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„Ein Miteinander von Arbeit und Leben“

Die Max-Planck-Gesellschaft hat ihren Sitz seit ihrer Gründung in Berlin. Welchen Stellenwert hat der Standort?

23.05.2011

PETER GRUSS: Berlin ist für die Max-Planck-Gesellschaft ein ganz zentraler Ort. Hier wurde ihre Vorgängerorganisation, die Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft, 1911 gegründet. Heute spielt hier die Bundespolitik. Die Max-Planck-Gesellschaft ist deshalb mit fünf Forschungsinstituten in Berlin und mit drei weiteren in Potsdam vertreten. Außerdem bauen wir gerade unsere Dependance am Gendarmenmarkt aus und werden in Kürze das Harnack-Haus mit angeschlossenem Gästehaus in Dahlem renovieren. Ferner sitzt hier unser Gedächtnis, das Archiv.

Vier der fünf Berliner Max-Planck-Institute sind in Dahlem angesiedelt. Wie bewerten Sie die Nähe der MPI zur dort ansässigen Freien Universität?

GRUSS: Die Nähe begünstigt eine wissenschaftliche Clusterbildung, die sich derzeit übergreifend zwischen den Forschungseinrichtungen entwickelt. Zwischen der Freien Universität und den Berliner Instituten gibt es zahlreiche Verbindungen: Die meisten Direktoren unserer Berliner Institute sind zugleich Honorarprofessoren an einer Berliner Universität. Auch gibt es in Berlin zahlreiche gemeinsame Forschungsvorhaben. Räumliche Nähe ist im digitalen Zeitalter sicher nicht alles, erleichtert aber das gemeinsame Arbeiten und eine gemeinsame Identifikation.

Bei der Ansiedlung von Forschungseinrichtungen in Dahlem – allen voran mit Kaiser-Wilhelm-Instituten – hatte sich der Ministerialdirektor im preußischen Kultusministerium Friedrich Althoff ein „deutsches Oxford“ vorgestellt. Inwieweit sehen Sie hundert Jahre später diesen Anspruch erfüllt?

GRUSS: Von einem deutschen Oxford zu sprechen, ist sicher zu hoch gegriffen – denn schließlich blickt Oxford auf eine viel längere wissenschaftliche Tradition zurück. Andererseits war Dahlem in den 1920er Jahren einer der wichtigsten Forschungsstandorte Deutschlands und international renommiert. An diese Zeit gilt es anzuknüpfen. Vieles ist schon erreicht: Auch nach dem Zweiten Weltkrieg blieb Dahlem Nobelpreisschmiede, und nicht nur das, hier lässt es sich auch entspannt leben. Und das ist es ja, was Oxford kennzeichnet, das Miteinander von Arbeit und Leben.

Die Fragen stellte Kerrin Zielke

Peter Gruss ist Präsident der Max-PlanckGesellschaft. Der Molekularbiologe und Direktor am Max-PlanckInstitut für biophysikalische Chemie hat das Amt seit dem Jahr 2002 inne.