. Tomasz Kurianowicz