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Tricksters Plan - Kunst am Bau

16.02.2018

Tricksters Plan – Kunst am Bau

Das Verständnis einer „prinzipielle Ungesichertheit“ von Wissen ist wesentlich für die Wissenschaft. Die Vermittlung dieser Ungesichertheit ist eine Aufgabe der Universität. Insbesondere durch die Verbindung von Forschung und Lehre wird die Temporalität von Wissen aufgrund der fortwährenden Neugewinnung- und bewertung von Erkenntnissen deutlich. Die künstlerische Metapher für die Unsicherheiten in Erkenntnisprozessen ist der Arbeit der Biologin und Wissenschaftstheoretikerin Donna Haraway entliehen. Der „Trickster“ dient Haraway als evokative Figur, welche die Welt – den Gegenstand der Wissenschaft als „gewitzte Agentin“ zu visualisieren vermag. Der Trickster, der in mittel- und nordamerikanischen Kulturen die Figur des Kojoten annimmt, essentialisiert als zwanghafter Grenzübertreter Veränderung – conditio sine qua non für den Forschungsprozess. Nur er vermag als Gestaltwandler, Umkehrer, Bote oder Bricoleur Gegensätze zu vereinen und steht so, als eine der ältesten Ausdrucksformen der Menschheit, am Anfang von Zivilisationsprozessen. Als Agentin verstanden, vermag die Welt Grenzziehungen auszuweichen. Die prinzipielle Ungesichertheit von Wissen wird begründet. Der Plan des Tricksters ist, die ausweichende Geste in ihrem stets welterweiternden Charakter produktiv zu machen. Die Holzlaube und die Campusbibliothek sind dazu angelegt, durch Zusammenarbeit verschiedener Disziplinen Wissenskulturen ineinander zu verschränken. Tricksters Plan greift Darstellungen, Transkriptions- und Translationsverfahren auf, wobei es natur- und geisteswissenschaftliche Bildpraktiken und Zeichensysteme in eine künstlerisch-spekulativen Arbeit verwebt. Sie soll Raum bieten für Assoziationen, als Projektionsflächen des eigenen situierten Wissens dienen und jene Überraschungen und Ironien freilegen, die im Herzen jeglicher Produktion von Wissen liegen.

Standort Campusbibliothek

Die Wandarbeit im Foyer zeigt auf zirka 300 Quadratmetern Fläche ein wildes Gewebe grafischer Elemente. Es steht im Gegensatz zu den strengen Reihungen der Regale der Bibliothek. Das offensive Chaos spiegelt die vermeintliche Ordnung. Die Gestaltung folgt der Wand, vollzieht Vor- und Rücksprünge, ignoriert Öffnungen und Möblierungen, scheint den Wänden schon immer eingeschrieben zu sein. Mit jedem Aufenthalt im Gebäude bietet die Wand neue Entdeckungen. Elemente tauchen auf und verschwinden wieder, etwa hinter den Regalen der Leihstelle.


Standort Holzlaube

Im Institutsgebäude der Holzlaube sind die sechs Treppenhäuser als Kreuzungs- und Angelpunkte der Erschließung Orte einer sechsteiligen Installation. Jede der Einzelinstallationen hat eine eigene Farbe. Abhängig von den Höhen der Lufträume in den Treppenaugen umfassen die Installationen zwei bis sechs aus Aluminiumblech geformte Segmente. Die „Blätter“ sind jeweils unterschiedlich gebogen. Die Bedruckungen der Segmente offenbaren durch Auslassungen grafische Notationen. Als vertikale Struktur durchkreuzen die Segmentfolgen die horizontal geprägte Struktur des Gebäudes und machen Höhen deutlich. Beim Versuch, den Bildwelten einer der Installationen zu folgen sind die Betrachter*innen gezwungen, sich konzentrisch um sie zu bewegen, die Treppe nach oben oder unten zu nehmen. Mit der Bewegung spiegeln sich die Betrachter*innen schemenhaft in den Oberflächen. Ein Perspektivwechsel wird erforderlich – jene Bewegung, die Bedingung von Erkenntnis sein kann.


Standort Vorplatz

In der Mitte des Vorplatzes steht der Kojote. Die Holzskulptur mit einer Schulterhöhe von zirka 80 Zentimetern lädt zur Berührung ein. Der Ausdruck ist verwegen, neugierig, heiter. Als Symbol für die Freiheit und als anpassungsfähiger Kultur(sic!)folger erlaubt der Kojote Identifikation, Reibungsfläche und Anregung für interdisziplinären Austausch. Da er den Bezug zu Nordamerika herstellt, also auch auf die historische Narration der Freien Universität Bezug nimmt, hat er das Potenzial ein Maskottchen der FU zu werden. Durch seine Platzierung in der Haupt-Bewegungsrichtung zwischen den Gebäuden Rost-/Silber-/Holzlaube und dem U-Bahnhof Dahlem- Dorf passieren ihn täglich viele Studierende und Lehrende der Universität. Bewusst steht er in der Nähe des Walnussbaums. Eine Eigenart dieser Baumart ist, dass, wenn sie ausgewachsen sind, unter ihnen kaum mehr Gras wächst, eine kleine Steppe entsteht. Der Kojote scheint seinem natürlichen Lebensraum entsprungen zu sein.

 

Der Künstler

Robert Patz ist freischaffender Künstler, mit Schwerpunkt Kunst am Bau, und wissenschaftlicher Mitarbeiter am Graduiertenkolleg »Das Wissen der Künste« der Universität der Künste Berlin (UdK). In seiner Forschung beschäftigt er sich mit den Epistemologien künstlerischer Gestaltungsprozesse. Er hat Architektur an der UdK, der BTU Cottbus und am IUAV Venedig studiert. Er ist Mitglied im Berufsverband bildender Künstler*innen Berlins.

 

Mehr Infos:

http://www.fu-berlin.de/campusleben/campus/2016/161114-kunst-am-bau/index.html

http://www.fu-berlin.de/campusleben/campus/2018/1801xx-kunst-am-bau/index.html