Antike im Zerrspiegel politischer Ideologien
Eine interdisziplinäre Ringvorlesung der Freien Universität Berlin und des Berliner Antike-Kollegs. Dienstags. Online und auf Deutsch!
Oswald Spenglers weltgeschichtliche Projektion des zyklischen Aufstiegs und Niedergangs von paradigmatisch unvermischten, „identitären“ Kulturen (Der Untergang des Abendlandes, 1918) wird seit einigen Jahren von Vertreter*innen der Neuen Rechten und von antiliberalen Historiker*innen wiederentdeckt als Referenz und Ideenreservoir für antidemokratische politische Narrative und ist ein so aktuelles wie prägnantes Beispiel für die Wirksamkeit historischer (Fehl-)Deutungen und ihrer politischen Instrumentalisierung.
Hier setzt die geplante Ringvorlesung an. Sie möchte mit Beiträgen von Vertreter*innen aus Fächern wie der Politikwissenschaft, der Alten und Neueren Geschichte, der Klassischen Philologie, der Prähistorischen, Vorderasiatischen und Klassischen Archäologie und der Ägyptologie ein inter- und transdisziplinäres Forum schaffen, um die Interpretation der Alten Welt und ihrer Kulturen, ihre ideologische Ausbeutung und ihre politische Indienstnahme zu untersuchen und die wissenschaftliche, methodenbasierte Erforschung der Alten Welt als Alternative aufzeigen.
In einer Gegenwart, in der sich die offene Gesellschaft mehr denn je zuvor seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs von antidemokratischen, autoritären Gegenentwürfen herausgefordert sieht, steht die Deutung der Vergangenheit in einem unmittelbaren Zusammenhang mit der Auseinandersetzung um die Gestaltung der Zukunft. Vergangenheiten, die dem Bereich des methodenbasierten Wissens, dem Zugang durch ein reflektierendes, aufgeklärtes „Ich“ entzogen sind, wirken wie ein Freud’sches „Es“ im kollektiven Un- und Unterbewussten; daraus geformte Narrative werden in der Hand populistischer Akteure zum Generator „triebhafter“, emotionsbesetzter Identitäten. Diese aktuelle Herausforderung an die Altertumswissenschaften möchte das Berliner Antike-Kolleg in der Ringvorlesung aufnehmen und im Sinne des FU-Wahlspruchs „Veritas – Iustitia – Libertas“ mit Studierenden, Wissenschaftler*innen und der Öffentlichkeit bearbeiten.
Ringvorlesung
Um per E-Mail eine kurze Erinnerung vor der nächsten Vorlesung zu erhalten, können sich sich hierfür online anmelden. Beginn ist, soweit nichts anderes angegeben, jeweils dienstags, 18:15 Uhr Berliner Zeit.
Organisatoren
Eine interdisziplinäre Ringvorlesung der Freien Universität Berlin und des Berliner Antike-Kollegs
Konzeption
Prof. Dr. Dr. h. c. Friederike Fless, Ida Viktoria Heinemann, M.A., Prof. Dr. Sebastian Richter
Programm
Datum | Thema | Vortragende*r |
15.04.2025 | Ideologiegeprägte Narrative und wissenschaftliche Argumente: Die Antike im politischen Deutungskampf | Prof. Dr. Marcus Llanque, Philosophisch-Sozialwissenschaftliche Fakultät, Professur für Politische Theorie, Universität Augsburg |
22.04.2025 | Der globale autoritäre Populismus und der „Untergang des Abendlandes“: Populistische Parteien und ihre Krisenmobilisierungen im Zeitalter von Demokratiekrise und Postfaktizität | Prof. Dr. Lars Rensmann, Sozial- und Bildungswissenschaftliche Fakultät, Professur für Politikwissenschaft mit Schwerpunkt Vergleichende Regierungslehre, Universität Passau |
29.04.2025 | Die ersten Staaten und Städte in Mesopotamien: Eine Ideologiekritik | Prof. Dr. Reinhard Bernbeck, Fachbereich Geschichts- und Kulturwissenschaften, Institut für Vorderasiatische Archäologie, Freie Universität Berlin |
06.05.2025 | Oswald Spengler und die apollinische Antike. Zu den vielfältigen Formen historischer Pseudomorphose | Prof. Dr. Melanie Möller, Fachbereich Philosophie und Geisteswissenschaften, Institut für Griechische und Lateinische Philologie, Freie Universität Berlin |
13.05.2025 | Der Antifeminismus der Neuen Rechten und seine Berufung auf antike Vorbilder | Prof. Dr. Babett Edelmann-Singer, Fachbereich Geschichts- und Kulturwissenschaften, Friedrich-Meinecke-Institut, Freie Universität Berlin |
20.05.2025 | „Völkerwanderung“: eine Übergangsepoche zwischen Politisierung und wissenschaftlicher Debatte | Prof. Dr. Gerda Heydemann, Fachbereich Geschichts- und Kulturwissenschaften, Friedrich-Meinecke-Institut, Freie Universität Berlin |
27.05.2025 | „Roter Sultan oder Höchster Herrscher?“: Die Gegenwart der osmanischen Geschichte in der Türkei | Prof. Dr. Elke Hartmann, Fachbereich Geschichts- und Kulturwissenschaften, Institut für Turkologie, Freie Universität Berlin |
03.06.2025 | Kollaborative Archäologie: Indigene Wissenssysteme zur Erforschung der Vergangenheit Amazoniens | Prof. Dr. Carla Jaimes Betancourt, Abteilung für Altamerikanistik, Institut für Archäologie und Kulturantrophologie, Universität Bonn |
10.06.2025 | Rasse und Altertum. Die Antike in rassistischen Geschichtserzählungen des 19. und frühen 20. Jahrhunderts | PD Dr. Felix Wiedemann, Fachbereich Geschichts- und Kulturwissenschaften, Friedrich-Meinecke-Institut / Einstein Center Chronoi, Freie Universität Berlin |
17.06.2025 | Weiße Pharaonen – Menschenbild, Zeitgeist und Terminologien in ägyptologischen Schriften des 19. und 20. Jahrhunderts | Dr. Susanne Voss, Fachbereich Geschichts- und Kulturwissenschaften, Kolleg-Forschungsgruppe 2615 Rethinking Oriental Despotism, Freie Universität Berlin |
24.06.2025 | „L'immortalità dell'idea di Roma“. Mussolinis Inszenierung der Antike im faschistischen Rom | Prof. Dr. phil. Ursula Quatember, Fakultät VI – Planen Bauen Umwelt, Institut für Architektur, Fachgebiet für Bau- und Stadt-baugeschichte, Technische Universität Berlin |
01.07.2025 | Konzeptionen von Leadership in Vergangenheit und Gegenwart: Ein interdisziplinärer Blick | Dr. Vesa Petri Juhani Arponen, Christian-Albrechts-Universität zu Kiel, Exzellenzcluster ROOTS |
08.07.2025 | Nazis im Wolfspelz. Frühgeschichte und die moderne extreme Rechte | Karl Banghard, M.A., Freilichtmuseum Oerlinghausen |
15.07.2025 | Arier, Aliens und Atlantis: Archäologische Wissenschaftskommunikation zwischen Popkultur und Ideologie | Jens Notroff, M.A., Deutsches Archäologisches Institut, Kommunikation, Zentrale-Präsidialbereich, Zentrale |
Änderungen vorbehalten. Das Verbindungsbüro Osteuropa wird alles unternehmen, damit die Vorlesungen zugänglich sind, kann dafür aber keine Garantie übernehmen.
Die Vorlesungsreihe findet jeweils, soweit nichts anderes angegeben, mittwochs auf Deutsch statt. Die Teilnahme am Livestream ist kostenfrei. Um per E-Mail eine kurze Erinnerung vor der nächsten Vorlesung zu erhalten, können sich sich hierfür online anmelden.
Die Anmeldung gilt automatisch auch für alle noch ausstehenden Vorlesungen!
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