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Elektronisches Zwergenland

Katharina Franke erforscht, wie Moleküle als elektronische Bauelemente genutzt werden können

27.07.2009

Klein, kleiner, am kleinsten. Die Experimentalphysikerin Katharina Franke untersucht, wie Moleküle als elektronische Bauteile genutzt werden können, etwa in Speicherchips und Prozessoren.

Klein, kleiner, am kleinsten. Die Experimentalphysikerin Katharina Franke untersucht, wie Moleküle als elektronische Bauteile genutzt werden können, etwa in Speicherchips und Prozessoren.
Bildquelle: Jan Hambura

Die Welt, in der Katharina Franke arbeitet, ist klein. Nanometerklein. „Nano“ ist ein griechisches Wort und heißt Zwerg. Ein Nanometer beschreibt einen Milliardstel Meter. Einen Zwergen-Meter. Doch im Kosmos der Physikerin wäre selbst ein Zwerg noch ein Riese. Denn Katharina Frankes Fachgebiet ist die molekulare Elektronik.

Die Juniorprofessorin am Institut für Experimentalphysik der Freien Universität Berlin erforscht die Grundlagen, wie Moleküle als elektronische Bauelemente genutzt werden können. Derzeit enthalten Speicherchips und Mikroprozessoren noch viele Millionen elektronische Halbleiterbauelemente zum Schalten und Verstärken elektrischer Signale, sogenannte Transistoren. „Wenn man nun statt dieser Transistoren einzelne Moleküle benutzen würde, könnte man Prozessoren und Speicher viel kleiner bauen als heute“, erklärt die Physikerin. Mit ihrer Forschung folgt die 31-Jährige dem seit rund drei Jahrzehnten anhaltenden Trend zur Miniaturisierung in Wissenschaft und Technik: „Um einem einzelnen Molekül eine Funktion zu geben, müssen wir erst die Ausgangspunkte erforschen. Dabei ist es wichtig, welche Effekte der Stromfluss auf das Molekül hat und durch welche Faktoren die Leitfähigkeit bestimmt wird“, sagt Katharina Franke. Noch befinde man sich in der Molekularelektronik aber im Bereich der physikalischen Grundlagenforschung, weit entfernt von der praktischen Anwendung.

In ihren Studien versucht Katharina Franke, mithilfe von Experimenten die Erwärmung eines Moleküls durch Elektronen und die Ableitung dieser Wärme vom Molekül in die Metallelektroden, durch die das Molekül kontaktiert wird, zu bestimmen. Die im März dieses Jahres berufene Juniorprofessorin untersucht zudem, wie der Elektronentransport durch einzelne magnetische Moleküle oder an supraleitfähigen Kontaktmaterialien funktioniert, also solchen, die keinen elektrischen Widerstand aufweisen.

Den Einblick in die Nanowelt ermöglicht ihr das Tieftemperatur-Rastertunnelmikroskop in ihrem Labor, ein silbrig-glänzender Koloss aus metallenen, verkabelten Zylindern. Das Rastertunnelmikroskop „sieht“ die Atome nicht, sondern „fühlt“ sie: Eine äußerst feine Spitze tastet eine Oberfläche ab, dabei wird der elektrische Strom durch die Spitze gemessen, und der Computer entwickelt aus den Informationen ein Bild. Durch eine sehr feine Regelung ist es möglich, die Spitze auf einem einzelnen Molekül zu positionieren und den Strom durch dieses zu messen. So kann man die elektrische Leitfähigkeit eines einzelnen Moleküls bestimmen. Die Elektronen, die dabei durch das Molekül fließen, regen Schwingungen an, die zur Erwärmung führen und – ähnlich wie bei konventionellen Bauelementen – den Kontakt auch „durchbrennen“ lassen können.

Mit ihrer Arbeit wirkt Katharina Franke an dem von der Deutschen Forschungsgemeinschaft geförderten Sonderforschungsbereich „Elementarprozesse in molekularen Schaltern an Oberflächen“ mit. Sie setzt damit ihre Studien als wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Freien Universität fort. Zuvor hatte Franke ihr Physikstudium in Kiel und Pennsylvania, USA, absolviert, an der Freien Universität promoviert und als Postdoktorandin in Lausanne geforscht. „Als Nachwuchswissenschaftler ins Ausland zu gehen, fördert die Aufgeschlossenheit und Kommunikationsfähigkeit“, sagt Franke. „Für das Fortkommen ist es auch hilfreich, andere Wissenschaftler und fremde Labors kennenzulernen.“

Ein wichtiger Schritt für ihre eigene wissenschaftliche Laufbahn ist die Verleihung des Karl-Scheel-Preises 2009 vor wenigen Wochen. Die mit 5000 Euro dotierte Auszeichnung der Physikalischen Gesellschaft zu Berlin wird alljährlich für eine herausragende wissenschaftliche Arbeit eines Mitgliedes der Gesellschaft vergeben. „Über den Preis freue ich mich natürlich sehr“, sagt Katharina Franke. „Er zeigt, dass meine Arbeit auf breiteres Interesse stößt und nicht nur unter Kollegen wahrgenommen wird, die auf einem ähnlichen Gebiet forschen.“

Erst in etwa 20 Jahren, so die Prognose von Gordon Moore, dem Mitbegründer des Chipherstellers Intel, wird der physikalisch kleinstmögliche Transistor, gebaut aus wenigen Atomen und Molekülen, realisiert sein. Gut möglich, dass Katharina Franke dann zu den ersten Konstrukteuren zählen wird.