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Unteroffizier Bernd Lindner

Während des Wachdienstes erschoss der Gefreite Ulrich S. in Nordhausen aus Versehen seien Unteroffizier Bernd Lindner.

geboren am am 2. Juni 1956 in Glauchau

erschossen am 22.April 1978 in Nordhausen

Ort des Zwischenfalls: Fähnrich- und Grenzaufklärerschule der Grenztruppen, Nordhausen (Thüringen)

Unteroffizier Bernd Lindner und Gefreiter Ulrich S. befanden sich auf Wachdienst in der Dienststelle Nordhausen. Im Postenbereich trafen sie sich mit dem Gefreiten Ulrich K., der vier Flaschen Klaren (0,35 l) besorgt hatte. Sie setzten sich und tranken zusammen drei Flaschen. Als sie ein Geräusch hörten, begaben sie sich in die Richtung des Geräuschs. K. und S. kehrten bald zu der Stelle zurück, an der sie vorher gesessen hatten und warteten auf Lindner. S. sagte nach späteren Aussagen von Ulrich K., er wolle Lindner erschrecken. Er legte sich auf den Bauch und entsicherte seine MPi. Als Lindner zurückkam, riss er die Waffe in Anschlag und löste dabei zwei Schüsse aus. Ulrich K. sagte aus, S. habe sich danach wimmernd über Lindner gebeugt, während er Hilfe holte.

Bernd Lindner hatte, bevor er sich zum dreijährigen Militärdienst verpflichtete, im Fleischkombinat Zwickau gearbeitet. Der SED-Parteisekretär lobte Lindner als höflich und stets einsatzbereiten Mitarbeiter, der im Betriebsteil Glauchau auch häufig Überstunden abgeleistet habe. In Glauchau kursierten Gerüchte, über Lindners Tod. Es hieß „die Russen“ hätten ihn erschossen oder es wurde gemutmaßt, dass er flüchten wollte und „jetzt dreht man das so hin", er habe sich beim Waffenreinigen selbst erschossen.

Vor der Beisetzung Bernd Lindners erfolgte eine „Abstimmung“ der SED-Kreisleitung mit dem Wehrkreiskommando, der Kreisdienststelle des Staatssicherheitsdienstes, dem Volkspolizeikreisamt, dem Betrieb der Mutter, der Arbeitsstelle der Verlobten und dem VEB Fleischkombinat. Mit dem SED-Parteisekretär des Kombinats wurde erörtert, wie die SED-Mitglieder im Betrieb „gegen aufkommende Gerüchte“ reagieren sollten. Die Trauerfeier für Bernd Lindner fand auf Wunsch der Mutter mit kirchlichem Zeremoniell in der Trauerhalle des Friedhofs statt, ein militärisches Zeremoniell erfolgte am Grab. Pfarrer Brödel, der den 1972 verstorbenen Vater Linders bereits kirchlich beigesetzt hatte, wurde in drei Vorgesprächen durch örtliche Instanzen auf die Beisetzung „vorbereitet“. Er führte an Lindners Grab nach dem militärischen Zeremoniell das kirchliche Zeremoniell aus.

Der 21jährige Todesschütze Ulrich S. wurde am 22. Juni 1978 durch das Militärgericht Magdeburg, Sitz Stendal, wegen fahrlässiger Tötung im schweren Fall zu einer Haftstrafe von einem Jahr und neun Monaten verurteilt. Seine Haftentlassung erfolgte am 2. August 1979 wegen guter Führung, die Reststrafe wurde mit zweijähriger Bewährungsfrist ausgesetzt. (jos.)