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Turbulenzen mathematisch erforschen Wissenschaftler in Dahlem zu Gast

14.10.2011

Turbulenzen – da denken viele erst einmal an das derzeitige Durcheinander an den Börsen. Oder aber an Turbulenzen aus dem Wetterbericht. Immerhin sorgen diese Luftströmungen regelmäßig für so einiges Hin und Her. Mit derartigen Turbulenzen beschäftigt sich Romain Nguyen van yen. Der 27-jährige Franzose arbeitet seit März als Forschungsstipendiat der Alexander-von-Humboldt-Stiftung am Institut für Mathematik der Freien Universität. Sein Ziel: Turbulenzen aus mathematischer Sicht besser verstehen helfen. Denn auch, wenn die Strömungen seit mehr als 100 Jahren bekannt sind – eine mathematisch gesicherte Theorie zu dem Phänomen als Ganzem gibt es dazu erstaunlicherweise noch nicht.

Meist bekommt Nguyen van yen für seine Arbeit am Fachbereich Mathematik und Informatik zuerst einen riesigen Datensatz. Also Zahlen, die in einer turbulenten Strömung gemessen oder aus einer numerischen Simulation einer solchen Strömung extrahiert wurden.

Eine seiner Aufgaben ist es, versteckte, sinngebende Strukturen in diesen Daten zu erkennen. Der junge Wissenschaftler hat sich dafür eine eigene Methode ausgedacht, die ein wichtiger Grund für sein Forschungsstipendium war: Er teilt die Zahlen in zwei Gruppen. In die Daten, die große zusammenhängende Wirbelstrukturen innerhalb der turbulenten Strömung darstellen.

Und in solche, die das wenig strukturierte – oder „unkorrelierte“ – Rauschen wiedergeben, das es neben den großen Wirbeln außerdem in solchen Strömungen gibt. Die Idee einer solchen Aufteilung ist zwar nicht neu, neu an Romain Nguyens van yens Ansatz ist aber, dass er moderne mathematische Instrumente der Informationstheorie heranzieht, um diese Vorschläge zu bewerten und die effizientesten Lösungswege für die Aufgabe herauszufinden.

So möchte Nguyen van yen möglichst präzise ermitteln, welchen Effekt die Gesamtheit des sogenannten Rauschens auf die großen Wirbel hat und wie sich die großen Wirbel als Reaktion auf diese Effekte verhalten. Das könnte für Meteorologen und Bauingenieure gleichermaßen wichtig sein, etwa im Zusammenhang mit der Berechnung des Auftriebs von Flugzeug-Tragflügeln: An diesen formieren sich größere und kleinere Wirbelstrukturen. Wie diese aber die Flugmechanik beeinflussen, kann bislang nur auf der Basis halb-empirisch getragener Lösungsansätze berechnet werden. Noch fehlt dazu ein gesichertes mathematisches Modell.

Wie der Stipendiat zu diesem Forschungsfeld kam, ist auch etwas turbulent: Der in Paris geborene Romain Nguyen van yen legte seinen Schwerpunkt zunächst auf die Physik. Er besuchte mithilfe eines staatlichen Stipendiums vier Jahre lang die Elite-Hochschule „École Normale Supérieure“ in Paris. Der Franzose, dessen Name auf seinen aus Vietnam stammenden Großvater zurückgeht, absolvierte in der französischen Hauptstadt neben einem Physikstudium eine Prüfung zum Mathelehrer und begann dann eine Doktorarbeit über ein Thema aus der Meteorologie.

„Schon da habe ich die numerische Berechnung von Turbulenzen für mich entdeckt und die theoretische Forschung begonnen.“ Für Nguyen van yen, der Deutsch als zweite Fremdsprache in der Schule lernte und in einem zweimonatigen Intensivkurs seine Kenntnisse vertiefte, ist das Projekt an der Freien Universität der perfekte Zusammenschluss all seiner bisherigen Forschungsfelder, wie er sagt. Kein Wunder, schließlich bezeichnet er sich selbst als Physiker, der viel mit Mathematik arbeitet, um unter anderem meteorologische Phänomene erforschen zu können.