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Kommissar Lichtblick

Arbeitspsychologen unterstützen Landeskriminalamt mit Maßnahmen zum Gesundheitsmanagement

Von Dieter Kleiber

Polizeiarbeit ist kein Zuckerschlecken. Schon gar nicht, wenn es um Sexualdelikte geht. Im Dezernat des Landeskriminalamtes Berlin, LKA 13, bekämpfen 90 Mitarbeiter Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung. Tagtäglich hören die Polizisten von den traumatischen Erlebnissen der Opfer. Eine hohe Belastung, die unter Umständen zu einer Traumatisierung der Beamten selbst führen kann.

Um diese Belastung der Mitarbeiter auszugleichen, trat das LKA an die Freie Universität und das Institut für psychosoziale Gesundheitsforschung heran. Ihre Bitte: Die Wissenschaftler sollten „Maßnahmen zum Gesundheitsmanagement“ bereitstellen und ihre Wirksamkeit erforschen. Damit verbunden war die Hoffnung, das Risiko der Beamten in ihrem Beruf ein Burnout zu erleiden, zu mindern und die Identifikation mit den Arbeitsaufgaben zu steigern. Gleichzeitig versprach man sich einen positiven Effekt für das Arbeitsklima im Kommissariat.

Postwendend wurden drei Gruppenangebote im Rahmen einer Studie zur Wahl gestellt: ein Coaching-Programm, ein Gesundheitszirkel und eine Supervisionsgruppe. Das Coaching-Programm zielte auf eine Förderung der Selbstreflexion und sollte zur Selbsthilfe beitragen, indem belastende Themen erkannt und Problemlösestrategien erarbeitet wurden. Auch bei der Supervision handelt es sich um einen berufsbezogenen Reflexionsprozess. Hier wurden anhand von Beispielsituationen belastende Momente der Arbeit geschildert und in der Gruppe Lösungsvorschläge und Handlungsalternativen erarbeitet. Im Gesundheitszirkel wurden mit den Mitarbeitern gesundheitsrelevante institutionelle Schwachstellen aufgedeckt, sowie Verbesserungsvorschläge und Lösungsansätze erarbeitet, realisiert und bewertet. Jedes der Angebote wurde von erfahrenen Experten der Freien Universität Berlin über einen Zeitraum von drei bis vier Monaten durchgeführt und umfassten jeweils zehn bis zwölf Sitzungen, die von den mit Sexualdelikten beschäftigten Mitarbeiter des Kommissariats besucht werden konnten. Vor Beginn der Gruppenprogramme stellten die Wissenschaftler den LKA-Mitarbeitern die geplanten Angebote vor. So konnte jeder individuell entscheiden, ob er oder sie an einem der Interventionsangebote teilnehmen wollte.

Im Rahmen der begleitenden Studie überprüften die Wissenschaftler, ob die Gruppenangebote zu einer Verringerung der Arbeitsbelastungen und der Beanspruchungen der Polizisten beitrugen. Zudem wurde untersucht, ob es besondere Auswirkungen auf die Arbeitssituation der Beamten gab, die durch die Gruppenangebote hervorgerufen wurden.

53 der insgesamt 90 Beschäftigten des für Sexualdelikte zuständigen Dezernats konnten in die Untersuchung eingebunden werden. Die Teilnehmer wurden jeweils vor und nach den durchgeführten Gruppenangeboten befragt. Die Ergebnisse waren mehr als überzeugend: Bei den Teilnehmern der Angebote zeigte sich ein deutlicher Anstieg der Arbeitszufriedenheit und der erlebten sozialen Unterstützung durch Vorgesetzte, während sich bei den Mitarbeitern, die nicht an den Angeboten teilgenommen hatten (Kontrollgruppe), beide Indikatoren verschlechterten. Die Kollegen, die an einer der Maßnahmen zum Gesundheitsmanagement teilgenommen hatten, beurteilten ihre Aufgabenvielfalt und ihren Tätigkeitsspielraum als ausgeglichen, während die Kontrollgruppe in beiden Punkten eine Verschlechterung wahrnahm.

Darüber hinaus zeigte sich, dass mittels Coaching vor allem die Arbeitszufriedenheit und das Ausmaß der erlebten sozialen Unterstützung durch Vorgesetzte gesteigert werden konnte. Gesundheitszirkel erzielten hier ganz ähnliche Effekte, führten jedoch zusätzlich zur Veränderung wahrgenommener Tätigkeitsspielräume und Aufgabevielfalt.

In Zukunft wollen die Wissenschaftler des Instituts für Prävention und psychosoziale Gesundheitsforschung der Freien Universität Berlin im Rahmen einer größer angelegten Studie ihre Erkenntnisse überprüfen. Die Befragung einer größeren Zahl von LKA-Mitarbeitern könnte zeigen, ob sich die erfreulichen Effekte des Gesundheitsmanagements auch bei Mitarbeitern anderer Dienststellen des Landeskriminalamtes bestätigen und die Effekte intensivieren lassen. Für die Polizeibeamten wäre dies in ihrem harten Arbeitsalltag eine große Entlastung.

Der Autor ist Professor für Psychologie am Institut für Prävention und psychosoziale Gesundheitsforschung der Freien Universität. Er beschäftigt sich unter anderem mit gesundheitsbezogenen Aspekten in der Arbeits- und Organisationspsychologie.