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Uni in Bewegung

Seit Jahrzehnten wird an der Freien Universität Sport getrieben – das Team der Zentraleinrichtung Hochschulsport stellt dafür das Kursangebot zusammen, fördert Olympiatalente und schickt Trainerinnen und Trainer in Büros und Hörsäle.

12.06.2019

Run, Uni, Run! Zahlreiche Mitglieder der Freien Universität treffen sich regelmäßig zu Sportveranstaltungen.

Run, Uni, Run! Zahlreiche Mitglieder der Freien Universität treffen sich regelmäßig zu Sportveranstaltungen.
Bildquelle: Bernd Wannenmacher

Ob Fußball, Yoga, Klettern, Jiu Jitsu oder „Slashpipe“, Fitness mit einer mit Wasser gefüllten Röhre – die Zentraleinrichtung Hochschulsport der Freien Universität bietet pro Semester Kurse in bis zu 140 unterschiedlichen Sportarten an. Wer will, der kann an der Freien Universität sogar einen Segelschein auf dem Wannsee machen. „Der Hochschulsport ist ideal, um neue Sportarten kennenzulernen“, sagt Christian Mundhenk. „Man muss keinem Verein beitreten oder sich anderweitig langfristig binden. Man kann sich einfach online für einen Kurs registrieren und ausprobieren, was einen interessiert.“

Maren Schulze und Christian Mundhenk leiten die Zentraleinrichtung Hochschulsport an der Freien Universität Berlin.

Maren Schulze und Christian Mundhenk leiten die Zentraleinrichtung Hochschulsport an der Freien Universität Berlin.
Bildquelle: Bernd Wannenmacher

Mundhenk ist Diplom-Sportwissenschaftler und leitet seit 2016 den Hochschulsport der Freien Universität. Gemeinsam mit rund 20 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern stellt er das Kursangebot zusammen, organisiert Sportevents wie den jährlichen Campus Run, netzwerkt und kooperiert mit anderen Hochschuleinrichtungen, Sportverbänden und Krankenkassen.

Wer mit ihm spricht, merkt schnell: Der Hochschulsport ist ihm eine Herzensangelegenheit. „Über den Sport vermitteln wir auch eine Reihe von wichtigen Schlüsselqualifikationen und Werten“, sagt er. „Wir vermitteln Respekt, Toleranz und Fairness, aber auch Fleiß und Disziplin.“

20.000 Buchungen pro Semester

Geöffnet sind die Kurse nicht nur für Studierende der Freien Universität und anderer Berliner Hochschulen, sondern auch für alle Beschäftigten und Alumni. So kommen bis zu 20.000 Buchungen pro Semester zusammen. „Wir wollen ein Angebot schaffen, das möglichst viele Menschen anspricht und motiviert, sich regelmäßig zu bewegen“, sagt Mundhenk.

Auch im Hochschulsport zeigt sich, dass sich das gesellschaftliche Verständnis von Sport in den vergangenen Jahrzehnten verändert hat. „Es geht heute weniger um den Leistungs- und Wettkampfgedanken als um eine gesunde und ausgeglichene Lebensweise“, sagt Mundhenk. „Wir wollen dem bewegungsarmen Alltag in Studium und Büro etwas entgegensetzen.“

„move4health“ heißt das zweijährige Pilotprojekt, das der Hochschulsport zusammen mit der Techniker Krankenkasse (TK) ins Leben gerufen hat, um mehr Bewegung im studentischen Alltag unterzubringen.

„move4health“ heißt das zweijährige Pilotprojekt, das der Hochschulsport zusammen mit der Techniker Krankenkasse (TK) ins Leben gerufen hat, um mehr Bewegung im studentischen Alltag unterzubringen.
Bildquelle: Bernd Wannenmacher

Pilotprojekt „move- 4health"

Um die Aktivität von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern zu fördern, arbeitet der Hochschulsport eng mit dem „FUndament Gesundheit“ zusammen, der Geschäftsstelle für Betriebliches Gesundheitsmanagement, die dabei hilft, die Kosten für Kurse des universitären Gesundheitsförderprogramms zu erstatten. Darüber hinaus bietet der Hochschulsport einen „Pausenexpress“ an: Trainerinnen und Trainer besuchen die Beschäftigten in ihren Büros und ziehen mit ihnen 15-minütige Mini-Trainings durch. „Man muss nicht extra irgendwo hinfahren, man schwitzt nicht und kann in Alltagskleidung bleiben“, sagt Mundhenk, „aber man hat eine aktive Pause mit Übungen zur Entspannung, Kräftigung, Mobilisation.“

Als erste der Berliner Hochschulen führte die Freie Universität ein ähnliches Programm kürzlich auch für ihre Studierenden ein. „Bei einer anderthalbstündigen Vorlesung kann die Aufmerksam gegen Ende schon einmal schwinden“, sagt Mundhenk. „Dem wollen wir entgegenwirken, indem wir unsere Trainerinnen und Trainer nun auch in die Hörsäle schicken.“ Seit diesem Sommersemester läuft das Pilotprojekt „move- 4health“ an drei Fachbereichen: Ausgewählte Vorlesungen machen eine kleine Halbzeitpause mit Mini-Sportprogramm. „Die Resonanz ist bislang ausschließlich positiv“, sagt Mundhenk. „Auch viele Dozentinnen und Dozenten sind überzeugt, dass ein bisschen Bewegung zwischendrin sich positiv auf den Lernerfolg auswirkt.“

Im Stadtbild vertreten: Die Freie Universität nimmt regelmäßig an Großveranstaltungen wie dem Berliner Firmenlauf teil.

Im Stadtbild vertreten: Die Freie Universität nimmt regelmäßig an Großveranstaltungen wie dem Berliner Firmenlauf teil.
Bildquelle: Bernd Wannenmacher

Der Hochschulsport sorgt für eine höhere Identifikation mit der Universität

Neben dem Thema Gesundheit trage der Hochschulsport auch in anderen Bereichen zu einem positiven Klima an der Universität bei. Zum einen sorge der Hochschulsport etwa für eine höhere Identifikation mit der Universität. Zum anderen sei gemeinsamer Sport eine hervorragende Gelegenheit, sich über Fach- und Hierarchiegrenzen hinweg auszutauschen und zu vernetzen, sagt Mundhenk. Und nicht zuletzt sei gemeinsamer Sport auch eine Bildungserfahrung. Mundhenk betont, dass gemeinsamer Sport auch eine Bildungserfahrung sei. So biete der Hochschulsport regelmäßig eine eigene Lehrveranstaltung an, in der Studierende nicht nur einen Einblick in die Theorie des Sport- und Veranstaltungsmanagements erhalten, sondern auch selbst eine Sportveranstaltung konzipieren und durchführen können. 

Maren Schulze, stellvertretende Leiterin des Hochschulsports, kümmert sich unter anderem um Fortbildungen für all jene, die Sportkurse leiten. Regelmäßig können die Trainerinnen und Trainer über den Hochschulsport physiologische und sportwissenschaftliche Kompetenzen erwerben. „Es gibt Kurse zu Anatomie oder Trainingsplanung, aber man kann dort auch lernen, wie man vor einer Gruppe spricht“, sagt sie. Die Hochschulsportkurse werden von Studierenden geleitet, die sich damit neben dem Studium etwas dazu verdienen, aber auch von selbstständigen Trainerinnen und Trainern oder Alumni, die seit Jahrzehnten mit dem Hochschulsport verbunden seien. „Alle schätzen die persönliche Atmosphäre beim Hochschulsport“, sagt Schulze.  „Für Fitnesstrainer ist der Hochschulsport eine ganz andere Erfahrung als bei einer großen Kette von Fitnessstudios.“  

Die Politikwissenschaftsstudentin Anne-Sophie Schmidt gewann 2017 als Judoka die Europäische Hochschulmeisterschaft und nahm im selben Jahr in Taipeh an der Sommer-Universiade teil.

Die Politikwissenschaftsstudentin Anne-Sophie Schmidt gewann 2017 als Judoka die Europäische Hochschulmeisterschaft und nahm im selben Jahr in Taipeh an der Sommer-Universiade teil.
Bildquelle: Miriam Klingl

„Man muss sich bis an seine Grenzen schinden“

Neben Breitensport und Gesundheitsvorsorge ist die Zentraleinrichtung Hochschulsport aber auch für den Spitzensport zuständig. Christian Mundhenk ist Ansprechpartner für die rund 20 Spitzensportlerinnen und -sportler, die an der Freien Universität studieren – darunter Athletinnen und Athleten aus dem Bundeskader und sogar Olympiasiegerinnen und -sieger. „Tägliches Training, Wettkämpfe, Trainingslager – Studium und Spitzensport sind nicht leicht unter einen Hut zu bringen“, sagt Mundhenk. „Unsere Aufgabe ist es, bei Konflikten zwischen Sport und Studium zu vermitteln.“

Besonders erfolgreich sind derzeit die Judoka Anne-Sophie Schmidt und der Ruderer Johannes Lotz: Beide trainieren fünf oder sogar sechs Tage die Woche am Olympiastützpunkt Berlin und absolvieren daneben ein anspruchsvolles Bachelorstudium: Johannes Lotz steht im 8. Semester seines Psychologiestudiums, Anne-Sophie Schmidt studiert seit 2015 Politikwissenschaft. „Spitzensport hat mit einem ausgewogenen und gesunden Lebensstil aber nicht immer viel zu tun“, sagt sie. „Man muss sich bis an seine Grenzen schinden.“ Zu diesem Sport hatte sie einst ihr Vater mitgenommen – heute wiederum trainiert sie ihn in der Ü30- Mannschaft ihres Heimatsvereins SC Lotos Berlin.

Im Jahr 2017 wurde die 23-Jährige in ihrer Gewichtsklasse Europäische Hochschulmeisterin. Im selben Jahr vertrat sie Deutschland bei der Sommer-Universiade in Taipeh, einem an die Olympischen Spiele angelehnten Turnier für studentische Topathletinnen und -athleten. „Das waren Erlebnisse, die man sein Leben lang nicht vergisst“, sagt sie. „Die Universiade ist die nach den olympischen Sommerspielen zweitgrößte Multisportveranstaltung der Welt – dort teilnehmen zu dürfen, war ein unbeschreibliches Gefühl.“

Wie viele andere Spitzensportlerinnen und -sportler abseits von Disziplinen wie Fußball oder Tennis verdient Schmidt trotz ihrer Erfolge wenig bis gar kein Geld mit ihrem Sport. Neben Training und Studium arbeitet sie deshalb noch als Werkstudentin in der Marketingabteilung eines Autohauses. Dass sie daher nur ein bis zwei Tage in der Woche in die Universität kommen kann, dafür hätten ihre Dozentinnen und Dozenten aber Verständnis. „Die Lehre an der Freien Universität ist sehr flexibel“, sagt sie. „Besonders hilfreich ist das sehr gute Online-System.“

Johannes Lotz studiert Psychologie und ist als Sportler erfolgreich: Er holte im vergangenen Jahr als Schlagmann im Doppelvierer die Bronzemedaille bei der U-23-Weltmeisterschaft im polnischen Posen.

Johannes Lotz studiert Psychologie und ist als Sportler erfolgreich: Er holte im vergangenen Jahr als Schlagmann im Doppelvierer die Bronzemedaille bei der U-23-Weltmeisterschaft im polnischen Posen.
Bildquelle: Miriam Klingl

Training von Montag bis Samstag

So empfindet das auch der Ruderer Johannes Lotz. „Ich muss der Freien Universität ein Lob aussprechen“, sagt er. „Ich habe die Dozentinnen und Dozenten immer als sehr aufgeschlossen und verständnisvoll kennengelernt.“ Im vergangenen Jahr holte Lotz als Schlagman im Doppelvierer Bronze bei der U23-Weltmeisterschaft im polnischen Posen.

2015 konnte er zudem Silber im U19-Doppelzweier und 2014 sogar Gold im U19-Doppelvierer errudern. Von Montag bis Samstag trainiert Lotz dafür von 8 bis 14 Uhr am Berliner Olympiastützpunkt am Hohenzollernkanal. Mit seinen konstant hervorragenden Leistungen kommt Lotz in einen Bereich, in dem eine Olympiateilnahme möglich scheint. Dann wäre es mit dem Studium allerdings erst einmal vorbei. „Je näher das Ziel Olympia kommt, desto mehr wird klar, wie viel man dafür opfern muss“, sagt er. „Vor den Spielen stehen ein bis zwei Lebensjahre an, die nur im Zeichen des Leistungssports stehen.“ Man sei kaum zuhause, nebenher zu studieren oder zu arbeiten sei praktisch kaum möglich. „Man muss sich wirklich gut überlegen, ob man dazu bereit ist“, sagt Lotz.

Die meisten Spitzensportlerinnen und -sportler studierten trotz der außergewöhnlich hohen Belastung sehr erfolgreich, sagt Christian Mundhenk. „Sie sind zielgerichtet und lernen schon in ihrer Jugend, dass sie ihren Tag strukturieren müssen.“ Trotzdem habe es an der Freien Universität mehrere Fälle gegeben, bei denen Spitzensportlerinnen und -sportler nach ihrem Bachelorabschluss nicht zum Masterstudium zugelassen worden seien. „Die Regelung, wonach Spitzensportler bei der Bewerbung bevorzugt behandelt werden, gilt nur für den Bachelor“, sagt Mundhenk. „Das würden wir gern ändern.“

Für die Zukunft des Hochschulsports seien aber die Sportstätten die größte Herausforderung. Bei der Ausstattung liege die Freie Universität im Vergleich zu anderen Hochschulen zurück. „Wir haben bei unseren Kursen zum Teil sehr lange Wartelisten. Uns fehlt aber oft die Möglichkeit, das Angebot zu erweitern“, sagt er. „Das liegt in erster Linie daran, dass wir zu wenig eigene Räumlichkeiten haben.“ Ein großes Anliegen für die Zukunft sei ein Fitnessstudio auf dem Campus in Dahlem. „Das bisherige Fitnessstudio der Freien Universität befindet sich am Standort Lankwitz“, sagt Maren Schulze. Ein bisher geplantes Bauvorhaben in Dahlem konnte nicht realisiert werden, nun suchen Christian Mundhenk und sein Team nach einem neuen Objekt.

Ein besonders aufregender Tag für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Hochschulsports ist in jedem Semester der Buchungsstart. „Wir können online zuschauen, wie sich die Kurse sekündlich füllen“, sagt Christian Mundhenk. „Allein in der ersten halben Stunde können wir rund 1.000 Buchungen verzeichnen.“ Und der mit Abstand beliebteste Sport an der Freien Universität? „Das ist Yoga“.