FARBEN. Literatur – Kunst – Wissen
Eine Veranstaltung des Fachbereichs Philosophie und Geisteswissenschaften der Freien Universität Berlin
- Donnerstags, von 16.00 bis 18.00 Uhr. Beginn:18.04.2019
- Veranstaltungsort: Freie Universität Berlin, Habelschwerdter Allee 45, Hörsaal 1b, 14195 Berlin.
U3 Dahlem-Dorf, Bus 110, M11, X83 - Kontakt: Prof. Dr. Elisabeth K. Paefgen, E-Mial: paefgen@germanistik.fu-berlin.de und Prof. Dr. Jutta Müller-Tamm, E-Mail: muellert@zedat.fu-berlin.de
„Beachten Sie, wie oft in Versen Farben vorkommen. Rot, purpur, silbern mit der Abwandlung silberlich, braun, grün, orangefarben, grau, golden – hiermit glaubt der Autor vermutlich besonders üppig und phantasievoll zu wirken, übersieht aber, daß diese Farben ja reine Wortklischees sind, die besser beim Optiker und Augenarzt ihr Unterkommen finden.“ (Gottfried Benn, Probleme der Lyrik, 1951).
Diese apodiktische Aussage sollte als Maßstab gelten, um die Modernität von Gedichten beurteilen zu können. Farben haben Benn zufolge in modernen Gedichten keinen Platz – mit einer Ausnahme: Blau. Bei dieser Farbe wird selbst der farbstrenge Gottfried Benn schwach und gesteht, dass er vor dem „Südwort schlechthin“ kapituliert und diesem Adjektiv eine besondere Aussagekraft zubilligt.
Bereits das angeführte Zitat zeigt, dass mit Farben eine besondere Brisanz verbunden ist und dass ihr Einsatz heikel, wenn nicht gefährlich sein kann. Das gilt für Farbworte in literarischen Texten ebenso wie für ihre Darstellung in bildenden und filmischen Künsten. Dabei gelten Farben einerseits als trivial und banal: Bereits Kinder können die Frage nach der Lieblingsfarbe beantworten. Andererseits können Farben eine symbolische („Südwort“-)Bedeutung gewinnen, die jenseits der oberflächlichen Sichtbarkeit liegt. Tatsächlich sind Farben eine vertrackte Angelegenheit, wobei das Hauptproblem im Verhältnis von Farbe und gegenständlicher Objektwelt besteht. Farben sind zweifelsohne Empfindungen, Wahrnehmungen, und wie sich diese Empfindungen zu den Eigenschaften der Gegenstände verhalten, ist keine einfach zu beantwortende Frage.
Vielleicht auch aus diesem Grund gibt es eine lange tradierte philosophische und teils auch moralische Geringschätzung gegenüber der Farbe. „Die ‚Normalität’ kommt in Schwarzweiß daher. Wenn Farbe dazukommt, wird alles zwangsläufig kompliziert“, stellt David Batchelor fest (Chromophobie. Angst vor der Farbe, 2000/2002) Gleichzeitig ist seit dem 18. Jahrhundert das Farbenerleben, das Wissen um Farbe, der künstlerische und literarische Umgang sowie die Herstellung und Bewertung von Farben ein philosophisch-ästhetisches, kulturgeschichtliches wie auch kognitiv-psychologisches Thema, mit dem sich unterschiedlichste Disziplinen befasst haben.
Vor allem das Forschungsfeld Sprache, Literatur, Malerei, Film und Farbe hat sich dabei als außerordentlich produktiv erwiesen. In diesen offenen und in den letzten Jahren wieder aktueller gewordenen Diskurs will sich die Vorlesung einschalten und Farben in den schriftlichen und darstellenden Künsten aus unterschiedlichen Blickwinkeln betrachten. Ziel der Veranstaltung soll sein, die Ambivalenzen von Farbzuschreibungen und -gestaltungen ebenso zu reflektieren wie auch Impulse zu diskutieren, die mit neuen sprachlichen und technischen Farbmöglichkeiten einhergehen.
Die Termine im Überblick
Farben bei Walter Benjamin
Vortrag von PD Dr. Caroline Welsh, Freie Universität Berlin
Ort: Gebäudekomplex Habelschwerdter Allee 45 Hörsaal 1b 14195 Berlin U3 Dahlem-Dorf, Bus 110, M11, X83
Zwischen Mimesis und Exzess: Farbästhetiken im Film
Vortrag von Prof. Dr. Barbara Flueckiger, Universität Zürich
Ort: Gebäudekomplex Habelschwerdter Allee 45 Hörsaal 1b 14195 Berlin U3 Dahlem-Dorf, Bus 110, M11, X83
Die Farben der Vergangenheit. Fotografie und historisches Gedächtnis
Vortrag von Prof. Dr. Peter Geimer, Freie Universität Berlin
Ort: Gebäudekomplex Habelschwerdter Allee 45 Hörsaal 1b 14195 Berlin U3 Dahlem-Dorf, Bus 110, M11, X83
Farbenwissen im 18. Jahrhundert
Vortrag von Prof. Dr. Friedrich Steinle, Technische Universität Berlin
Ort: Gebäudekomplex Habelschwerdter Allee 45 Hörsaal 1b 14195 Berlin U3 Dahlem-Dorf, Bus 110, M11, X83
Wenn Dichter Physiker besiegen: Neue Argumente und Experimente zu Goethes Farbenlehre
Vortrag von Prof. Dr. Olaf Müller, Humboldt-Universität zu Berlin
Ort: Gebäudekomplex Habelschwerdter Allee 45 Hörsaal 1b 14195 Berlin U3 Dahlem-Dorf, Bus 110, M11, X83
Pigment – Paste – Palette. Farbe zwischen Ding und Zeichen
Vortrag von Prof. Dr. Karin Gludovatz, Freie Universität Berlin
Ort: Gebäudekomplex Habelschwerdter Allee 45 Hörsaal 1b 14195 Berlin U3 Dahlem-Dorf, Bus 110, M11, X83
Farbe im Kopf – Farbe im Kino. Eine Einführung in das komplexe Zusammenspiel von Farbwahrnehmung und Farbgestaltung
Vortrag von Prof. Dr. Susanne Marschall, Eberhard Karls Universität Tübingen
Ort: Gebäudekomplex Habelschwerdter Allee 45 Hörsaal 1b 14195 Berlin U3 Dahlem-Dorf, Bus 110, M11, X83
Kant und Hegel über Farben
Vortrag von Prof. Dr. Dina Emundts, Freie Universität Berlin
Ort: Gebäudekomplex Habelschwerdter Allee 45 Hörsaal 1b 14195 Berlin U3 Dahlem-Dorf, Bus 110, M11, X83
„Der Farbe frönten Gesellschaften, in denen Muskelkraft mehr galt als Hirn.“ Kunstgeschichte in Schwarz-Weiß
Vortrag von Prof. Dr. Monika Wagner, Universität Hamburg
Ort: Gebäudekomplex Habelschwerdter Allee 45 Hörsaal 1b 14195 Berlin U3 Dahlem-Dorf, Bus 110, M11, X83
Bunte Gedichte? Farben in lyrischen Texten nach 2000
Vortrag von Prof. Dr. Elisabeth K. Paefgen, Freie Universität Berlin
Ort: Gebäudekomplex Habelschwerdter Allee 45 Hörsaal 1b 14195 Berlin U3 Dahlem-Dorf, Bus 110, M11, X83
Rilkes Farben
Vortrag von Prof. Dr. Friederike Felicitas Günther, Freie Universität Berlin
Ort: Gebäudekomplex Habelschwerdter Allee 45 Hörsaal 1b 14195 Berlin U3 Dahlem-Dorf, Bus 110, M11, X83
‚Who’s Afraid of Red, Yellow and Blue’. Farbe in Kunst und Kultur. Einführung in die Ringvorlesung
Vortrag von Prof. Dr. Jutta Müller-Tamm, Freie Universität Berlin
Ort: Gebäudekomplex Habelschwerdter Allee 45 Hörsaal 1b 14195 Berlin U3 Dahlem-Dorf, Bus 110, M11, X83