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Erkenntnis jenseits des IQ

Das Institut für Psychologie testet für eine Studie kostenlos die Intelligenz

27.07.2009

„Die Bedeutung von Intelligenztests wird im Alltag überbewertet“, sagt Tuulia Ortner. Zumindest dann, wenn sich das Erkenntnisinteresse auf nur einen Wert richte – den Intelligenzquotienten (IQ). Mit dieser kritischen Haltung dem IQ gegenüber vertritt die Juniorprofessorin am Arbeitsbereich Psychologische Diagnostik und Intervention der Freien Universität Berlin eine Auffassung, die mehr als 100 Jahre alt ist, sich aber nie vollständig durchsetzen konnte: Geäußert wurde sie Anfang des 20. Jahrhunderts vom Erfinder des ersten seriösen Intelligenztests, vom französischen Psychologen Alfred Binet. Der Mitbegründer der Psychometrie untersuchte 1904 den Entwicklungsstand von Schülern, verwahrte sich aber dagegen, dass seine Ergebnisse als Messung von Intelligenz eingestuft wurden. Zur Begründung schrieb er, es könne nicht mit einer einzigen Zahl wiedergegeben werden, wie intelligent eine Person sei. Qualitativ unterschiedliche Fähigkeiten könne man nicht einfach addieren.

Zu der ungebrochen großen Popularität von IQ-Messungen tragen Psychologie-Juniorprofessorin Tuulia Ortner zufolge die Medien bei: „Weil häufig über IQ-Werte weit oberhalb des Durchschnitts von 100 berichtet wird, denken viele Menschen, ein besonders hoher IQ sei erstrebenswert", sagt sie. Doch was könne eine Person mit einem IQ von 140 besser als eine andere mit einem IQ von 130 – außer vielleicht ein paar Testaufgaben mehr oder schneller zu lösen? Wesentlich nützlicher als ein IQ-Wert seien Aussagen über Stärken und Schwächen in Bezug auf kognitive Fähigkeiten in konkreten Bereichen, sagt Professorin Ortner – beispielsweise Leistungen in sprachlichem, rechnerischem, räumlichem und schlussfolgerndem Denken oder in der Fähigkeit, sich zu konzentrieren.

An Tuulia Ortners Arbeitsbereich beginnt in diesem Sommer eine Studie, deren Teilnehmer kostenlos etwas über ihre Fähigkeiten auf diesen Gebieten erfahren. Geleitet wird die Untersuchung von der österreichischen Diplom-Psychologin und wissenschaftlichen Mitarbeiterin Isabella Vormittag. Im Rahmen ihrer Dissertation möchte die 26-Jährige herausfinden, mit welchen Aufgabentypen bestimmte Personengruppen gut zurechtkommen und mit welchen weniger gut. „Eine Teilnahme bietet mehrere Vorteile“, sagt Isabella Vormittag. So gebe es zwei Wochen nach dem Test in einem Gespräch oder per E-Mail eine ausführliche Rückmeldung über die Ergebnisse. Die Teilnehmer kämen zudem mit Aufgaben in Berührung, die häufig in Bewerbungsverfahren eingesetzt würden. Eine Information über sich erführen die Teilnehmer allerdings auch auf Nachfrage nicht, betont Psychologin Vormittag: die Höhe ihres IQ.

Wer interessiert ist und sich an der Untersuchung beteiligen möchte, sollte zwischen 18 und 35 Jahren alt und Student sein oder über die Fachhochschulreife verfügen. Eine weitere Voraussetzung ist Deutsch als Muttersprache; farben- blinde Personen können an der Untersuchung nicht teilnehmen. Die Tests werden von erfahrenen Trainern geleitet, dauern zweieinhalb Stunden und finden im Gebäude für die Geistes- und Sozialwissenschaften der Freien Universität in der Habelschwerdter Allee 45 in Berlin- Dahlem statt. Die Zahl der Teilnehmer ist auf 300 begrenzt. Anmeldung per E-Mail bitte an die Adresse isabella.vormittag@fu-berlin.de.