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Fitness für Tausende

Valerie Bures-Bönström gründete „Mrs.Sporty“ und brachte im letzten Jahr einen Fitness-Spiegel auf den Markt. Dabei wollte sie eigentlich Professorin an der Freien Universität werden.

16.07.2021

Valerie Bures-Bönström: Seit mehr als 20 Jahren erfolgreich in der Fitnessbranche.

Valerie Bures-Bönström: Seit mehr als 20 Jahren erfolgreich in der Fitnessbranche.
Bildquelle: VAHA

Valerie Bures-Bönströms neuestes Produkt steckt in einem Spiegel. Auf den ersten Blick sieht er aus wie ein ganz normales Möbelstück, das in jedem Schlaf- oder Wohnzimmer stehen könnte. Doch tippt man ihn an, wird er zum Bildschirm, auf dem man verschiedene Sportkurse auswählen kann – von Yoga bis zum Bootcamp. Oder man holt sich einen menschlichen Personal Trainer nach Hause: Über eine Kamera erscheint sie oder er auf dem Display, kann so live Anweisungen geben oder die Trainingsschritte korrigieren.

Videocall mit Reykjavik

Als Geschäftsführerin ihres Unternehmens „Vaha“, das die digitalen Trainingsgeräte im letzten Jahr auf den Markt gebracht hat, ist Valerie Bures-Bönström gerade sehr beschäftigt. Trotzdem wirkt die 41-Jährige ganz entspannt. Das liegt wohl auch an ihrer langjährigen Erfahrung. Seit mehr als 20 Jahren ist sie erfolgreich in der Fitnessbranche tätig. „Eigentlich war es immer mein Traum, Informatik-Professorin an der Freien Universität zu werden, doch dann hat es mich per Zufall ganz woanders hin verschlagen“, erzählt sie. Am Tag des Interviews meldet sie sich per Videocall aus Island. Im vergangenen Jahr ist sie während des ersten Corona-Lockdowns mit ihren drei Kindern dorthin gereist. Eigentlich wollten sie nur den Sommer über bleiben, mittlerweile sind sie schon seit mehr als einem Jahr dort. „In Reykjavik gibt es alles, was der Mensch braucht“, schwärmt Valerie Bures-Bönström, „eine Philharmonie, die besten Restaurants der Welt und drumherum wunderschöne Natur.“ Auch der internationale Flughafen macht Island für die Unternehmerin zum idealen Standort.

Nach dem Mathematik-Leistungskurs folgte der Vorkurs zum Informatikstudium 

Geboren und aufgewachsen ist Valerie Bures-Bönström aber in Berlin, wo sie 1999 ein Informatikstudium an der Freien Universität begann. Als Jugendliche hatte sie zu Hause zwar ab und zu am Rechner ihres Vaters, der Physiker ist, herumgespielt. „Aber so ein typischer Nerd, der nur am Computer sitzt, war ich überhaupt nicht“, sagt sie. Von Programmieren hatte sie damals noch keine Ahnung. „Ich mochte es allerdings schon immer gerne, an kniffeligen Problemen herumzuknobeln.“ Als Gymnasiastin saß sie im Mathematik-Leistungskurs und probierte nach dem Abitur den Vorkurs zum Informatikstudium an der Freien Universität aus: Sie war sofort Feuer und Flamme. „Ich habe es geliebt zu studieren“, sagt Valerie Bures-Bönström. „Es hat mich fasziniert, so tief in verschiedene Themen einzutauchen.“

Ein Informatikstudium zu Beginn des Internets

Sie studierte zu einer Zeit Informatik, in der noch lange nicht alle einen eigenen Computer zu Hause hatten oder im Internet surften, geschweige denn ein Smartphone mit sich herumtrugen. Viele Studierende bekamen zu dieser Zeit an der Freien Universität gerade ihre erste E-Mail-Adresse. Über Apps, Facebook oder Onlineshopping sprach noch niemand.

„Für mich war Sport schon immer der optimale Ausgleich zur Kopfarbeit. Es bringt einen in die Balance zurück“.

„Für mich war Sport schon immer der optimale Ausgleich zur Kopfarbeit. Es bringt einen in die Balance zurück“.
Bildquelle: VAHA

Ihr Studiengang war klein. Vielleicht 80 Studierende insgesamt, schätzt Valerie Bures-Bönström heute. Und das waren vor allem Männer. Sie war eine von nur drei Frauen. Manchmal vermutete sie, dass der ein oder andere Kommilitone sie unterschätzte, sie anschaute, als dächte er: „Was will die denn eigentlich hier?“ Davon habe sie sich aber nie irritieren lassen. Ihre fehlende Vorerfahrung machte sie schnell wett, erhielt hervorragende Noten und war schon nach dreieinhalb Jahren mit dem Studium fertig. „Ich kann junge Frauen nur ermutigen, sich für Informatik zu entscheiden“, sagt sie. Leider tun dies immer noch relativ wenige. Die Zahl der Studentinnen in dieser Fachrichtung ist zwar in den vergangenen Jahren gestiegen, Frauen sind hier aber immer noch in der Minderheit. 2019 waren in Deutschland nur 25 Prozent aller Erstsemester in der Informatik weiblich.

Der kleine Studiengang habe damals viele Vorteile gebracht, erinnert sich Valerie Bures-Bönström – der Kontakt mit den Professorinnen und Professoren sei sehr persönlich gewesen. „Durch den engen Austausch habe ich wichtige Dinge gelernt, etwa mit Kritik und verschiedenen Meinungen umzugehen“, sagt sie. Zudem habe sie durch ihre Arbeit als Tutorin an der Freien Universität nützliche Sozialkompetenzen erworben. Damals wurden erstmals Fragebögen ausgegeben, in denen die Studierenden ihre Tutoren und Tutorinnen bewerten konnten. Das Feedback habe sie weitergebracht, erinnert sich die Unternehmerin. Nicht immer stand in ihren Fragebogen nur Positives. „Ich habe damals erstmals verstanden: Es geht nicht nur um Inhalte, sondern auch darum, wie man sie kommuniziert.“ Während ihres Studiums arbeitete sie zudem bei IBM und der Bank J. P. Morgan, setzte dort Datenbanksysteme auf, erstellte Analysen über Datenströme an der Börse.

Ein Fitness-Studio nur für Frauen 

Doch eigentlich wollte Valerie Bures-Bönström in der Forschung bleiben, Karriere an der Universität machen. Aber das Leben hatte etwas anderes mit ihr vor. Sie schrieb gerade an einer Doktorarbeit, als ihr damaliger Ehemann Niclas Bönström auf die Idee kam, eine Fitnessstudio-Kette für Frauen zu gründen. Zunächst wollte sie ihm dabei nur ein bisschen helfen, doch 2004 stieg sie ganz mit ein, wurde CEO des Unternehmens, leitete selbst fünf Berliner Studios. Das Konzept von „Mrs.Sporty“ beruht auf einem nur 30-minütigen Zirkeltraining, das in den Alltag jeder Frau passen soll. Es gelang dem Paar, die Tennislegende Stefanie Graf dafür zu begeistern und als prominente Teilhaberin zu gewinnen, mit deren Gesicht sich um Mitglieder werben ließ. „Mrs.Sporty“ funktioniert über ein Franchising-System. Heute gibt es mehr als 500 Clubs in mehreren europäischen Ländern mit insgesamt rund 200 000 Mitgliedern. Mittlerweile ist Valerie Bures-Bönström nicht mehr bei „Mrs.Sporty“ aktiv.

Im Jahr 2009 schloss sie zusätzlich ein Studium der Wirtschaftswissenschaft an der London Business School in Dubai und London ab. 2012 gründete sie ein Start-up namens „Pixformance“, das für funktionelles Training digitale Sportgeräte anbietet, die in Krankenhäusern, Rehaeinrichtungen und Betrieben eingesetzt werden. Auch sie selbst war immer sportlich. In ihrer Jugend hat sie täglich Feldhockey gespielt, stand meistens im Tor. 

Eine Doktorarbeit über Künstliche Intelligenz

An die Freie Unversität ist Valerie Bures-Bönström seit ihrem Studium immer wieder gern zurückgekehrt – manchmal, um an Diskussionsrunden über Unternehmertum teilzunehmen, manchmal, um sich bei der „Langen Nacht der Wissenschaften“ für Informatik zu engagieren, etwa wenn sie dort Vorträge hielt. Und auch den Erwerb des Doktortitels hat sie noch nicht aufgegeben. Dass sie ihre Dissertation mit Anfang zwanzig abgebrochen hatte, hing ihr so lange nach, dass sie diese mittlerweile wieder aufgenommen hat. Sie schreibt nun eine Doktorarbeit über Künstliche Intelligenz: „Eines Tages werde ich sie abgeben“, sagt Valerie Bures-Bönström. „Selbst wenn es erst mit siebzig ist: Das ziehe ich noch durch!“