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Neue Zeckenart gefährdet Hunde

Auwaldzecken verbreiten sich bundesweit und können Parasiten übertragen, die Haustiere krank machen

03.09.2009

Auwaldzecke

Auwaldzecke
Bildquelle: Eberhard Schein

Von Aliki Nassoufis

Zecken sind als Überträger gefährlicher Krankheiten wie Borreliose und der Hirnhautentzündung FSME bekannt. Ein einziger Stich der kleinen Tiere kann genügen, um Menschen und Tiere zu infizieren. Doch von Zecken geht nun noch eine weitere Gefahr aus: Seit einigen Jahren hat sich die sogenannte Auwaldzecke (Dermacentor reticulatus) rasant im gesamten Bundesgebiet verbreitet, auch in Berlin und Brandenburg.

Diese Spinnentiere befallen nur selten den Menschen. Bei Hunden, Pferden und Wildtieren kann die Auwaldzecke jedoch die Babesiose, die durch einzellige Parasiten (Babesien) verursacht wird, übertragen. Diese Erreger zerstören die roten Blutkörperchen und können innerhalb kürzester Zeit zum Tod führen. Am Institut für Parasitologie und Tropenveterinärmedizin der Freien Universität Berlin erforschen Professor Eberhard Schein und seine Mitarbeiter neben dem herkömmlichen Holzbock daher auch die Auwaldzecken intensiv.

„Auwaldzecken an sich sind nicht neu“, erklärt Tiermediziner und Parasitologe Schein. „Sie kommen in Frankreich, Norditalien, Tschechien, Ungarn und Polen schon seit einiger Zeit relativ häufig vor.“ In Deutschland dagegen wurde diese Zeckenart noch vor 20 Jahren nur ganz vereinzelt entdeckt. Doch als durch die Agrarstrukturreformen immer mehr landwirtschaftliche Nutzflächen stillgelegt und renaturiert wurden, entstand naturbelassenes Brachland, das für die Zecke optimale Lebensbedingungen bietet. Auwaldzecken brauchen nämlich vor allem unberührte Wiesen, Weiden und Wälder, weil sie dort mehr Nager finden, wie etwa Mäuse, die ihren Larven und Nymphen als Wirtstiere dienen. Rund um Berlin hat sich der ehemalige Grenzstreifen zu einem idealen Auwaldzeckenbiotop entwickelt.

Die derzeitige Populationsdichte der Auwaldzecke ist unbekannt, doch auch das Robert-Koch-Institut spricht von einer deutlichen Ausbreitung in vielen Regionen Deutschlands. „Der Tourismus mit Haustieren spielt bei der Verbreitung ebenfalls eine sehr wichtige Rolle“, sagt Schein. Denn seit dem Mauerfall fahren allein aus Berlin zahlreiche Menschen gern für ein paar Tage beispielsweise nach Polen oder Ungarn, wo es die Auwaldzecke schon seit langem gibt. Nehmen die Besucher dabei ihre Hunde mit, können diese bei einem Spaziergang von einer infizierten Zecke befallen und gestochen werden. „Die Zecken brauchen meist etwa eine Woche, bis sie sich richtig vollgesaugt haben“, berichtet der Veterinärmediziner.

Sind die Hunde dann nach Hause zurückgekehrt, ist auch die Zecke mitgereist. Sie hat so möglicherweise nicht nur den Hund angesteckt, sondern fällt bei einem Spaziergang rund um Berlin ins Gras und kann sich so in der Region vermehren.

Hundehalter sollten ihre Vierbeiner daher gerade im Herbst und Frühjahr nach Zecken absuchen. „Das kann das Risiko einer Infektion mit Babesien deutlich mindern“, sagt Schein. Ansonsten können die Erreger über den Speichel infizierter Zecken innerhalb von 48 Stunden auf den Hund übergehen und dort nach einer Inkubationszeit von ein bis drei Wochen hohes Fieber, blutigen Urin und Apathie hervorrufen. „Hundebesitzer müssen dann schnell reagieren und einen Tierarzt aufsuchen, da die Babesiose für den Hund sonst meist tödlich endet.“

Auwaldzecken sind deutlich größer als der Holzbock Ixodes ricinus und gut an ihrer grau-weißen Marmorierung des Schildes zu erkennen. Sie sitzen gerne an dünnhäutigen Stellen wie dem Hals, dem Kopf und zwischen den Schenkeln. Eberhard Schein warnt allerdings auch vor allzu großer Panik. „Hundebesitzer müssen wissen, dass es diese Gefahr durch Auwaldzecken gibt. und sollten aufpassen“, sagt er. „Doch wenn die Krankheit früh genug erkannt wird, kann sie mit Medikamenten meist recht gut geheilt werden.“


Hier gibt es Hilfe

Die Parasitologen der Freien Universität sind daran interessiert, Regionen in und um Berlin zu erfassen, in denen die Auwaldzecke besonders häufig vorkommt, um Hundehalter auf gefährdete Gebiete aufmerksam zu machen. Daher können Hundebesitzer Zecken, die sie an ihren Haustieren gefunden haben, an das Institut für Parasitologie und

Tropenveterinärmedizin der Freien Universität schicken. Die Experten untersuchen die Zecken auf Krankheitserreger und können feststellen, ob der Hund von einer infizierten Zecke befallen war und möglicherweise gefährdet ist, an Babesiose zu erkranken. Die Zecken sollten in einem Röhrchen oder einem gepolsterten Umschlag verpackt sein und können gesendet werden an:

Freie Universität Berlin, Institut für Parasitologie und Tropenveterinärmedizin, Königsweg 67, 14163 Berlin.

Das Institut im Internet: www.vetmed.fu-berlin.de/we13