Vom Altertum zum Mittelalter
em. Univ.-Prof. Dr. Alexander Demandt
Den Übergang von der Antike zum Mittelalter verbinden wir mit dem Untergang Roms und diesen mit dem Ende des Weströmischen Reiches. Als Stichjahr gilt 476, als im September der letzte Kaiser, der Knabe Romulus, von dem germanischen Söldnerführer Odovacar abgesetzt wurde. Zeitgenössische Parallelen ermöglichen uns eine recht genaue Vorstellung, wie sich dies in Ravenna abgespielt hat. Das Ende des Imperiums wurde von einzelnen Zeitgenossen durchaus wahrgenommen, doch überwog die Auffassung der Fortdauer durch das byzantinische Kaisertum und die renovatio imperii Karls des Großen. Erst die Humanisten haben eine Abgrenzung des "finsteren" Mittelalters von der Antike vorgenommen. Damit trat an die Stelle der Kontinuitätsidee die Katastrophentheorie, doch zeigen sich typisch mittelalterliche Erscheinungen bereits in der Spätantike. Dazu gehört die Entstehung der europäischen Völker, die unter dem problematischen Begriff der Ethnogenese diskutiert wird.