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Ernst-Reuter-Preise

Jedes Jahr werden an der Freien Universität herausragende Promotionsarbeiten geschrieben, die besten werden mit dem Ernst-Reuter-Preis geehrt. Die Preisträgerinnen und Preisträger 2017 stellen wir Ihnen hier vor.

01.12.2017

Waldemar Kremser untersucht, warum sich große Unternehmen schwer tun mit Anpassungen an geänderte Rahmenbedingungen

Waldemar Kremser untersucht, warum sich große Unternehmen schwer tun mit Anpassungen an geänderte Rahmenbedingungen
Bildquelle: privat

Dr. Waldemar Kremser, 35, studierte bis 2010 Soziologie an der Universität Wien (M.A.) und promovierte im Anschluss bis 2016 am Fachbereich Wirtschaftswissenschaften der Freien Universität Berlin.

Wie lautet der Titel Ihrer Arbeit?
Interdependente Routinen (Erstgutachter: Prof. Dr. Dr. h.c. Georg Schreyögg/ Freie Universität Berlin)

Fällt Ihnen zu Ihrer Promotion eine Anekdote ein?
Mein Doktorvater Prof. Georg Schreyögg hatte 2015, ebenfalls im Rahmen des Ernst-Reuter-Tags, für die beispielhafte Betreuung von Promovierenden den „Award for Excellent Supervision“ der Dahlem Research School erhalten. Ein Jahr später erhielt Blagoy Blagoev, ein sehr guter Freund von mir und auch von Herrn Schreyögg betreut, ebenfalls den Ernst-Reuter- Preis. Dieses Jahr darf nun ich den Ernst- Reuter-Preis entgegennehmen. Es scheint also, als hätte ich großes Glück gehabt, meine Dissertation in einem so guten wissenschaftlichen Umfeld schreiben zu können. Das hat sicher sehr dazu beigetragen, dass die Arbeit ganz gut geworden ist. Mit tollen Kolleginnen und Kollegen und einem extrem hilfreichen Doktorvater kann man so manche Sinnkrise überwinden, eventuell sogar daran wachsen.

Wie würden Sie das Thema Ihrer Arbeit einem Zwölfjährigen in drei Sätzen erklären?
Viele Unternehmen, besonders die erfolgreichen, tun sich schwer damit, sich an stark veränderte Umweltbedingungen anzupassen. Ganz offensichtlich wurde das, als zum Beispiel die analoge Fotografie von der digitalen Fotografie abgelöst wurde. In meiner Arbeit beschäftige ich mich mit der Frage, wie man sich erklären kann, dass sich gerade die lange erfolgreichen Unternehmen besonders schwer mit solchen Anpassungen tun. Dafür sehe ich mir ein Fallbeispiel aus der Fotobranche genauer an.


Dr. Tobias Lortzing

Tobias Lortzing untersuchte wie sich die Wildpflanze „Bittersüßer Nachtschatten“ davor schützt, von Tieren gefressen zu werden

Tobias Lortzing untersuchte wie sich die Wildpflanze „Bittersüßer Nachtschatten“ davor schützt, von Tieren gefressen zu werden
Bildquelle: privat

Dr. Tobias Lortzing, 34, studierte von 2004 bis 2011 Biologie an der Freien Universität und promovierte dort von 2012 bis 2017 am Fachbereich Biologie, Chemie und Pharmazie. Betreut wurde die Arbeit von Frau Prof. Dr. Anke Steppuhn, die in dieser Zeit ihre Junior-Professur- Arbeitsgruppe aufbaute.

Wie lautet der Titel Ihrer Arbeit?
Investigations of herbivory-induced responses in Solanum dulcamara reveal defensive nectar secretion from wounds (Erstgutachterin: Prof. Dr. Anke Steppuhn)

Wie würden Sie das Thema Ihrer Arbeit einem Zwölfjährigen in drei Sätzen erklären? 
In meiner Arbeit habe ich untersucht, wie sich eine Wildpflanze, der Bittersüße Nachtschatten, davor schützt, von Tieren gefressen zu werden. Wenn die Pflanze angebissen wird, sondert sie süße Zuckertröpfchen aus den Bisswunden ab. Dieser Wundnektar lockt räuberische Ameisen an, die die Pflanze dann zum Beispiel vor Käfern und Schnecken schützen, die weiter an ihr fressen wollen. Das Besondere an diesem Wundnektar ist, dass die Pflanze für seine Produktion keine speziellen Sekretionsorgane oder Nektardrüsen benötigt. Daher könnte diese extrem einfache Form von Nektar ein Ursprung für die Evolution der Vielfalt an komplizierten Nektardrüsen sein, die wir im Pflanzenreich finden.

Können Sie uns etwas über Ihre Promotionszeit erzählen?
Die Arbeit an sich hat viel Spaß gemacht, weil sie ein breites Spektrum an Arbeitsweisen abdeckt: von Feldversuchen im Moor mit Mücken und Matsch über kontrollierte Experimente im Gewächshaus und chemische High-end-Analytik bis hin zu molekularbiologischen Untersuchungen. Ich bin auch froh, dass dieses Projekt am Ende so erfolgreich geworden ist. Denn für eine kleine Nachwuchsgruppe ist es durchaus ein Risiko, die Arbeit mit einer kaum untersuchten Wildpflanze zu beginnen, für die moderne analytische und molekulare Methoden so gut wie gar nicht etabliert sind. Man muss viel Arbeit und Zeit in die Methodenentwicklung und Grundlagen investieren – und man weiß nie, ob man am Ende wirklich etwas Neues und Spannendes finden wird. Wenn man sich traut, das Risiko einzugehen und etwas Neues zu versuchen, dann hat man die Chance, unerwartete und überraschende Dinge zu entdecken. Das ist für mich der Reiz an der Wissenschaft – in diesem Projekt war das glücklicherweise der Fall. Unsere ersten Feldversuche sind jedoch gescheitert, denn unsere Versuchspflanzen aus dem Gewächshaus wurden immer wieder kurz nach dem Auspflanzen von Vandalen zerstört. Also stellten wir Schilder auf, die auf unser Experiment hinwiesen und um Rücksicht baten. Der Erfolg blieb aus. Letztendlich mussten wir feststellen, dass nicht Vandalen, sondern Nacktschnecken eine Vorliebe für unsere guternährten Gewächshauspflanzen hatten und sie über Nacht wegfraßen. Schließlich haben wir herausgefunden, dass Ameisen sogar diese Nacktschnecken von der Pflanze vertreiben können. Daran hätten wir vorher nie gedacht.


Agata Mossakowski promovierte an der Charité-Universitätsmedizin Berlin

Agata Mossakowski promovierte an der Charité-Universitätsmedizin Berlin
Bildquelle: privat

Dr. Agata Mossakowski, 30, studierte von 2006 bis 2013 Medizin an der Charité- Universitätsmedizin Berlin. Von 2011 bis 2016 promovierte sie ebenfalls an der Charité-Universitätsmedizin Berlin in Kooperation mit dem Deutschen Rheumaforschungszentrum bei Prof. Dr. Anja Hauser (AG Immundynamik), Dr. Raluca Niesner (AG Biophysikalische Analytik) und Dr. Helena Radbruch (AG Chronische Neuroinflammation).

Wie lautet der Titel Ihrer Arbeit? 
Funktionelle Echtzeitanalyse der zellulären und molekularen Mechanismen der neuronalen Dysfunktion in chronischer Neuroinflammation (Erstgutachterin: Prof. Dr. Anja Hauser / Deutsches Rheuma- Forschungszentrum Berlin)

Was hat Ihnen bei der Promotion besonders gefallen? 
Das Aufregendste an meiner Promotion war, an der Entwicklung einer neuen Mikroskopier- Technik mitzuarbeiten. Normalerweise stellt man sich unter Mikroskopie vor, dass man winzige Strukturen vergrößert und auf diese Weise durch ihre Form, Verteilung und Verhältnisse auf ihre Funktionen schließen kann. Die innovative Fluoreszenzlebensdauer- Mikroskopie fügt diesem bewährten Prinzip noch eine neue Dimension hinzu – die Zeit. Man schaut sich nicht nur an, wie die Strukturen unter dem Mikroskop aussehen, sondern auch, wie lange sie Licht emittieren – so erhält man zusätzliche, einzigartige Informationen über ihren Zustand und ihre Wirkung. Auf diese Weise sind wir durch die interdisziplinäre Verbindung von Physik, Chemie, Biologie und Medizin dem Verständnis von chronischen Entzündungen ein wenig näher gekommen.

Wie würden Sie das Thema Ihrer Arbeit einem Zwölfjährigen in drei Sätzen erklären?
Oxidativer Stress ist bei Entzündungen im Rahmen von Autoimmunerkrankungen, beispielsweise der Multiplen Sklerose, ein treibender Faktor für den Untergang von Zellen. Bislang ist jedoch nicht gut verstanden, wo und unter welchen Bedingungen dieser oxidative Stress entsteht. In meiner Arbeit habe ich eine neuartige Mikroskopier-Technik angewendet, bei der man Enzymen in lebendigen Organismen live bei der Arbeit zuschauen kann. So habe ich direkt in lebendem Gewebe beobachten können, wie oxidativer Stress generiert wird und dadurch die umliegenden Zellen zugrunde gehen – und wie unterschiedliche Therapien diesen krankheitsunterhaltenden Faktor beeinflussen können. 


Christian Zimmer

Christian Zimmer untersuchte die Markierung des Genitivs im Deutschen

Christian Zimmer untersuchte die Markierung des Genitivs im Deutschen
Bildquelle: privat

Christian Zimmer, 29, studierte von 2007 bis 2012 Germanistik, Sportwissenschaften und Philosophie an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz, im Anschluss promovierte er bis 2016 am Fachbereich Philosophie und Geisteswissenschaften der Freien Universität.

Wie lautet der Titel Ihrer Arbeit? 
Die Markierung des Genitiv(s) im Deutschen. Empirie und theoretische Implikation von morphologischer Variation (Erstgutacher: Prof. Dr. Horst Simon/Freie Universität Berlin)

Wie würden Sie das Thema Ihrer Arbeit einem Zwölfjährigen in drei Sätzen erklären? 
Einige Wörter werden manchmal mit und manchmal ohne Genitiv-s verwendet, zum Beispiel „die Folgen des Tsunami“ oder „die Folgen des Tsunamis“. In meiner Arbeit habe ich untersucht, welche Wörter das sind, warum genau diese Wörter auch ohne ein Genitiv-s verwendet werden, und wie sich die Verwendung der Wörter in den letzten Jahren verändert hat. Dabei hat sich gezeigt, dass Fremdwörter, Kurzwörter und Namen betroffen sind, dass die Auslassung des Genitivmarkers die Wiedererkennbarkeit dieser speziellen Wörter erhöht – und dass vor allem Fremdwörter im Laufe der Zeit immer häufiger mit Genitiv-s verwendet werden.