Karrierewege 2022
Wie gelingt der Einstieg ins Berufsleben? Wie gestaltet sich die Arbeit in einem internationalen Kontext? Um über diese und weitere Fragen zu diskutieren, luden das Alumni-Netzwerk und der Career Service der Freien Universität auch 2022 wieder zur Veranstaltung „Internationale Karrierewege – Alumni der Freien Universität berichten“ ein. Vier Absolventinnen und Absolventen der Freien Universität schilderten ihre beruflichen Einstiege, Umwege, Strategien, Zufälle, Hürden und Erfolge. Rund 30 Studierende und Promovierende nutzten die Gelegenheit, um den Alumni ihre Fragen zu stellen und sich mit ihnen über die verschiedenen Tätigkeiten im internationalen Umfeld auszutauschen.
Interesse und Initiative als Schlüssel zum Erfolg
Das Videokonferenz-Format macht es möglich: Zeitgleich sind die Alumni aus vier verschiedenen Orten der Welt zugeschaltet, um ihre Erfahrungen mit den Studierenden in Berlin zu teilen: Julia von einer Dienstreise aus Riga, Lena zwischen zwei Stationen in Amsterdam und Stockholm, Tim aus seinem Büro in Brüssel und Tobias von seinem aktuellen Arbeitsort in Bujumbura.
Alle vier vereint, dass sie die Weichen für ihre jetzigen Tätigkeiten im internationalen Bereich bereits während ihres Studiums an der Freien Universität stellten. Neben fachlichen Schwerpunktsetzungen im Studium nutzten sie die Semesterferien, um immer wieder neue Arbeitsbereiche kennenzulernen oder auch Pflichtpraktika während des Studiums zu absolvieren – wobei drei Monate fast immer zu kurz erschienen, um wirklich tieferen Einblick zu bekommen. In jedem Fall sei es wichtig, sich auszuprobieren und herauszufinden, was einen selbst interessiert, sagten sie. Denn das sei praktisch schon ein Schlüssel zum Erfolg „Immer nur das zu machen, was einen interessiert.“ Praktika während oder im Anschluss an das Studium sind ein guter Weg, das für sich auszutesten und es gibt zahlreiche Möglichkeiten und Programme, die dabei hilfreich sind.
Ein Beispiel ist das Mercator Kolleg für internationale Aufgaben, über das man mit einem Stipendium 13 Monate an einem Projekt oder Thema im internationalen Kontext in ganz verschiedenen Organisationen arbeiten kann und das durchaus Anknüpfungspunkt zu einem dortigen späteren Einstieg sein kann. Eine andere Möglichkeit, um Förderung für ein Praktikum in internationalen Organisationen zu erhalten, ist das Carlo-Schmid-Programm, welches vom DAAD und der Studienstiftung durchgeführt wird. Während sich das Mercator-Kolleg an Absolventinnen auf Master-Niveau richtet, ist für das Bluebook Traineeship der Europäischen Kommission ein BA-Abschluss Voraussetzung. Die Bewerbung um das 5-monatige Praktikum erfolgt bis zu neun Monate im Voraus. Weitere europäische Organisationen, beispielsweise das Europäische Parlament, bieten ähnliche Möglichkeiten. Informationen zu Karrieren in den EU-Institutionen sind auch über das Auswärtige Amt erhältlich: https://www.auswaertiges-amt.de/de/karriere/io/karriere-in-europa
Aber auch ein Blick über öffentliche Organisationen hinaus ist lohnenswert, gerade internationale Konzerne, die weltweit Standorte haben, können da attraktiv sein.
Ein weiterer Tipp der vier Rednerinnen und Redner sind initiative Bewerbungen im Privatsektor oder auch bei anderen Einrichtungen, die international in Bereichen tätig sind, die einen interessieren, wie beispielsweise die Auslandsbüros der GIZ. Der Einstieg hier kann mitunter unkomplizierter sein als die offiziellen und aufwändigen Ausschreibungsprozesse in großen, bürokratischen Organisationen und die gesammelten Erfahrungen wiederum zu Türöffnern für spätere Stationen in anderen Institutionen werden. Initiative zeigen zahle sich oft aus, so das Fazit und der Rat.
„Explorer-Gen“ und Realitätscheck
Zugleich solle man sich nicht entmutigen lassen, wenn es trotz aller Initiative nicht gleich auf Anhieb läuft. Scheitern gehöre dazu und sei in ganz vielen Bereichen üblich, so die Alumni übereinstimmend. Auch wenn es bei vielen Absagen schwierig sei, diese nicht persönlich zu nehmen, so habe sich in der Rückschau vieles gefügt. Wichtig sei es auch, realistisch zu sein und sich auf passende Positionen zu bewerben, die dem eigenen Erfahrungsniveau und Fachkenntnissen tatsächlich entsprechen. Dabei wurde gleichzeitig angemerkt, dass Frauen stärker sozial darauf gepolt seien, ihre Kompetenzen selbstkritisch zu hinterfragen – eine Sozialisierung, die nicht immer hilfreich sei im internationalen Umfeld, wo Mut und Selbstvertrauen gefragt wären. Außerdem solle man sich bewusst sein, dass der internationale Bereich ein durchaus kompetitives Arbeitsumfeld ist, in dem sich zeitgleich Kandidatinnen und Kandidaten aus ganz Europa oder der ganzen Welt um eine Position bewerben. Zeigen, was man kann, und die Karriere managen, gehöre da ebenfalls dazu. Auch aus diesem Grund könne es ratsam sein, über ein Praktikum schon einen Fuß in die Tür zu bekommen.
Diskutiert haben die vier auch die Frage, ob eine Promotion hilfreich ist für eine internationale Karriere und sind sich einig, dass diese keine generelle Eintrittskarte sei und nicht allein aus diesem Grund angestrebt werden sollte. Letztendlich hänge es auch davon ab, welches Fachgebiet und welche Art der Arbeit man im Blick habe. Auf Positionen, bei denen eher praktische Arbeitserfahrungen im Vordergrund stehen, bringt eine Promotion nicht unbedingt einen Vorteil. Geht es hingegen um Bereiche wie beispielsweise die Politikanalyse, sind Promotionen schon üblicher, weil es dort um entsprechende Expertise geht. Generell habe die Promotion im Ausland einen anderen gesellschaftlichen Stellenwert als in Deutschland, sie werde als akademische Qualifizierung anerkannt, weniger als allgemeines Statussymbol.
So spannend ihre Arbeitsbereiche sind, so wenig verschweigen die vier Rednerinnen und Redner aber auch, dass diese Berufswahl Implikationen für das Privatleben habe und die, teilweise auch befristeten, Positionen an mitunter wechselnden Standorten problematisch für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf sein können. Letztendlich sei es auch eine Typ-Frage, ob man das „Explorer-Gen“ habe und dazu bereit sei, nicht in seiner Muttersprache zu arbeiten, immer wieder neue Dinge auszuprobieren und in verschiedenen Ländern der Welt zu leben, auch wenn das bestehende Beziehungen zwangsläufig verändere.
Für die Zuhörenden, die sich direkt mit den Alumni austauschen konnten, ergab sich so ein sehr realistisches Bild von einer Tätigkeit im internationalen Bereich. Und wer weiß, vielleicht berichtet eine oder einer der teilnehmenden Studierenden im Rahmen der Reihe bald selbst von den ersten Schritten in die internationale Karriere? So wie im Fall von Tim: Er hatte in seiner Studienzeit an der Karrierewege-Veranstaltung teilgenommen und konnte sich damals noch nicht vorstellen, selbst „auf der anderen Seite zu sitzen“.
Dr. Tobias Lechner hat seine Promotion am Fachbereich Politik- und Sozialwissenschaften der Freien Universität 2018 abgeschlossen. Zur Zeit arbeitet er als Referent für Politik in der Deutschen Botschaft Bujumbura, Burundi.
Lena Lickteig hat 2017 einen BA in Economics an der Freien Universität absolviert. Sie ist aktuell als Data Scientist im Bertelsmann Future Leaders Program auf einer Station in Stockholm tätig.
Tim Schreiber arbeitet derzeit als Policy Officer bei der Europäischen Kommission in der Generealdirektion für Beschäftigung, Soziales und Integration in Brüssel. Tim hat seinen BA in Politikwissenschaft an der Freien Universität 2014 abgeschlossen und im Jahr 2017 den Master Internationale Beziehungen.
Julia Staudt hat im Jahr 2016 den gemeinsamen Doppelmaster der Freien Universität und der HEC Paris Public Policy und Management abgeschlossen. Aktuell ist sie bei der OECD in Paris als Strategic Foresight Specialist im Bereich Innovation and Anticipatory Innovation Governance tätig.
Die Veranstaltung "Internationale Karrierewege" wird regelmäßig vom Alumni-Netzwerk der Freien Universität gemeinsam mit dem Career Service der Freien Universität durchgeführt. Die jährlichen Termine in der Reihe werden u.a. im Terminkalender des Alumni-Netzwerks veröffentlicht.
Das Alumni-Netzwerk der Freien Universität Berlin steht allen Ehemaligen aus dem In- und Ausland offen. Dazu zählen nicht nur Absolventinnen und Absolventen, sondern auch Austauschstudierende, Beschäftigte und Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler. Ziel des Alumni-Netzwerks ist es, die Verbindung zu Ehemaligen weltweit zu pflegen und Alumni und ihre Expertise in die Aktivitäten der Hochschule einzubinden. Weitere Informationen und die Online-Registrierung finden Sie auf den Seiten des Alumni-Netzwerks.
Der Career Service der Freien Universität Berlin unterstützt Studierende umfassend bei der Berufsvorbereitung im Studium, bei der Praktikumssuche im In- und Ausland und beim Berufseinstieg. Das breitgefächerte Angebot beinhaltet Informationsveranstaltungen, Sprechstunden, Mentorings sowie Online-Ressourcen. Weitere Informationen auf der Webseite des Career Service.