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Neue Strategien gegen Entzündungen

99. Dahlem-Konferenz an der Freien Universität

Von Michael Brückner

Eine Entzündung hat zwei Seiten: Einerseits ist sie als physiologischer Prozess notwendig zur Abwehr von Krankheitserregern, andererseits kann sie ausser Kontrolle geraten und chronische Krankheitszustände befördern.

Doch wodurch werden Entzündungen überhaupt ausgelöst? Am geläufigsten ist sicherlich die Ansteckung mit einem potenziellen Krankheitserreger, also der Kontakt mit fremden Antigenen über die Außenwelt. In unseren westlichen Industriestaaten ist das allerdings längst nicht mehr der Weg, über den die meisten chronischen entzündlichen Erkrankungen entstehen. In den vergangenen Jahrzehnten ist sogar das Gegenteil zu beobachten: Die Abnahme von klassischen Infektionskrankheiten hierzulande wird mit der Zunahme von Allergien, Autoimmunitäts- und anderen chronischen entzündlichen Erkrankungen bezahlt.

Hat also, wer sich nicht ansteckt, am Ende den gleichen Schaden? Neueste Forschungen gehen davon aus, dass beide Krankheitsformen Gemeinsamkeiten haben und einander direkt oder indirekt beeinflussen. Immunologen, Infektionsbiologen und Mediziner machten bereits überraschende Beobachtungen: So erhärtet sich zum Beispiel der Verdacht, dass der frühkindliche Kontakt mit Hepatitis-A-Viren vor Asthma und Allergien schützen kann. Gleichzeitig stehen aber Hepatitis A und B-Viren in direktem Zusammenhang mit der Ausbildung von Leberkrebs und Helicobacter pylori-Bakterien in direktem Zusammenhang mit Magenkrebserkrankungen.

Tatsächlich kann sowohl der zu häufige als auch der zu seltene Kontakt mit fremden Antigenen und potenziellen Erregern zu Krankheiten führen, denn beides löst höchst vielschichtige Reaktionen im menschlichen Körper aus. Auch veränderte Hygiene- und Ernährungsbedingungen verstellen die Regelwerke des Immunsystems mit oft unvorhersehbaren Folgen.

Die Erforschung dieser vielschichtigen Zusammenhänge erfordert das Wissen und die Methoden verschiedener Disziplinen. Diese zusammenzuführen, um gemeinsam neue Perspektiven und Wege für die Forschung zu erarbeiten, ist das Ziel der diesjährigen Dahlem-Konferenz. Unter dem Motto „Infection, Inflammation and Chronic Inflammatory Disorders: Common and Divergent Solutions to Problems at the Host–Environment Interface” wurden Experten der Humangenetik, Evolutionsbiologie, Molekularbiologie, Strukturbiologie, Zellbiologie, Immunologie, Mikrobiologie, der Ernährungswissenschaften, Epidemiologie und der klinischen Medizin an die Freie Universität eingeladen. In vier interdisziplinären Workshops sollen kontroverse Standpunkte diskutiert sowie Lücken der gegenwärtigen Forschung definiert und neue Konzepte zu Prävention und Therapie von chronischen entzündlichen Krankheiten erarbeitet werden.

Zeit und Ort: 10. – 13. Juni 2009, Seminaris CampusHotel Berlin-Dahlem, Takustraße 39, 14195 Berlin (U-Bhf. Dahlem-Dorf, U3)