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Glas und Stahl statt Gras und Halm

Tropenhaus des Botanischen Gartens steht für kurze Zeit leer

Bauwerk aus Stahl und Glas. Das 1907 erbaute Große Tropenhaus des Botanischen Gartens beherbergt normalerweise 4000 Pflanzen von fast 1400 Arten.

Bauwerk aus Stahl und Glas. Das 1907 erbaute Große Tropenhaus des Botanischen Gartens beherbergt normalerweise 4000 Pflanzen von fast 1400 Arten.
Bildquelle: David Ausserhofer

Von Sabrina Wendling

Für gewöhnlich wuchert das Große Tropenhaus des Botanischen Gartens nur so mit Bambuspflanzen, Palmen und Feigenbäumen: Bis zu fünf Kilogramm schwere graubraune Früchte prangen an dem afrikanischen Leberwurstbaum, in unmittelbarer Nähe ragt ein madagassischer Schraubenbaum aus der Erde – eine grüne Oase von der Größe eines halben Fußballfelds. Derzeit beeindruckt das Gewächshaus aber nicht mit tropischer Fülle, sondern mit stählerner Leere. Seit Sommer 2006 wird das Tropenhaus saniert. Nachdem die Arbeiten an der Glasfassade abgeschlossen sind, steht das Gebäude erst zum dritten Mal in seiner Geschichte leer.

Die gigantischen Maße des bald 102 Jahre alten Tropenhauses werden ohne die 4000 Pflanzen von fast 1400 unterschiedlichen Arten erst sichtbar. Dieser seltene Anblick zog sogar die Aufmerksamkeit der Modewelt nach Dahlem. Zum Auftakt der Fashion Week Berlin verwandelte sich das Tropenhaus Ende Januar in einen Laufsteg: Rund 700 geladene Gäste verfolgten das Mode-Spektakel im außergewöhnlichen Ambiente.

Nach der kurzen Zwischennutzung gehen die Bauarbeiten zügig weiter. Im Mai sollen die ersten Pflanzen zurück in ihre Behausung gebracht werden, die feierliche Wiedereröffnung des Großen Tropenhauses ist für den Herbst geplant. Der größte Teil der Sanierung ist bereits geschafft: Das historische Stahlskelett wurde mit Sandstrahl behandelt und bekam einen neuen Farbanstrich, die Fassade des Gebäudes wurde komplett neu verglast. Das brüchige Acrylglas aus den 1960er Jahren wurde gegen eine neuartige Wärmeschutzverglasung ausgetauscht. Die Handwerker setzten 6720 neue Glasscheiben ein – das entspricht einer Fläche doppelt so groß wie der Grundriss des Tropenhauses.

Die neue Verglasung lässt mehr Tageslicht zu den Tropenpflanzen dringen und beugt gleichzeitig dem Verlust von Wärmeenergie vor. Ziel ist es, den bisherigen Energieverbrauch um die Hälfte zu reduzieren. Dabei müssen die wärmeverwöhnten Tropenpflanzen natürlich nicht frieren: Eine computergestützte Klimaregelung, die an hochmoderne Heizlüftungsgeräte gekoppelt ist, sorgt für mindestens 22 Grad Celsius und eine Luftfeuchtigkeit von 70 Prozent.

Mit einer Tradition von mehr als 300 Jahren ist der Botanische Garten wohl einer der weltweit ältesten Gärten seiner Art. Im Jahr 1679 wurde auf dem Gelände des heutigen Kleistparks ein landwirtschaftlicher Mustergarten angelegt, der sich im Laufe der Zeit zu einem Botanischen Garten im eigentlichen Sinne entwickelte. Nach etwa 200 Jahren, zwischen 1897 und 1910, wurde der Garten aus Platzgründen nach Dahlem verlegt. Seit 1995 gehört der Botanische Garten als wissenschaftliche Einrichtung zur Freien Universität.

Mit einer Fläche größer als 43 Hektar und rund 22 000 Pflanzenarten ist der Botanische Garten einer der weitläufigsten und bedeutendsten Gärten weltweit. Auch das Große Tropenhaus sucht seinesgleichen. Bei einer Gebäudehöhe von etwa 26 Metern haben selbst hochgewachsene Pflanzen Platz – zuletzt unter anderem eine fast 18 Meter hohe Palme. Oder ein südostasiatischer Bambus, dessen Halme 15 Zentimeter dick waren und fast bis an die Decke des reichten. Der Bambus ist wie die anderen Pflanzen ausgelagert und wird ab Mai in das Tropenhaus zurückkehren.