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Leonhard Eulers Lehren

Der Schweizer schuf die Variationsrechnung

Von Ehrhard Behrends

Anlässlich des Jahres der Mathematik 2008 berichten wir über Berlin als Impulsgeber für die Mathematik. In diesem Zusammenhang muss auch von Leonhard Euler die Rede sein.

Euler lebte von 1707 bis 1783, er wurde in Basel geboren. Nach nur drei Jahren Studium machte er seinen Abschluss, und sein wissenschaftlicher Ruf war schon bald weit über die Schweiz hinaus bekannt. Im Alter von 19 Jahren strebte er bereits eine Professorenstelle in Basel an. Diese bekam er zwar nicht, aber er hatte schon ein Angebot, als Nachfolger von Nicolaus Bernoulli an die Akademie von St. Petersburg zu kommen. Nach einer langen und beschwerlichen Reise trat er 1727 die Stelle an.

Seine wissenschaftliche Produktivität war immens. Er schrieb grundlegende Arbeiten zur Mathematik und Physik, zum Schiffsbau und zur Astronomie sowie zu vielen weiteren Gebieten. Die 1735 einsetzende Erblindung schränkte seine Schaffenskraft nicht ein.

1941 siedelte Euler nach Berlin über, Friedrich der Große warb in ganz Europa renommierte Wissenschaftler für seine Akademie an. Euler übenahm vielfältige Aufgaben: Er beaufsichtigte Lotterien, berechnete Versicherungen und Renten, bildete angehende Artillerieoffiziere aus und vieles mehr. Das Verhältnis zu Friedrich dem Großen kühlte sich allerdings immer mehr ab, und so kehrte Euler 1766 nach St. Petersburg zurück, wo er bis zu seinem Tod blieb.

Euler bereicherte die Mathematik mit einer Fülle neuer Ideen. Ein Beispiel ist die von ihm entwickelte Variationsrechnung. Manche wissen vielleicht noch aus der Schule, wie man Extremwertaufgaben löst, wie man also bei einer gegebenen Funktion in einem Koordinatensystem die Stellen findet, an denen sie so groß oder so klein wie möglich ist: Man muss diejenigen x-Werte bestimmen, an denen die Funktion eine waagerechte Tangente hat, wo es also – lokal gesehen – weder aufwärts noch abwärts geht.

Das klappt ganz gut, wenn Zusammenhänge zu untersuchen sind, bei denen nur Zahlen eine Rolle spielen. Was aber ist, wenn zur Konkurrenz kompliziertere Objekte zugelassen sind? Angenommen, wir haben ein 100 Meter langes Seil: Wie muss man dieses auf den Boden legen, um eine möglichst große Fläche einzugrenzen? Das beste Ergebnis: Man muss das Seil kreisförmig auslegen.

Euler fand nun eine Möglichkeit, die Ideen, die in der Schulmathematik für einfache Funktionen zum Ziel führen, auf diesen viel größeren Bereich zu übertragen: Das ist die Variationsrechnung. Die weitere Entwicklung der Mathematik und Physik sind ohne diese Vorarbeiten nicht vorstellbar, und auch heute haben Mathematiker damit zu tun, wenn komplexe Optimierungsprobleme zu lösen sind.

Übrigens: Um Leonhard Euler zu ehren, veranstalten Mathematiker in Berlin in jedem Frühjahr eine Vorlesung. Man trifft sich im Potsdamer Schlosstheater Sanssouci, um eine weitere Facette aus Eulers Leben kennenzulernen und den Vortrag eines international renommierten Kollegen zu hören.