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Die Gen-Fahnder

Am Max-Planck-Institut für molekulare Genetik suchen Forscher im Erbgut nach Veränderungen, die zu Krankheiten führen

15.08.2011

Baupläne entschlüsseln: Die Wissenschaftler am Max-Planck-Institut für molekulare Genetik untersuchen die Funktion und Rolle von Genen beim Menschen.

Baupläne entschlüsseln: Die Wissenschaftler am Max-Planck-Institut für molekulare Genetik untersuchen die Funktion und Rolle von Genen beim Menschen.
Bildquelle: MPI für molekulare Genetik / D. Ausserhofer

Vom Max-Planck-Institut für molekulare Genetik (MPIMG) in der Ihnestraße zum Fachbereich Mathematik und Informatik der Freien Universität Berlin in der Arnimallee braucht man mit dem Fahrrad rund zehn Minuten, bis zum Institut für Chemie und Biochemie der Freien Universität sogar nur fünf. Die Wege sind kurz auf dem Forschungscampus Berlin-Dahlem, und die Wissenschaftler wissen das zu schätzen. Denn dass die Einrichtungen in unmittelbarer Nähe liegen, befördert nicht nur die institutionelle Zusammenarbeit, sondern auch den gemeinsamen Alltag. „Ohne die räumliche Nähe wären unsere zahlreichen Kooperationen mit den verschiedenen Fachbereichen der Freien Universität sicherlich mühsamer“, sagt Martin Vingron, Leiter der Abteilung Bioinformatik des Max-Planck-Instituts für molekulare Genetik und einer der vier Direktoren des MPIMG.

„Gerade in meinem Bereich geht es darum, mit anderen Wissenschaftlern Theorien zu entwickeln und zu diskutieren. Das geht am besten, wenn man an einem Tisch sitzt.“

Die rund 460 Mitarbeiter des Instituts, unter ihnen 125 Forscher und 96 Doktoranden, beschäftigen sich mit der Entschlüsselung der Baupläne aller Lebewesen auf der Erde – der Erbsubstanz DNA. Die Wissenschaftler untersuchen die Funktion von Genen und deren Rolle bei der Entwicklung von Organismen von der befruchteten Eizelle bis zum ausgewachsenen Geschöpf. Ziel ist es, jene genetischen Mechanismen zu entschlüsseln, die – wenn sie fehl laufen – Krankheiten auslösen können. Ein Markenzeichen des Instituts ist dabei der Einsatz automatisierter Laborverfahren. Die hochmodernen Sequenziergeräte ermöglichen umfangreiche Erbgutanalysen in besonders kurzer Zeit. Die Bioinformatiker um Martin Vingron unterstützen ihre Kollegen, unter ihnen Biologen, Chemiker und Mediziner, mit speziell entwickelten Computerprogrammen, um die riesigen Datenmengen zu analysieren. Mit ihren technischen Möglichkeiten und der ausgewiesenen Expertise der Wissenschaftler war die Abteilung „Analyse des Vertebratengenoms“ unter der Leitung von Hans Lehrach, die die Erbsubstanz von Wirbeltieren untersucht, auch an der erstmaligen Entzifferung des menschlichen Erbguts im Jahr 2000 beteiligt. Die Ergebnisse des internationalen Humangenomprojekts bilden heute die Arbeitsgrundlage der Wissenschaftler in der Ihnestraße. Zwischen dem Max-Planck-Institut für molekulare Genetik und der Freien Universität inklusive des Universitätsklinikums Charité, der gemeinsamen medizinischen Fakultät von Freier Universität und Humboldt-Universität, existieren Dutzende von Kooperationen. Einer der vier Direktoren und ein Forschungsgruppenleiter des MPIMG wurden gemeinsam von der Max-Planck-Gesellschaft und der Charité-Universitätsmedizin Berlin berufen, zwei weitere Direktoren halten Honorarprofessuren an der Freien Universität. Wissenschaftler des MPIMG unterstützen dort auch die universitäre Lehre in den Bachelorstudiengängen Biologie und Biochemie, im Bachelor- und Masterstudiengang Bioinformatik sowie im Medizinstudium und kooperieren mit ihren Kollegen von der Freien Universität im Rahmen diverser Sonderforschungsbereiche.

Die umfassendste Zusammenarbeit zwischen Max-Planck-Institut und Freier Universität besteht jedoch in Form der „International Max Planck Research School for Computational Biology and Scientific Computing“ (IMPRS-CBSC). Im Jahr 2004 entstanden, bietet die Graduiertenschule jährlich bis zu sechs Promovenden ein hochkarätiges Forschungsumfeld an der Schnittfläche zwischen Molekularbiologie, Informatik und Mathematik. Die Arbeit der Promovenden ist dabei eingebettet in eine ganze Reihe wissenschaftlicher Arbeitsgruppen, sowohl an der Freien Universität als auch am MPIMG.

Martin Vingron, der auch als Sprecher der Research School amtiert, schätzt das unkomplizierte und kollegiale Miteinander: „Die Doktoranden profitieren von den kurzen Wegen und der engen Zusammenarbeit zwischen MPIMG und Freier Universität.“ Durch die Aufnahme der Graduiertenschule in die Dahlem Research School (DRS), das Dach für strukturierte Promotionsprogramme an der Freien Universität, können die Promovenden zusätzlich Schlüsselqualifikationen für ihre spätere Berufstätigkeit erwerben, wie Kurse in Projekt- und Zeitmanagement oder Wissenschaftskommunikation. Die Nachwuchswissenschaftler machen gerne Gebrauch davon. Zur Dahlem Research School in der Hittorfstraße sind es vom MPIMG mit dem Rad schließlich nur fünf Minuten.