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Ausgerechnet

Eine Bilanz zum Jahr der Mathematik in Deutschland

Muster, die sich nie wiederholen: Penrose-Riesen-Puzzle am Tag der Mathematik in Dahlem.

Muster, die sich nie wiederholen: Penrose-Riesen-Puzzle am Tag der Mathematik in Dahlem.
Bildquelle: Stephan Töpper

Von Ehrhard Behrends

Das Jahr der Mathematik neigt sich dem Ende. In den vergangenen zwölf Monaten wurde in dieser Beilage darüber berichtet, welche Leistungen der Mathematiker aus Berlin in die Wissenschaftsgeschichte eingegangen sind. Auch zum Jahr der Mathematik selbst waren die Berliner sehr aktiv; zum Abschluss dieser kleinen Kolumne soll eine erste Bilanz gezogen werden.

Misst man Erfolg in Zahlen, so war schon in der Mitte des Jahres klar, dass es noch nie ein Wissenschaftsjahr mit einer derartigen Resonanz gegeben hat. Die Anzahl der Berichte in den Medien, der Beteiligten, der Besucher bei den Ausstellungen und Vorträgen war – zum Teil deutlich – höher als in den Vorjahren. In Berlin gab es besonders viele Veranstaltungen, bei denen Mathematik im Mittelpunkt stand: Einen Mathematiktag für Schüler mit mehr als 1000 Teilnehmern, eine an fünf Sonntagen stattfindende Mat(h)inee in der Urania, mehrere Vorträge und Ausstellungen in der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Mathematik-Veranstaltungen zur „Langen Nacht der Wissenschaften“ mit Rekordbesuch und vieles mehr. Zum Beispiel eine große Ausstellung im Deutschen Technikmuseum (siehe Artikel auf dieser Seite), in der man sich bis August 2009 auf 1000 Quadratmetern Ausstellungsfläche davon überzeugen kann, welchen Stellenwert die Mathematik in unserer Kultur hat. Die Reaktionen der Öffentlichkeit auf diese Angebote sind erfreulich, wichtiger sind den Mathematikern aber länger anhaltende Veränderungen bei der Wahrnehmung ihres Faches. Viel wäre schon erreicht, wenn sich herumspräche, dass das Fach nicht ein seit längerer Zeit „fertiger Werkzeugkasten“ ist. In der Mathematik wird vielmehr intensiv an neuen Verfahren gearbeitet, um dringende gesellschaftliche Probleme besser lösen zu können. Kaum bekannt ist in der Öffentlichkeit, dass die Berufsaussichten für Mathematiker sehr günstig sind, dass Mathematik keine Männerdomäne ist, dass das Fach viel mit Kreativität und Ästhetik zu tun hat und dass das Weltbild nur mithilfe der Mathematik formuliert und verstanden werden kann.

Um das Bild der Mathematik zu verändern, sollte insbesondere der Mathematikunterricht an den Schulen verbessert werden. Es gibt dazu eine Reihe von Initiativen: Der Schwerpunkt liegt auf einer stärker praxisorientierten Lehrerausbildung und einer stärkeren Kooperation zwischen Schulen und Hochschulen.

Das Interesse an der Mathematik beschränkt sich nicht auf Deutschland. In vielen Ländern Europas verfolgten die Mathematiker, wie das Jahr der Mathematik in Deutschland geplant und verwirklicht wurde. Bestrebungen für ein „raising the public awareness of mathematics“ gibt es nämlich in verschiedenen Ländern, denn Mathematik hat fast überall ein Akzeptanzproblem. Man darf gespannt sein, welche neuen Ideen und Erfahrungen es geben wird.

Der Autor ist Mathematik-Professor an der Freien Universität Berlin.