Stellen Sie sich vor, Sie kommen in der U-Bahn darüber ins Gespräch, was Sie an der Freien Universität in der Lehrkräftebildung tun. Was erzählen Sie zwischen zwei Stationen? 

Ich erzähle, dass ich Lehrkräfte in der Grundschulpädagogik für das Fach Deutsch ausbilde. Und falls diese Mitteilung keine große Begeisterung auslöst, fahre ich folgendermaßen fort: Bildung!... würde ich sagen! Denken Sie darüber nach! Was bedeutet es, sich zu bilden? Sich bilden, ist nichts anders, als frei werden (nach Bettina von Arnim). In der Lehrkräftebildung möchte ich dieses Potential stark werden lassen. Gemeinsam mit den Studierenden möchte ich den Schüler*innen das Handwerkszeug für die innere Freiheit vermitteln und sie davor bewahren, zum Sklaven des ‚Mainstream' zu werden. Ich möchte Wertvorstellungen hinterfragen und diese gemeinsam mit Studierenden und Schüler*innen weiterentwickeln. Unterrichten ist immer auch Sinnsuche. Wir sollten vom ersten Schultag an gemeinsam philosophieren und die so entstehende Stimmenvielfalt als ein Mosaik facettenreicher Weltanschauung nutzen. Gerade von jungen Schüler*innen lässt sich viel lernen, sie sind nämlich voll Imagination und nicht so abgeschliffen und phantasiearm wie einige Erwachsene.

Warum tun Sie, was Sie tun?

Das fragen Sie jetzt noch!?

Was ist das Wichtigste, Spannendste oder Unerwartetste, was Sie an der Freien Universität gelernt haben?

Ja, ich habe wirklich etwas Wesentliches gelernt. Ich war lange Lehrerin an einer Grundschule im Norden Neuköllns. Ganz normal, Klassenlehrerin, Klassenfahrten, Elternabende, Gesamt- und Fachkonferenzen, Elterngespräche etc. Dort habe ich instinktiv damit angefangen, meine Schüler*innen mit starken, emotionalen und tiefgehenden Inhalten zum Nachdenken anzuregen. Ich wollte die Kinder nicht nur belehren, ich wollte mit ihnen Bildungsereignisse erleben. Es waren gute Jahre, die uns gemeinsam geprägt haben. An der FU angekommen entdeckte ich dann wissenschaftliche Grundlagen für mein Handeln. Ästhetische Bildung, Pädagogik des Performativen, Kreativer Deutschunterricht und so fort, um nur drei Komplexe zu nennen. Ich konnte mein pädagogisches Handeln wissenschaftlich grundieren und kann diese Erkenntnisse nun fundiert an die auszubildenden Lehrkräfte weitergeben.

Dr. Marion Ziesmer arbeitet am Arbeitsbereich Didaktik Deutsch des Wissenschaftsbereiches Grundschulpädagogik.