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Stimmen der Opfer am Ort der Täter

Freie Universität Berlin und Dokumentationszentrum „Topographie des Terrors“ unterzeichnen Kooperationsvertrag für ein gemeinsames Bildungsangebot

13.10.2011

Gemeinsamer Besuch des Dokumentationszentrums: Andreas Nachama, geschäftsführender Direktor der Stiftung „Topographie des Terrors“ (links), und Peter-André Alt, Präsident der Freien Universität.

Gemeinsamer Besuch des Dokumentationszentrums: Andreas Nachama, geschäftsführender Direktor der Stiftung „Topographie des Terrors“ (links), und Peter-André Alt, Präsident der Freien Universität.
Bildquelle: Jan Hambura

„Stimmen der Opfer am Ort der Täter“ lautet der Titel des neuen Bildungsangebotes zum Nationalsozialismus, das die Freie Universität Berlin und die Stiftung „Topographie des Terrors“ gemeinsam entwickeln und anbieten werden. Dazu unterzeichneten Professor Peter-André Alt, Präsident der Freien Universität, und Professor Andreas Nachama, geschäftsführender Direktor der Stiftung „Topographie des Terrors“, kürzlich eine Kooperationsvereinbarung.

Durch das Projekt sollen junge Besucher des Dokumentationszentrums „Topographie des Terrors“ Zugang zu gefilmten Zeitzeugeninterviews erhalten, die sich insbesondere mit der Sicht der Opfer auf die Täter auseinandersetzen. Hervorgegangen aus einem temporären Ausstellungsprojekt anlässlich der 750-Jahr-Feier Berlins im Jahr 1987, vermittelt die Stiftung „Topographie des Terrors“ seither historische Kenntnisse über den Nationalsozialismus und die in seinem Namen zwischen 1933 und 1945 begangenen Verbrechen.

Auf dem heutigen Gelände der Stiftung – neben dem Martin-Gropius-Bau, dem Abgeordnetenhaus und unweit des Potsdamer Platzes – befanden sich in dieser Zeit die maßgeblichen Zentralen des nationalsozialistischen Terrors: das Geheime Staatspolizeiamt mit einem eigenen „Hausgefängnis“, die Reichsführung der Schutzstaffel (SS) und während des Zweiten Weltkriegs auch das Reichssicherheitshauptamt. Neben einer Dauerausstellung über die Einrichtungen des nationalsozialistischen Verfolgungs- und Terrorapparats, beschäftigen sich in der unter- und oberirdischen Anlage zahlreiche Bildungsangebote des Dokumentationszentrums mit den Motiven und dem Handeln der Täter.

An diesem Ort sollen nun auch die Stimmen der Opfer des Nationalsozialismus zugänglich gemacht werden: in Form gefilmter Zeitzeugeninterviews. Die Freie Universität stellt den Zugang zu drei bedeutenden digitalen Zeitzeugen-Archiven zur Zeit des Nationalsozialismus bereit: zum „Visual History Archive des Shoah Foundation Institute der University of Southern California“ (USC), zum Archiv „Refugee Voices“ der Association of Jewish Refugees (AJR) sowie zum Archiv „Zwangsarbeit 1939-1945“, das am Center für Digitale Systeme (CeDiS) der Freien Universität wissenschaftlich erschlossen wird.

„Auch wenn die persönliche Begegnung mit Überlebenden und Zeugen durch kein Medium ersetzt werden kann – ihre Erinnerungen und Lebensgeschichten werden insbesondere für das historische Lernen immer wichtiger“, erklärt Professor Peter-André Alt. Die digitalen Zeitzeugeninterviews sollen im Zuge des gemeinsamen Bildungsangebotes der Freien Universität und der Stiftung „Topographie des Terrors“ didaktisch aufbereitet und so Schülerinnen und Schülern zugänglich gemacht werden. „Die Sicht der Opfer auf die Täter ist ein wichtiger Aspekt der Bildungsarbeit der Stiftung ,Topographie des Terrors‘, der durch die Zeitzeugen-Interviews eine lebendige Ergänzung findet“, sagt Professor Nachama.

Bis Ende dieses Jahres soll gemeinsam ein didaktisches Konzept zur Gestaltung von Projektschultagen entwickelt werden, in dem die Taten des NS-Regimes mit den Aussagen der Überlebenden konfrontiert werden. „Bisher kamen die Schulklassen an die Freie Universität, um im Rahmen von Projektschultagen die digitalen Zeitzeugen-Archive zu nutzen“, sagte Professor Nicolas Apostolopoulos, Leiter des Centers für Digitale Systeme (CeDiS) der Freien Universität.

Durch das Projekt „Stimmen der Opfer am Ort der Täter“, sei es den Schülern nunmehr möglich, mit den Zeitzeugen-Interviews auch während eines Besuches des Dokumentationszentrums „Topographie des Terrors“ zu arbeiten. Bisher haben rund 30 000 Schülerinnen und Schüler an Führungen durch das Dokumentationszentrum teilgenommen.