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Sprungbrett für die Karriere

Doktortitel mit Mehrwert: Promotionsprogramme unter dem Dach der „Dahlem Research School“ bieten Austausch und vermitteln Schlüsselqualifikationen für den Beruf

18.04.2011

Schlüsselqualifikationen für den Beruf: Ein Trainer erklärt Promotionsstudenten, wie sie bei Vorträgen und Reden die Stimme richtig einsetzen.

Schlüsselqualifikationen für den Beruf: Ein Trainer erklärt Promotionsstudenten, wie sie bei Vorträgen und Reden die Stimme richtig einsetzen.
Bildquelle: Bernd Wannenmacher

Von Sonja Martens

Zur Promotion führen verschiedene Wege: über die Doktorarbeit als jahrelange Abendarbeit nebem dem Beruf, im Rahmen einer Stelle als wissenschaftlicher Mitarbeiter an einer Universität oder innerhalb eines strukturierten Promotionsprogramms, beispielsweise an einen Graduiertenkolleg oder einer -schule. Sowohl Kollegs als auch Graduiertenschulen sind bei Hochschulabsolventen begehrt, denn sie bieten den Austausch mit anderen Promovenden und Wissenschaftlern oftmals über Fachgrenzen hinweg und unterstützen die Doktoranden dabei, ihre Arbeit innerhalb von drei Jahren abzuschließen.

An der Freien Universität sind die strukturierten Promotionsprogramme unter dem Dach der Dahlem Research School (DRS) zusammengefasst – darunter die im Rahmen der Exzellenzinitiative geförderten Graduiertenschulen und die ebenfalls durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) unterstützten Graduiertenkollegs.

Derzeit schreiben rund 4300 Nachwuchswissenschaftler ihre Doktorarbeit an der Freien Universität – 590 von ihnen innerhalb eines Promotionsprogramms an der DRS.

„Der Trend geht hin zu einer schnelleren Promotion“, sagt Martina van de Sand, geschäftsführende Direktorin der Dahlem Research School. „Die Zahl unserer Graduiertenprogramme steigt stetig an, genauso wie die Nachfrage.“ Im Jahr 2006 begann die DRS mit zwei strukturierten Promotionsprogrammen, mittlerweile sind es 19. „Wir werden unsere Programme weiter ausbauen und für neue Zielgruppen öffnen, parallel dazu bauen wir unsere Kooperationen mit Forschungseinrichtungen im In- und Ausland aus“, sagt van de Sand.

Die meisten Graduiertenkollegs sind interdisziplinär angelegt. Zum Beispiel „Pfade organisatorischer Prozesse“: Das Programm wird bereits seit 2005 von der DFG gefördert und richtet sich an Absolventen der Betriebs- und Volkswirtschaftslehre, der Politologie, Soziologie, Psychologie, Rechtswissenschaft, Informatik und Ingenieurwissenschaft. Das am Lateinamerika-Institut angesiedelte Internationale Graduiertenkolleg „Zwischen Räumen – Bewegungen, Akteure und Repräsentationen der Globalisierung“ vereint Historiker, Politologen, Soziologen, Ökonomen, Sozial- und Kulturanthropologen sowie Literatur- und Kulturwissenschaftler. Auch die internationale Vernetzung spielt eine große Rolle: Das Graduiertenkolleg „Zwischen Räumen“ ist eine Einrichtung der Freien Universität und mexikanischer Forschungsinstitute, das Promotionsstudium findet in Deutschland und in Mexiko statt. „InterArt“ wird gemeinsam mit der dänischen „Copenhagen Doctoral School in Cultural Studies“ getragen – der gegenseitige Austausch von Promovenden ist fester Bestandteil des Studiums.

Was die Dahlem Research School für Nachwuchswissenschaftler so interessant macht, ist neben der Vergabe von Stipendien ihr Angebot an fächerübergreifenden Kursen. „In der Dahlem Research School fördern wir international herausragende Talente“, erläutert Peter-André Alt, Direktor der DRS und Präsident der Freien Universität, „nicht nur für die Wissenschaft, sondern für sämtliche Arbeitsfelder, die wissensbasierte Qualifikationen verlangen.“ So vermitteln die Kurse Schlüsselqualifikationen für die Arbeit in der Wissenschaft und in anderen Berufen. Das Angebot reicht von „Zeit- und Projektmanagement in der Promotion“ über „Academic English“ bis zum allgemeinen Bewerbungstraining. Im „Welcome Center“ werden unter anderem Orientierungswochen für neue Doktoranden aus dem In- und Ausland veranstaltet. Auch ein Mentorenprogramm mit erfahrenen Wissenschaftlern gehört zum Promovieren unter dem Dach der Dahlem Research School.

Markus Tepe schrieb seine Dissertation am Graduiertenkolleg „Pfade organisatorischer Prozesse“. „Schon während meines Magisterstudiums wählte ich immer wieder Kurse an der Schnittstelle zwischen Wirtschaft und Politik – das Graduiertenkolleg ist genau dort angesiedelt“, sagt Tepe. Während seines Promotionsstudiums unterstützte ihn die DRS bei einem Auslandsaufenthalt an der US-amerikanischen Yale University. Nach seinem Abschluss erhielt der Politökonom eine Stelle als Postdoktorand an der Universität Oldenburg. Seit Januar ist der 31-Jährige dort Juniorprofessor für „Positive politische Theorie / politische Ökonomie“.

Als Doris Berger ihr Promotionsstudium am Graduiertenkolleg „InterArt“ aufnahm, hatte sie schon mit der Arbeit an ihrer Dissertation begonnen. „Ich habe gleichermaßen mit kunsthistorischen wie mit filmwissenschaftlichen Methoden gearbeitet, und ich wollte in meiner Schlussphase den interdisziplinären Austausch mit anderen Wissenschaftlern pflegen“, sagt Berger. Sie promovierte über „Mythen und Images in den Filmbiografien über Jackson Pollock und Jean-Michel Basquiat“ und arbeitete anschließend als Gastwissenschaftlerin im Kolleg „InterArt“. Im Jahr 2008 zog Berger nach Los Angeles und ist seitdem als freie Mitarbeiterin am dortigen Getty Research Institute tätig, organisiert Symposien zu künstlerischen Themen oder arbeitet als Kuratorin für Ausstellungen. „Meine Erfahrungen aus dem Graduiertenkolleg, die Fähigkeit, mit Wissenschaftlern verschiedener Disziplinen in ihrer jeweiligen Wissenschaftssprache zu kommunizieren, kommen mir auch heute noch zugute“, sagt die 39-Jährige.

Von den Vorteilen der strukturierten Promotion überzeugt ist auch Syed Abid Hussaini. Von 2004 bis 2007 studierte der gebürtige Inder am Graduiertenkolleg „Functional Insect Sciences“ und promovierte über komplexe Formen des Lernens bei Honigbienen sowie über die Rolle des Schlafs für deren Lernprozess und Erinnerungsvermögen. „Das Graduiertenkolleg hat es mir ermöglicht, fokussierter zu arbeiten als bei einer individuellen Promotion“, sagt Hussaini. „Ich habe in dieser Zeit die Qualität meiner Forschung verbessert und in einem gesunden Wettbewerb vom Wissen meiner Mitstudierenden profitiert. Wir hatten Gelegenheit, ein jährliches Symposium zu veranstalten und konnten so unsere organisatorischen Fähigkeiten ausbauen.“ Seit 2008 ist der 32-Jährige Postdoktorand am Institut für Neurowissenschaft der Columbia University. Dort erforscht er an der Seite des Mediziners und Nobelpreisträgers Eric Kandel am Beispiel von Mäusen die Rolle der Aufmerksamkeit für tierisches Lernen und Erinnern.

Im Herbst 2011 schließt Jan Niklas Howe sein Promotionsstudium im ersten Jahrgang an der Friedrich-Schlegel-Graduiertenschule für literaturwissenschaftliche Studien ab. Er schreibt an seiner Dissertation über „Prozesse der Universalisierung des Monströsen in Literatur und Wissenschaften des 19. Jahrhunderts“. Einen Monat lang hielt sich Howe im Rahmen seines Promotionsstudiums an der Yale University auf, außerdem besuchte er eine Sommerakademie des Internationalen Forschungszentrums Kulturwissenschaften in Wien. Vom Sommersemester 2011 an forscht und lehrt er als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Allgemeine und Vergleichende Literaturwissenschaft der Freien Universität. „Der größte Vorteil des strukturierten Programms ist es, während der Promotion weiter ausgebildet zu werden“, sagt Howe, „außerdem ist das Promotionsstudium im Vergleich zum einsamen Verfassen der Dissertation in der Bibliothek und vor dem Computer eine erfreulich kommunikative Art der Arbeit.“

Weitere Informationen

Graduiertenkollegs gibt es bereits seit Anfang der 1990er Jahre bundesweit und an der Freien Universität. Es sind auf maximal neun Jahre angelegte Forschungsprojekte, aus denen Promovierte hervorgehen. Graduiertenkollegs markieren den Beginn strukturierter Promotionsprogramme und gelten als Vorläufer von Graduiertenschulen. Als Graduiertenschulen werden vor allem die im Rahmen der Exzellenzinitiative geförderten Doktorandenprogramme bezeichnet. In einer Graduiertenschule arbeiten die Doktoranden zu einem breiten, aber verbindenden Themenspektrum. Unter dem Dach der Dahlem Research School gibt es weitere Promotionsprogramme.