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Historische Fotografien retten

Im Universitätsarchiv der Freien Universität lagern 137 bisher unveröffentlichte Fotografien, die die dramatischen Ereignisse rund um den Besuch des persischen Schahs von 1967 dokumentieren. Jetzt werden sie restauriert.

17.12.2021

Mit Plakaten und Papiertüten: Proteste gegen den Besuch des Schah-Ehepaars 1967 gegenüber der Deutschen Oper in Berlin-Charlottenburg.

Mit Plakaten und Papiertüten: Proteste gegen den Besuch des Schah-Ehepaars 1967 gegenüber der Deutschen Oper in Berlin-Charlottenburg.
Bildquelle: Foto: FU Berlin, Universitätsarchiv, Fotosammlung, 2. Juni 1967, o.S.; Fotografin: Stefanie Pfeifer

Es ist der 2. Juni 1967. Vor dem Schöneberger Rathaus in West-Berlin warten knapp 2000 Menschen auf die Ankunft von Schah Mohammad Reza Pahlavi, der gemeinsam mit seiner Frau Farah auf Staatsbesuch ist und sich ins Goldene Buch der Stadt eintragen will. Zwischen den vielen schaulustigen Berlinerinnen und Berlinern, die gekommen sind, um einen Blick auf das Schah- Ehepaar zu werfen, stehen auch hunderte Studentinnen und Studenten, die mit lautstarken Rufen und auf Transparenten zum Ausdruck bringen, was sie von dem persischen Herrscher halten: „Mörder!“ oder „Welcome Mr. Dictator“ ist dort zu lesen.

Gewaltsame Auseinandersetzungen gipfeln im Tod Benno Ohnesorgs

Ebenfalls in der Menge stehen etwa 150 sogenannte „Jubelperser“ – Mitarbeiter des iranischen Geheimdienstes und von diesem angeworbene Landsleute, die den Besuch des Schahs lautstark feiern. Als der Schah und seine Frau im Rathaus verschwunden sind, prügeln die „Jubelperser“ plötzlich mit Holzlatten und Stahlruten auf die Gegendemonstranten ein – unter den Augen der Berliner Polizei. Bei einer weiteren Anti-Schah-Demonstration am Abend kommt es in Charlottenburg vor der Deutschen Oper zu gewaltsamen Auseinandersetzungen zwischen der Polizei und Demonstrierenden, die im gewaltvollen Tod Benno Ohnesorgs gipfeln: Der 26-jährige unbewaffnete Student der Freien Universität wird vom Polizisten Karl-Heinz Kurras aus nächster Nähe erschossen.

Mit Präzision und viel Geduld restauriert Stefanie Pfeifer die bislang unveröffentlichten Fotos des Schah-Besuchs.

Mit Präzision und viel Geduld restauriert Stefanie Pfeifer die bislang unveröffentlichten Fotos des Schah-Besuchs.
Bildquelle: Bernd Wannenmacher

Der 2. Juni 1967 wird zum Symboldatum der Studentenbewegung. Fotografisch festgehalten sind die Ereignisse vor dem Schöneberger Rathaus und in Charlottenburg unter anderem auf 137 bisher unveröffentlichten Abzügen, die im Universitätsarchiv der Freien Universität lagern. Doch wie gelangten sie dorthin? „2004 haben wir das APO-Archiv – das Archiv Außerparlamentarische Opposition und soziale Bewegungen übernommen“, erklärt Dr. Birgit Rehse, Leiterin des Universitätsarchivs. Darin sei auch ein großer Bestand des damaligen „Allgemeinen Studentenausschusses“, des AStA, enthalten gewesen. „Der AStA der Freien Universität leitete zeitnah einen Untersuchungsausschuss zu den Ereignissen des 2. Juni 1967 ein, mit Zeugenaussagen und Fotografien, die diese belegten“, sagt Rehse.

Mindestens 150 Arbeitsstunden wird Restauratorin Stefanie Pfeifer für die Instandsetzung der Fotos brauchen.

Mindestens 150 Arbeitsstunden wird Restauratorin Stefanie Pfeifer für die Instandsetzung der Fotos brauchen.
Bildquelle: Bernd Wannenmacher

Schimmelsporen abnehmen, Klebstoff- und Faserrückstände entfernen, Risse und Knicke stabilisieren

54 Jahre später werden die Fotografien nun restauriert – eine teure und zeitintensive Arbeit. Ein Wasserschaden hat unter anderem zu starkem Schimmelbefall auf den Bildern geführt. 57 der 137 Bilder sind so massiv betroffen, dass sie gesundheitsgefährdend und daher nicht einsehbar sind.

Mindestens 150 Arbeitsstunden wird die vom Universitätsarchiv beauftragte Fotorestauratorin Stefanie Pfeifer benötigen, um die Bilder in einen Zustand zu versetzen, der es erlaubt, sie zu digitalisieren: Schimmelsporen müssen abgenommen, Klebstoff- und Faserrückstände entfernt, Risse und Knicke stabilisiert, Fehlstellen mit Japanpapier hinterlegt werden. Außerdem müssen die Objekte in passgenauen Einschlägen aus säurefreier Archivkartonage neu verpackt werden, damit Interessierte die Fotos betrachten können, ohne sie aus ihrer stabilisierenden Hülle zu entnehmen.

Digitalisiert werden sollen die Bilder, um sie so der Forschung und der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Dies ist jedoch nur ein Grund für die Restaurierung. „Es ist vielmehr auch ein ideelles Anliegen“, betont Rehse. „Archivieren bedeutet, auf Dauer zu sichern. Es ist unser Credo, Originale so lange wie möglich zu erhalten und zu verwahren, dazu gehört eben auch, uns um eine Schutzdigitalisierung zu kümmern, die den Inhalt der Archivalien in neuem Format bewahrt und zugleich den Interessierten einen Zugang ermöglicht.“

Weitere Informationen

Das Archiv der Freien Universität Berlin steht für die Nutzung historischer Überlieferungen der Hochschule zur Verfügung. Forschung, Lehre, Studium und die Verwaltung der Universität sowie die Öffentlichkeit können wissenschaftliche Anfragen stellen und Information erhalten.

https://www.fu-berlin.de/sites/uniarchiv/index.html