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Die Lust am Tanz

Französischer Choreograf Laurent Chétouane lehrt an der Freien Universität

13.10.2011

Die Tänzer Anna MacRae und Matthieu Burner in der Produktion „horizon(s)“ von Laurent Chétouane.

Die Tänzer Anna MacRae und Matthieu Burner in der Produktion „horizon(s)“ von Laurent Chétouane.
Bildquelle: Eva Würdinger

Woher rührt die Lust am Tanz? Was macht eine Bewegung begehrenswert? Was lässt sie uns fremd erscheinen?Was bringt einen Körper zum Tanzen? Und wie ließe sich Tanz als Text wahrnehmen? Fragen wie diese beschäftigen den derzeit am Institut für Theaterwissenschaft der Freien Universität gastierenden Regisseur und Choreografen Laurent Chétouane bei seiner Zusammenarbeit mit Studierenden des Masterstudiengangs Tanzwissenschaft. In Anlehnung an die theoretische Schrift „Die Lust am Text“ des französischen Philosophen und Schriftstellers Roland Barthes interessieren ihn die Gründe für die Lust am Tanz und dessen unterschiedliche Schreibweisen und Lesarten als Text.

Nach den renommierten Choreografen Jonathan Burrows, Rosemary Butcher und Cesc Gelabert, die die Valeska- Gert-Gastprofessur zuletzt inne hatten, gewinnen die Studierenden in diesem Semester Einblicke in die choreografische Arbeitsweise eines Künstlers, der sich vor allem durch seinen besonderen Umgang mit dem komplexen Gefüge von Sprache, Körper und Bild einen Namen gemacht hat. Die künstlerische Valeska- Gert-Gastprofessur für Tanz und Performance besteht seit dem Wintersemester 2006/2007 am Institut für Theaterwissenschaft. Getragen wird sie von der Freien Universität, dem Deutschen Akademischen Austausch Dienst (DAAD) und der Akademie der Künste Berlin.Namenspatronin ist eine der innovativsten Tänzerinnen der historischen Avantgarde, Valeska Gert (1892-1978), deren Schaffen thematisch stark durch die Stadt Berlin geprägt war.

Chétouane, geboren 1973 im französischen Angoulême, studierte zunächst Chemie und Ingenieurwissenschaften. Es folgte ein Studium der Theaterwissenschaft an der Sorbonne in Paris und der Theaterregie in derKlasse von HansHollmann an der Hochschule für Musik und Darstellende Kunst in Frankfurt am Main. Er inszenierte zahlreiche dramatische Texte von Heiner Müller, Büchner, Schiller und Goethe an großen Bühnen, unter anderem in Hamburg, München, Weimar, Köln, Athen, Oslo und Zürich. Seit 2006 ist er mit seinen choreografischen Projekten unter dem Titel „Tanzstück #1 bis 4“ an Gastspielorten in Frankreich, Holland, Belgien, Österreich, Türkei und Norwegen vertreten. Für „Tanzstück #1: Bildbeschreibung von Heiner Müller“ erhielt Chétouane 2008 die Auszeichnung „Wild Card“ der Kulturhauptstadt Europas RUHR.2010, verbunden mit einem künstlerischenAufenthalt in Istanbul, und 2010 den Förderpreis des Landes Nordrhein-Westfalen für hervorragende junge Künstler.

Wurde in seinen bisherigen Inszenierungen der Text immer wieder zum Ausgangs- und Reibungspunkt für Aufführende und Zuschauer, so wird der Text in der Auseinandersetzung mit StudierendenderFreienUniversität Anlass zueiner grundlegenden Reflexion über das Tanzen. Dabei interessiert ihn insbesondere dieLustamUnbekanntenundFremdenin der Bewegung, die er mit den Studierendenin derszenischen Arbeit mit „LeSacre du Printemps“ ergründen wird. Eine solcheÜberlegung beschäftigte den Choreografen auch in seiner letzten Produktion „horizon(s)“, die im April 2011 im TanzquartierWien zurUraufführung kamund bereits in den Sophiensälen in Berlinzusehen war. Ganz im Sinne der künstlerischen Gastprofessur für Tanz und Performance gewährt Chétouan den Studierenden Einblicke in seine choreografischen Fragestellungen und hält auf dieseWeise vielleicht nicht nur die Lust am Tanzen, sondern auch die an der Tanzwissenschaft in Bewegung.

Die Einführungsveranstaltung der Gastprofessur ist öffentlich und findet am 18. Oktober um 19 Uhr im Institut für Theaterwissenschaft in der Grunewaldstraße 35 statt; die Abschlusspräsentation am 8. November 2011 um18 Uhr.

Die Autorin ist Juniorprofessorin für Tanzwissenschaft an der Freien Universität Berlin.