Die vielen Anfänge von Demokratie
Eine Veranstaltung der DFG-Kollegforschungsgruppe 2615 „Zwischen Demokratie und Despotismus. Governance-Strategien und Partizipationsformen im Alten Orient“ und des Fachbereichs Geschichts- und Kulturwissenschaften der Freien Universität Berlin
Konzeption: Prof. Dr. Eva Cancik-Kirschbaum, Prof. Dr. Jörg Klinger, PD Dr. Werner Kogge
- Dienstags von 18:15 - 19:45, Beginn: 19.10.2021
- Ansprechpartner*in: Prof. Dr. Eva Cancik-Kirschbaum, Prof. Dr. Jörg Klinger
- Kontakt: sekretariat-kofo@geschkult.fu-berlin.de
- Abstract-Sammlung
Die Plätze im Hörsaal sind wegen der aktuellen Corona-Bestimmungen begrenzt. Diejenigen, die die Vorlesung als Präsenzveranstaltung besuchen möchten, werden um eine einmalige Anmeldung gebeten unter: sekretariat-kofo@geschkult.fu-berlin.de
Die Anfänge von „Demokratie“ werden gemeinhin mit der griechisch-römischen Antike verbunden. Doch vereinfacht dieses Narrativ nicht die Vielfalt historischer Entwicklungen? Demokratische Elemente zeigen sich in vielfältiger Form bereits in vorgriechischen historischen Epochen ebenso wie in außereuropäischen Kulturen z.B. des Mittleren und Fernen Osten. Sie wurden immer wieder neu gefunden, neu mit Leben gefüllt – und haben andererseits keineswegs überall und immer starke institutionalisierte Formen gefunden.
Was macht „Demokratie“ eigentlich aus? Wo fängt sie an? Da, wo Aushandlungen stattfinden? Wo Beteiligung an gemeinsamen Entscheidungen gefördert wird? Wo es Öffentlichkeit gibt? Wo der Zugang zu Machtpositionen prinzipiell offen ist? Wo es Wahl- oder Losverfahren zur Besetzung solcher Positionen gibt? Wo Gewaltenteilung institutionalisiert ist?
Die Ringvorlesung fragt nach dem historischen und dem gesellschaftlichen Ort von Praktiken und Strukturen, die heute als wichtige Elemente von „Demokratie“ gelten. Sie fragt nach „Anfängen“ in unterschiedlichen Kulturen und in unterschiedlichen gesellschaftlichen Zusammenhängen. Die Vorträge sollen anregen, die Entstehung bzw. das Auftreten demokratischer Elemente in einer erweiterten historisch-geographischen Perspektive zu betrachten. Sie gehen der Frage nach, welche Praktiken eine politische Ordnung allererst zu einer demokratischen werden lassen. Sie verhandeln historische Befunde, die Rolle von modernen Projektionen, typische Missverständnisse und aktuelle wissenschaftliche Erkenntnisse.
Ziel ist es zu zeigen, dass zentrale Praktiken des Demokratischen viel breiter und tiefer in der Geschichte der Menschheit verwurzelt sind, als oft angenommen wird. Wenn wir heute Demokratie wieder als gefährdet erleben, ist es notwendig, sich vor Augen zu führen, wie vielgestaltig Demokratie sein kann und zu diskutieren, was Demokratien im Kern ausmacht.
Ein liberal-egalitäres Verständnis von Demokratie
Vortrag von Prof. Dr. Stefan Gosepath, Institut für Philosophie, Freie Universität Berlin
Herrschaft, Bildung und Experten. Zwei Ansätze aus dem klassischen China (10. – 14. Jahrhundert)
Vortrag von Prof. Dr. Dagmar Schäfer, Direktorin, Max-Planck-Institut für Wissenschaftsgeschichte
Vampire und freie Perser: die Debatte über achämenidische Staatsformen
Vortrag von Prof. Dr. Wouter Henkelman, Sciences Historiques et Philologiques Department, Université de recherche Paris Sciences et Lettres
Revolutionen, reformerische Eliten und ein wankelmütiges Wahlvolk. Einige Anfänge von Demokratie im 19. Jahrhundert
Vortrag von Prof. Dr. Hedwig Richter, Historische Fakultät, Neuere und Neueste Geschichte, Universität der Bundeswehr München
„Demokratie jetzt!“ Laute und stille Anfänge deutscher Demokratie im 20. Jahrhundert
Vortrag von Prof. Dr. Paul Nolte, Friedrich-Meinecke-Institut, Freie Universität Berlin
Willensbildung in der römischen res publica – Wer ist das Volk?
Vortrag von Prof. Dr. Cosima Möller, Fachbereich Rechtswissenschaft, Bürgerliches und Römisches Recht, Freie Universität Berlin
Wer repräsentiert die Interessen eines christlichen Volkes? Bischofsversammlung und Herrscherverantwortlichkeit im westgotischen Spanien (7. Jahrhundert)
Vortrag von Prof. Dr. Stefan Esders, Friedrich-Meinecke-Institut, Geschichte der Spätantike und des frühen Mittelalters, Freie Universität Berlin
„Eine Demokratie entsteht also, wenn die Armen siegen und ihre Gegner töten oder verbannen“ (Plat. Politeia 8, 557a) – Die Demokratie des klassi- schen Athen in Theorie und Praxis
Vortrag von Prof. Dr. Julia Hoffmann-Salz, Friedrich-Meinecke-Institut, Freie Universität Berlin
Dunkelkammern der Demokratie. Inschriftliches zur Selbstorganisation der archaischen Polis
Vortrag von Prof. Dr. Markus Asper, Institut für Klassische Philologie, Humboldt-Universität zu Berlin
„Islamische Demokratie“. Historische Grundlagen und moderne Projektionen
Vortrag von Prof. Dr. Gudrun Krämer, Institut für Islamwissenschaft, Freie Universität Berlin
Vom König als dem Sohn Gottes zu einem Königreich von Priestern
Vortrag von Prof. Dr. Markus Witte, Theologische Fakultät, Humboldt-Universität zu Berlin
Wahlkönigtum, Ratsversammlung, Meister der Diplomatie – oder doch „orientalische Despotie“? Das hethitische Königtum im 2. Jahrtausend vor Chr.
Vortrag von Prof. Dr. Jörg Klinger, DFG-Kollegforschungsgruppe 2615, Institut für Altorientalistik, Freie Universität Berlin
„Primitive democracy“ im antiken Zweistromland? Kollegium, Ratsversammlung, Expertengremium und die Macht des Monarchen
Vortrag von Prof. Dr. Eva Cancik-Kirschbaum, DFG-Kollegforschungsgruppe 2615, Institut für Altorientalistik, Freie Universität Berlin
Das mesopotamische Königtum im 3. Jahrtausend v. Chr. im Kontext kollektiver Beratung und juristisch basierter Entscheidungsfindung
Vortrag von Prof. Dr. Hans Neumann, Institut für Altorientalistik und Vorderasiatische Archäologie, Westfälische Wilhelms-Universität Münster
Die vielen Anfänge von Demokratie
Vortrag von PD Dr. Werner Kogge, DFG-Kollegforschungsgruppe 2615, Freie Universität Berlin