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AStA-Fotobestand zu den Demonstrationen am 2. Juni 1967 anlässlich des Schah-Besuchs restauriert, erschlossen und digitalisiert

09.06.2023

Schaulustige und Demonstrierende auf dem südlichen Gehweg der Bismarckstraße gegenüber der Deutschen Oper

Schaulustige und Demonstrierende auf dem südlichen Gehweg der Bismarckstraße gegenüber der Deutschen Oper
Bildquelle: Fotograf: Hermann* / FU Berlin, UA, Foto_2Juni67-F/052

"Jubelperser" auf dem John-F.-Kennedy-Platz vor dem Rathaus Schöneberg

"Jubelperser" auf dem John-F.-Kennedy-Platz vor dem Rathaus Schöneberg
Bildquelle: W. Schulze* / FU Berlin, UA, Foto_2Juni67-F/097

Pressevertreter, Polizisten, Schaulustige und Demonstrierende auf dem John-F.-Kennedy-Platz vor dem Rathaus Schöneberg

Pressevertreter, Polizisten, Schaulustige und Demonstrierende auf dem John-F.-Kennedy-Platz vor dem Rathaus Schöneberg
Bildquelle: Fotograf: unbekannt* / FU Berlin, UA, Foto_2Juni67-F/119

Die Polizeigewalt während der Demonstrationen anlässlich des Schah-Besuchs am 2. Juni 1967 wird heute als ein wesentlicher Auslöser für die folgende Radikalisierung der Student*innenbewegung angesehen. Der AStA der Freien Universität Berlin gründete am folgenden Tag einen autonomen Untersuchungsausschuss, der den Tod des FU-Studenten Benno Ohnesorg durch eine Polizeikugel und die weiteren Misshandlungen von Demonstrant*innen im Zuge der Proteste aufklären sollte. Die Studierenden beobachteten Gerichtsverhandlungen, protokollierten Diskussionen und trugen selbst Augenzeugenberichte und Fotos von Pressefotografen zusammen, mit deren Hilfe sie die Ereignisse rekonstruierten.

Die überlieferten Fotos, die einen Teilbestand der Sachthematischen APO-Sammlung bildeten und 2004 mit der Übernahme des gesamten APO-Archivs ins Universitätsarchiv gelangten, wurden dank einer Spende der Ernst-Reuter-Gesellschaft der Freunde, Förderer und Ehemaligen der Freien Universität Berlin e.V. zunächst von einem Wasserschaden restauriert. Erst danach konnten die Fotos digitalisiert und inhaltlich erschlossen werden. Viele der 131 Fotos waren unter anderem durch einen Schimmelbefall stark beschädigt und wurden nun hochauflösend digitalisiert, um sie trotz des schlechten Erhaltungszustands der Benutzung zugänglich zu machen.

Einzelne Fotos zeigen dabei einige Opfer der Gewaltexzesse. Der überwiegende Teil der Bilder dokumentiert jedoch die Demonstrationen und Interaktionen zwischen Demonstrierenden und Polizisten an den beiden Hauptschauplätzen der Proteste. Am Vormittag des 2. Juni 1967 demonstrierten Studierende vor dem Rathaus Schöneberg gegen den Schah von Persien Mohammed Reza Pahlavi, als dieser sich während seines ersten Programmpunkts ins Goldene Buch der Stadt eintrug. Am Abend formierten sich Proteste vor der Deutschen Oper, wo der Schah mit seiner Frau zu einer Aufführung von Mozarts „Zauberflöte“ erwartet wurde. Darüber hinaus gibt es einige Fotos, die die Geschehnisse vor dem Schloss Charlottenburg und dem Café Kranzler auf dem Kurfürstendamm zeigen.

Die vom AStA gesammelten Fotos dienten dem autonomen Untersuchungsausschuss vor allem dazu, die Eskalation der Gewalt im Verlauf des 2. Juni 1967 nachzuvollziehen. Es steht zu vermuten, dass der AStA im Nachgang der Ereignisse Pressefotografen um die Überlassung ihrer Fotos gebeten haben. Die Perspektive einiger Fotos lässt darauf schließen, dass es sich um offizielle Pressevertreter gehandelt haben musste, da nur diese den abgesperrten Bereich betreten durften. In diesem Interesse versahen die beteiligten Studierenden zahlreiche der auf den Fotos abgebildeten Polizisten mit kleinen Aufklebern, auf denen sie ihnen Nummern zuordneten und verglichen, in welchen Situationen bestimmte Polizisten und Mitglieder der iranischen Geheimpolizei aufgetaucht waren. Auch die ebenfalls digitalisierten Rückseiten sind mit verschiedenen Nummernsystemen versehen. Zukünftig interessierte Forscher*innen können nun beispielsweise untersuchen, ob sich ein Zusammenhang mit vorhandenen Zeug*innenaussagen herstellen lässt.

Der Fotobestand ist nun online recherchierbar unter: https://archiv.fu-berlin.de/home/#/content/b9276c41b71f443d8a57a7e2df7dba67. Aus urheberrechtlichen Gründen können nur die Erschließungsinformationen zu den Fotos veröffentlicht werden, nicht jedoch die Digitalisate der Fotos, die aber auf Anfrage im Universitätsarchiv bestellt werden können unter: archiv@fu-berlin.de.


* Die Identität der Fotograf*innen konnte entweder nicht verifiziert bzw. kein Kontakt für die Rechteklärung hergestellt werden. Für weitere Hinweise ist das Universitätsarchiv sehr dankbar.