SoSe 23: Reenactment
Lucia Ruprecht
Kommentar
Während Rekonstruktionen sich mit der historisch möglichst genauen Wiedereinstudierung und Inszenierung vergangener Tanzstücke befassen, geht es bei Reenactments um einen kreativ-forschenden Zugang zur Vergangenheit, dessen Ziel nicht in erster Linie Werktreue ist. Nicht zuletzt durch das Projekt „Tanzfonds Erbe,“ einer großangelegten Förderstruktur der Kulturstiftung des Bundes, haben Reenactments im Tanzbereich seit ungefähr 15 Jahren Konjunktur, ihre Geschichte reicht jedoch beispielsweise bis zu den Arbeiten der französischen Gruppe Quatuor Albrecht Knust zurück, die in den 1990er Jahren Stücke der Tanzmoderne reinterpretierte. Im Seminar werden wir uns sowohl mit der Theorie (Rebecca Schneider, Timmy de Laet, Mark Franko, ...) als auch mit Beispielen herausragender Reenactments befassen (Olga de Soto, Christina Ciupke und Anna Till, Beyoncé, Martin Nachbar, Jochen Roller, Fabian Barba, Trajal Harrell, ...) und so gleichzeitig Einblicke in die Tanzgeschichte des 20. Jahrhunderts erhalten (Mary Wigman, Gertrud Bodenwieser, Kurt Jooss, Dore Hoyer, Yvonne Rainer, Anne Teresa De Keersmaeker, Pina Bausch, William Forsythe, …). Dabei werden wir uns unter anderem mit dem durch Reenactments angeregten tanztheoretischen Paradigmenwechsel beschäftigen, der als „post-ephemerer“ Moment beschrieben wurde, einer Verschiebung vom Insistieren auf das Vergängliche des Tanzes zu dem, was vom Sich-Entziehenden bleibt; und wir werden ausblickhafte Überlegungen zum tanzhistoriographischen Innovationspotential anstellen, das in Reenactments liegt und von ihnen angestoßen wird.
Seminarsprachen: Deutsch und optional Englisch
Schließen12 Termine
Regelmäßige Termine der Lehrveranstaltung