Springe direkt zu Inhalt

Im Auftrag der Demokratie

Das internationale Studentendorf Schlachtensee wird 50

Von Christine Boldt

Der Fernsehjournalist Ruprecht Eser hat hier gewohnt, Günther Grass, Uwe Johnson und Rudi Dutschke sind hier aufgetreten. Das Studentendorf Schlachtensee ist eng mit der Freien Universität und ihrer Geschichte verbunden. Pünktlich zum 50. Geburtstag sind nun zwei der insgesamt 28 Häuser denkmalgerecht saniert und der Freien Universität als künftiger Nutzerin übergeben worden. Bis 2017 soll die Sanierung der restlichen Gebäude bei laufendem Betrieb abgeschlossen sein. Vor allem die Energiebilanz hat sich deutlich verbessert: durch eine hauchdünne, kaum sichtbare Wärmedämmschicht, neue thermisch getrennte Fenster und eine Silikatdämmung im Inneren.

Fast wäre das Studentendorf, das seit 1990 unter Denkmalschutz steht, abgerissen worden. Noch vor wenigen Jahren stand es wegen Baufälligkeit so gut wie leer. Seit der Ernennung zum Nationalen Kulturerbe im Jahre 2006 geht es wieder aufwärts mit der Anlage, die zwischen 1956 und 1959 im grünen Südwesten Berlins mit der Unterstützung der amerikanischen Alliierten erbaut wurde. Freiheit, Demokratie und die Fähigkeit zur politischen Meinungsbildung - auf Wunsch der USA, die mit einer Spende ihres Außenministeriums 1956 das Fundament für das Studentendorf legten, sollten sich diese Werte in der campusartigen Architektur mit den großzügigen Gemeinschaftsräumen niederschlagen. Das Konzept der beauftragten Architekten Hermann Fehling, Daniel Gogel und Peter Pfannkuch sollte das demokratische Miteinander unter den Studierenden stärken und sie zum akademischen Gemeinschaftsleben erziehen. Das gehe auch heute noch auf, sagt Stadtplaner und Wirtschaftsingenieur Andreas Barz. Er ist Vorstandsvorsitzender der Genossenschaft, die das Studentendorf im Jahre 2003 vom Land Berlin gekauft und in die Sanierung geführt hat: „Nach 50 Jahren ist für mich der Campus in Schlachtensee immer noch ein sehr lebendiges Geschenk, das von seinem visionären und zeitlosen Charakter nichts verloren hat. Immer noch treffen sich hier Menschen aus aller Welt, lernen voneinander und respektieren sich.“

Die Sanierung des Studentendorfs durch die Berliner Architekten Autzen & Reimers war ein Balanceakt – zwischen den veränderten Wohnbedürfnissen der Studenten heute und dem pädagogisch-politischen Auftrag der Nachkriegszeit. Deshalb wurden die Ausstattungsmerkmale erhalten und sanft modernisiert: Einige der klösterlich strengen „Buden“, wie die 10m2-großen Zimmer traditionell genannt werden, wurden um ein Badezimmer und eine Küchenzeile erweitert. Neben den Einzelbuden gibt es heute auch Doppelbuden und Zwei-Zimmer-Apartments. Geblieben sind die Gemeinschaftsräume: die Küchen, die Aufenthaltsräume und der große Garten. Sie sind Treffpunkt für die mehr als 800 Studierenden aus 30 bis 40 Nationen, die zurzeit im Studentendorf leben.