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DHCL mit Elisabeth Strowick

Elisabeth Strowick (Johns Hopkins University)

Bewegung beschreiben. Stifters Poetik der Beobachtung

 

Der Vortrag analysiert das Verhältnis von Literatur und Visuellem anhand von Stifters Beschreibungsverfahren, welches im Kontext der Neustrukturierung des Sehens in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts literarische Techniken der Beobachtung erkundet, die Sichtbares allererst erzeugen. Stifters Beschreibungen sind nicht Beschreibungen von ‚Wirklichkeit‘, sondern Inszenierungen visueller Wahrnehmung. Unter den Bedingungen moderner Sinnesphysiologie, wissenschaftlich instrumenteller Beobachtung und optischen Medien erforscht Stifter visuelle Wahrnehmung mit literarischen Mitteln, d.h. mit dem Medium Schrift und ihrer strukturellen Gesetzmäßigkeit. Ein wesentlicher Aspekt ist hierbei die Zeitlichkeit: Wo Stifter Beobachtung anhand der syntagmatischen Struktur der Schrift inszeniert, inszeniert er den Blick als bewegten  Blick. Entgegen der weit verbreiteten Ansicht, Stifters Texte betrieben eine Arretierung der Zeit, wird der Vortrag zeigen, wie dezidiert Stifter vielmehr an einer Temporalisierung von Beschreibung arbeitet.