Springe direkt zu Inhalt

Grußwort

27.11.2019

Peter Lange, ehemaliger Kanzler der Freien Universität und seit Juni 2017 Vorstandsvorsitzender der ERG.

Peter Lange, ehemaliger Kanzler der Freien Universität und seit Juni 2017 Vorstandsvorsitzender der ERG.
Bildquelle: David Ausserhofer

Liebe Leserinnen und Leser,
liebe Freundinnen und Freunde der Freien Universität,
liebe Ehemalige,

am 19. Oktober starb Stanislaw Karol Kubicki im Alter von 93 Jahren – die „Matrikelnummer 1" hat unsere Universität auf ganz besondere Weise geprägt. Nach dem Studium der Medizin, der Kunstgeschichte und der Klassischen Archäologie blieb er seiner Alma Mater treu: Er promovierte und habilitierte sich in Psychiatrie und Neurologie; in den 1970er- und 1980er-Jahren leitete er die Neurologisch-Neurochirurgische Klinik im Klinikum Charlottenburg der Freien Universität. Dort erarbeitete er sich als Schlafforscher internationales Renommee. „Ich benutze das Wort ‚Stolz‘ eigentlich nicht", sagte Karol Kubicki im vergangenen Jahr anlässlich des Festaktes zum 70. Jahrestag der Gründung unserer Universität: „Aber wenn ich es benutzen würde, dann für die Freie Universität." Wir verneigen uns vor Karol Kubicki, der für die Freiheit der Lehre und der Wissenschaft gekämpft hat, und erinnern ab Seite 22 in einem Nachruf an das Leben und Wirken unserer „Matrikelnummer 1". Im Namen der Ernst-Reuter-Gesellschaft und der Freien Universität möchte ich zum Abschied „Danke" sagen. Unsere Gedanken gelten auch seiner Frau Petra und allen, die um ihn trauern.

Katja Birmingham hat an der Freien Universität Ethnologie und Sinologie studiert und kam nach ihrer Abschlussarbeit schnell zum ZDF. Es war kurz vor den Olympischen Spielen in Peking 2008 und Chinesisch-Kenntnisse waren gefragt. Später arbeitete sie als Korrespondentin des Mainzer Senders zunächst in Russland, dann in China. Mittlerweile lebt sie als Schriftstellerin in Australien und kehrte jüngst nach Deutschland zurück, um aus ihrem Lyrikband „Maskenlos" zu lesen. Wir haben sie getroffen und stellen sie ab Seite 42 vor.

Sebastian Fitzek, Alumnus unserer Universität und promovierter Jurist, ist einer der erfolgreichsten deutschen Autoren: Seine Thriller verkaufen sich millionenfach – nur im Universitätsmilieu spielt bislang keine seiner Geschichten. Doch das könnte sich bald ändern, verrät Fitzek im Interview ab Seite 36 und erzählt, wen er beim Schreiben fragt, wenn er wissen muss, wie Gifte wirken.

Ein Schauplatz des Romans „Der schöne Vogel Phönix" von Jochen Schimmang ist das Studentendorf Schlachtensee. Auch Szenen des großen Hollywooderfolgs „Der Vorleser" wurden hier gedreht. Vor 60 Jahren wurde das Studentendorf eröffnet, und wir erzählen ab Seite 26 seine Geschichte: Mehr als 500 Studierende bezogen in den ersten Wochen nach der Eröffnung – streng nach Geschlechtern getrennt – das damals größte Studentenwohnheim Berlins. Zunächst war es ein gewaltiges Experiment: Die Studierenden sollten die Anlage demokratisch selbst verwalten und gleichzeitig die strenge Sittlichkeit der Adenauerzeit leben. Es gab einen Dorfrat und die Vision, auf diese Weise eine demokratische, akademische Elite heranzuziehen. Als 1968 die Jugend aufbegehrt, wird es der Universität, der Ford Foundation und dem Land Berlin als Träger zu viel der Selbstverwaltung: Das Studentendorf wird Teil des Studentenwerkes. Die Siedlung in Zehlendorf bleibt dennoch für viele ein Ort der Freiheit: Für Geflüchtete aus Ost-Berlin ist es nach dem Bau der Mauer erste Anlaufstelle im Westen, denn einige Fluchthelfer wohnen dort – als 2015 Kriegsflüchtlinge aus Syrien nach Deutschland kommen, finden einige von ihnen in der Wasgenstraße ein neues Zuhause. Um die Jahrtausendwende wäre das Areal beinahe abgerissen worden, obwohl die Gebäude seit 1991 unter Denkmalschutz stehen: Doch 20 junge Leute, die noch in der „Geisterstadt" leben, wehren sich und kämpfen um ihren Erhalt. Mit Erfolg: Das Studentendorf wird als Genossenschaft weiter betrieben, umfassend saniert und steht heute blendend da: 900 junge Menschen wohnen wieder im Schlachtenseer Dorf, die Nachfrage nach Wohnungen ist größer denn je, Tendenz steigend. Wir gratulieren zu 60 Jahren bewegter Geschichte! Ich wünsche Ihnen viel Freude beim Lesen des vorliegenden Heftes.

Herzlich Ihr

Peter Lange