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Erfahrungsbericht aus dem Praxissemester

Den Einblick liefert uns Daniel Taupitz, Lehramtsstudent Geschichte & Englisch der Freien Universität

Die Gedanken der ersten Wochen im Praxissemester …

Endlich. Eine neue Mail vom Praxissemesterbüro im Postfach. Betreff: Zuweisung Praxissemesterschulen. Mein Wunsch war ein Gymnasium, aber welches wird es? Sofort die Erleichterung, nachdem ich den Anhang der Mail öffne, ein Gymnasium in meiner Nähe. Jedoch weiß ich auch nicht mehr darüber… 

Nach einiger Zeit und ein wenig Recherche schreibe ich erstmal ein paar nette Mails an die Schulleitung und hoffe, dass ich eine ähnlich nette Antwort zurückbekomme. Von Dozent*innen und anderen Mitstudierenden höre ich schon, dass ich mir keine allzu große Hoffnung machen muss, da man als Praxissemesterstudierende*r nur das „letzte Glied der Schulkette“ sei. Ich kann mich jedoch über schnelle Antworten freuen und werde zu den ersten Konferenzen an der Schule eingeladen. Zudem werden mir die Fachbereichsleitungen namentlich vorgestellt, an die ich mich wegen meiner Mentor*innen wenden kann. Nun kann auch ich die Sommerferien entspannt genießen.

Der erste Tag an der Schule - Vorbereitungswoche

Als der erste Tag – der Tag der Gesamtkonferenz – nun endlich vor der Tür steht, steigt die Aufregung. Was ziehe ich an? An welchen Fachbereich wende ich mich zuerst? Wo ist überhaupt das Sekretariat und wie sehen die Ansprechpersonen aus? Fragen über Fragen und nur wenig Antworten. Das Outfit ist geklärt – casual chic – der Weg zum Sekretariat ausgeschildert und zu meinem Glück kommt mir die Schulleitung direkt entgegen und nimmt mich in Empfang. Mir wird sogar eine Schulführung angeboten. Beim Umschauen ist das auch kein Wunder, weil die Schule mit über 800 Schüler*innen nicht gerade klein ist. 

Bevor die Gesamtkonferenz nun beginnt, bekomme ich die angekündigte Führung von der stellvertretenden Schulleitung. Während der Führung treffen wir (auch wieder zufällig) auf den Fachbereichsleiter Geschichte (den ich schon durch Mails „kannte“). Dieser übernahm prompt die Führung und zeigte mir zunächst das Lehrkräftezimmer des FB Gesellschaftswissenschaften. Ein altes Klassenzimmer mit einigen Regalen inkl. GeWi-Bücher und ein wenig Sonnenlicht. Ein bisschen dunkel, aber ich wollte ja auch keinen Mietvertrag unterschreiben (die Miete hätte ich mir wahrscheinlich eh nicht leisten können). Einige weitere Räume später ging nun die Gesamtkonferenz los. Knapp 90 Personen in der Aula - was eine Anzahl an Lehrkräften. Die sechsköpfige Schulleitung präsentiert ihr Programm für das neue Schuljahr und der “kleine” Praxissemesterstudierende mittendrin. Ich werde sogar von der Schulleitung vorgestellt und darf aufstehen und winken – na toll. Selbstverständlich habe ich auch etwas zum Mitschreiben dabei. Was ich jedoch aufschreiben soll, weiß ich nicht, da die meisten Dinge wirklich nur für die eigentlichen Lehrkräfte interessant und wichtig sind. Zum Schluss stehen in meinem Notizbuch nur die Namen der Sekretärinnen und der Name des IT-Spezialisten, der mir Zugang zum Schul-WLAN geben kann. Dennoch ein erfolgreicher Tag, da ich nach der Konferenz nun auch den Fachbereichsleiter Englisch kennenlerne. Ein sehr freundlich wirkender Mann stellt sich kurz vor und sagt, dass er nach dem Gequatsche erstmal eine Pause braucht, wir aber auf der Fachkonferenz noch einmal genauer sprechen können – super, der zweite Termin.

Nach der Gesamtkonferenz heißt es Fotos für das neue Schuljahr zu schießen. In Geschichte lerne ich außerdem „endlich“ meine Mentorin kennen. Wir sprechen kurz, werden aber von der Fotografin unterbrochen, da sich die Lehrkräfte aufstellen sollen. Ich halte mich erstmal im Hintergrund, da ich ja nur wenige Monate in der Schule sein werde und mich nicht aufdrängen möchte. Meiner Mentorin gefällt das aber nicht und sie möchte, dass ich mit auf das Foto komme. Gesagt, getan, ich stehe plötzlich in der dritten Reihe und lächle in die Kamera. Nach weiteren Gesprächen bin ich nun vertrauter mit meiner Geschichtsmentorin und werde in den Feierabend entlassen.

Fachkonferenzen - Fluch und Segen zugleich 

Am zweiten Tag finden die Fachkonferenzen statt. Früh morgens um 8:30 Uhr beginnt meine erste Fachkonferenz am Gymnasium. Vielleicht sollte ich beim frühen Aufstehen ein wenig routinierter werden, aber sonst geht es mir gut! Das Outfit ist kein Problem mehr, ich weiß, wo ich hinmuss, und mache mich auf den Weg. Das Englisch-LK-Zimmer befindet sich auf der gleichen Etage, wie das für die Gesellschaftswissenschaften. Jedoch ist es durch eine lange Fensterfront viel heller und ein wenig größer. Da ich von den Dozent*innen oft genug gehört habe, dass die heilige Platzwahl im LK-Zimmer entscheidend für den gesamten Aufenthalt ist, halte ich mich zunächst zurück und stelle mich kurz vor. Die Kolleg*innen zeigen mir einen freien Platz, der direkt am Fenster ist – Jackpot. Langsam trudeln weitere Englischlehrkräfte in den Raum und ärgern sich über das frühe Antanzen (Super, ich bin also nicht der einzige, der das schwierig findet). Im Gespräch mit dem FB-Leiter stellt sich heraus, dass es noch keine konkrete Person, die als Mentor*in dienen könnte, gibt, da die zuständige Koordinatorin leider erkrankt ist.

Der FB-Leiter stellt nun die Agenda des heutigen Tages vor. Großes Thema der FK ist selbstverständlich Corona und der Umgang mit eventuellen Lernrückständen. Zunächst werde ich jedoch noch einmal offiziell vorgestellt (und sogar ins Protokoll aufgenommen). Hitzige Diskussionen über die Lernausgangslage, Politik und Elterngespräche werden geführt, bis wir am Ende der Konferenz fünf Seiten Protokoll gefüllt haben. Meine Notizen der Englischkonferenz: Wie komme ich an die MSA und VERA-Aufgaben, wer könnte ein*e potenzielle*r Mentor*in sein?

Ich bekomme mit, wie sich zwei Lehrkräfte über die Auswertung der Nachprüfungen in Englisch ärgern. „Für die Schülerin geht es um die Versetzung und dann liefert sie das hier ab?“ Ich bekomme die Arbeit in die Hand gedrückt und lese mir den fiktiven Tagebucheintrag einer Schülerin der 9. Klasse durch. Den Ärger der Lehrerin konnte man verstehen. Nur zwei Minuten später kommt die Prüferin einer zweiten Schülerin (meine spätere Mentorin) mit einem ähnlichen Ergebnis um die Ecke und beide ärgern sich. Die Dramenwelt der Schule eröffnet sich mir noch vor Schulbeginn. Let the games begin …

Die zweite Fachkonferenz des Tages ist Geschichte/PW. Diese läuft ähnlich nur mit weniger hitzig geführten Diskussionen ab. Hier werden potenzielle Schulfahrten besprochen, die in den vorherigen Jahren immer wieder durchgeführt wurden, nun aufgrund der aktuellen Situation und dem fehlenden Personal jedoch auf Eis gelegt sind – schade. Zu einer Kursfahrt während des Praxissemesters hätte ich ganz sicher nicht nein gesagt! Wie dem auch sei, es haben sich neue verantwortliche Personen gefunden und die FK endet mit einem kleinen Buffet vom neuen Kollegen. Meine Notizen: die Kombination für das Vorhängeschloss mit der ganzen Technik und die Frage “Was ist ein Z-Kurs?”. 

Diese ersten beiden Tage haben mich bereits neugierig auf das bevorstehende Praxissemester gemacht, ohne auch nur Kontakt zu den Schüler*innen gehabt zu haben. Ein gelungener Start. 

Das erste Kennenlernen der Schüler*innen

Noch bevor ich wirklich offiziell in das Praxissemester starte, werde ich vom FB-Leiter Geschichte (sozusagen meinem zweiten Ge-Mentor) und meiner Ge-Mentorin eingeladen, die Klassen und Oberstufenkurse, die die beiden unterrichten, kennenzulernen. Ich fahre also nach ungefähr 2 Wochen Pause wieder zur Schule. Ich habe wieder einmal vergessen, wie groß dieses Ding doch ist. Wo war noch mal das LK-Zimmer? Mal schauen… Als ich in das Englisch-Zimmer komme, sehe ich, dass mein perfekter Platz nun doch von jemand anderes belegt ist. Leicht geknickt gehe ich in das GeWi-Zimmer und finde einen neuen – leider nun nicht mehr am Fenster, dennoch ganz nett. Ich besuche zwei Klassen und bekomme erste Einblicke in die Klassenkultur. Da ich vorher nur Erfahrungen an der Grundschule sammeln konnte, war das ein Unterschied wie Tag und Nacht! Ich war erstaunt und freute mich über diesen Zustand. Nach den beiden Stunden, noch immer „auf der Suche“ nach einer*einem Englisch-Mentor*in, sprach ich mit einer Englisch-Kollegin, die ihren Platz im GeWi-LK-Zimmer hat. Sie meinte zu mir, falls ich denn gerne möchte, kann ich jederzeit zu ihr kommen und hospitieren. In ihrem Unterricht möchte sie das Rad nicht neu erfinden, könne mir aber viel zum Thema Classroom Management und LK-Organisation etc. zeigen, da sie damals eine super Mentorin hatte, bei der sie viel lernen konnte. Meine Ohren spitzen sich. Classroom Management und LK-Organisation bekommt man im Studium nicht vermittelt. Das wäre doch die perfekte Möglichkeit… Ich frage vorsichtig nach, ob die Kollegin denn nicht auch meine Mentorin sein möchte. Sie freut sich und stimmt, ohne zu zögern, zu – wunderbar!

Ich fotografiere mir die Stundenpläne meiner Mentorinnen und erstelle mir meinen eigenen Stundenplan. Noch vor Beginn des Praxissemesters ist alles bereit. Diese positive Entwicklung habe ich nicht erwartet, freut mich aber sehr.

 Die ersten Erfahrungen im Praxissemester

Der erste offizielle Tag des Praxissemesters. Outfit – check. Notizbuch – check. Dokumente für die Schulleitung – check. Ich bin bereit für den ersten Tag! In der Schule angekommen freut sich mein Ge-Mentor darüber mich zu sehen. Wir besorgen mir zunächst einen Schulschlüssel und besprechen seinen Ge-Unterricht. Er bietet mir an, ab nächster Woche direkt den Unterricht zu übernehmen. 1. Weltkrieg, 9. Klasse. Ich nehme das Angebot direkt an und wir besprechen ein paar Eckdaten. Herausforderung 1 – check. 

Meine anderen Mentorinnen freuen sich auch mich zu sehen und wir besprechen, in welchen Stunden wir uns regelmäßig treffen können, um Erfahrungen auszutauschen bzw. wichtige (oder auch mal unwichtige) Dinge zu besprechen. Unterstützung der Mentor*innen – check. 

Die ersten Hospitationen laufen (– check) interessant aber nicht sehr aufregend ab. Da ich keinen Beobachtungsauftrag o.ä. erhalten habe, sitze ich in den Stunden und versuche mir Sitzpläne der einzelnen Klassen zu erstellen. Das funktioniert mehr oder weniger gut, da ich die Namen zum Teil nur schlecht verstehe und zum größten Teil nicht schreiben kann. Notizen im Buch – check. 

Auch die darauffolgenden Tage und Wochen gestalten sich ähnlich. Ich hospitiere sehr viel in meinen beiden Fächern und lerne die Klassen besser kennen. Ich kann erste Unterrichtserfahrungen sammeln und bin stolz auf das Feedback der Schüler*innen und meiner Mentor*innen. Ich bin allgemein überrascht, wie gut ich an der Schule aufgenommen und betreut werde. Nach den Horrorgeschichten im vorherigen Semester habe ich meine eigenen Erwartungen stark zurückgeschraubt. Jedoch habe ich bisher noch keine grausige Geschichte zu erzählen. Meine ersten Erfahrungen im Praxissemester sind daher positiv geprägt. Es gibt selbstverständlich viel zu tun – Unterrichtsvorbereitungen, Uni-Aufgaben und die netten Dinge die nebenher passieren – dennoch habe ich mit der Unterstützung meiner Mentor*innen  einen sehr angenehmen Start erleben dürfen.