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Warum endete die Vernichtung der Juden und Roma in Rumänien bereits Ende 1942?

Prof. Dr. Mariana Hausleitner

Ein Rätsel in der Geschichte des Zweiten Weltkriegs ist, warum der rumänische Staatsführer zuerst die Vernichtung der Hälfte der Juden seines Landes befahl und ein Jahr später die Verbliebenen rettete.

Im ersten Teil des Vortrags wird die Vernichtungspolitik von Ion Antonescu zwischen Juni 1941 und Sommer 1942 dargestellt. Er beteiligte sich am Angriff auf die Sowjetunion und veranlasste im Sommer 1941 die Vernichtung von ca. 150.000 Juden im Operationsgebiet. Allein in Odessa ermordete die rumänische Gendarmerie nach einem Bombenattentat über 20.000 jüdische Männer, Frauen und Kinder. An Erschießungen beteiligte sich auch die deutsche Einsatzgruppe D. Danach deportierte die rumänische Militärverwaltung im Herbst 1941 über eine Viertelmillion Juden aus Bessarabien und der Bukowina in das rumänische Besatzungsgebiet Transnistrien. 1942 wurden weitere Juden und auch 26.000 Roma nach Transnistrien vertrieben. Über die Hälfte starb dort an Hunger und Mangelkrankheiten.

Im zweiten Teil wird analysiert, warum die verbliebenen etwa 280.000 Juden Rumäniens nicht wie bei der Wannsee-Konferenz geplant, in deutsche Vernichtungslager deportiert wurden. Die bereits vorbereiteten Züge kamen nicht zum Einsatz, weil Marschall Antonescu am 13. Oktober 1942 alle Deportationen einstellen ließ. Was ihn dazu veranlasste, wurde beim Prozess 1946 nicht geklärt. Zumeist erklären Historiker den Kurswechsel mit der Vernichtung von einem Viertel der rumänischen Armee bei Stalingrad, aber diese begann erst einen Monat später. Es werden verschiedene andere Gründe für die neue Politik gegenüber Juden und Roma erörtert.

Im dritten Teil geht es um die Folgen des Kurswechsels: Seit Anfang 1943 konnten viele deportierte Juden in Transnistrien versorgt werden und einige im Dezember 1943 heimkehren. Zwischen März und August 1944 verließen acht Schiffe mit 2.798 Juden rumänische Häfen, um nach Palästina zu emigrieren. Abschließend wird auf Kontroversen zur Einschätzung von Antonescu in Rumänien eingegangen.