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WiSe 23/24: Das Post/Koloniale Museum. Extraktivismus, Kanonisierung und kritische Museologien

Anna Brus

Kommentar

Museen sind gegenwärtig Brennpunkte gesellschaftlicher Kontroversen um koloniale Schuld und Restitution, aber sie sind auch Räume, in denen sich Initiativen gründen, die auf eine Dekolonisierung von Wissensordnungen und institutionellen Hierarchien hinarbeiten. In der Vorlesung werden wir in drei Themenbereichen Museen als Orte der Kolonialität und Dekolonisierung, aber auch als zentrale Orte der Deutungsmacht über Kunst und Kultur des afrikanischen Kontinents in den Blick nehmen. Der erste Teil widmet sich der Geschichte extraktivistischer Sammelpraktiken in der Kolonialzeit und der Gründung von ethnologischen Museen in Europa und Afrika. Unter welchen Voraussetzungen wurde materielle Kultur als koloniale Trophäe, als Kunst, oder auch als „Rohstoff“ der Wissenschaft angehäuft und welche kolonialpolitischen oder nationalstaatlichen Interessen waren damit verbunden? Auch auf dem afrikanischen Kontinent hat die Musealisierung der Kultur die "koloniale Bibliothek" (Y.V. Mudimbe/Achille Membe) in die Praxis umgesetzt und dazu beigetragen, Artefakte und Menschen rassifizierter kolonialer Ordnung und Kontrolle zu unterwerfen. Im zweiten Thementeil widmen wir uns der Deutungs- und Inszenierungsmacht von Museen. Wie wurde und wird in Ausstellungen hegemoniales Wissen produziert, prozessiert und stabilisiert? Inwiefern haben Ausstellungen zu essentialisierenden Vorstellungen von „afrikanischer Kunst“ und ästhetischer Kanonisierung beigetragen? Aktuell werden nicht nur Repräsentations- und Deutungshoheit von Museen, sondern auch ihre Rolle als Hüter und Bewahrer von „Kulturerbe“ grundsätzlich in Frage gestellt. Der dritte Themenslot widmet sich dieser fundamentalen Kritik und setzt dekoloniale Initiativen, die zum großen Teil von afrikanischen und afro-diasporischen Akteur:innen angestoßen werden, in den Mittelpunkt. Wie lassen sich Museen jenseits der Care-Arbeit für Objekte, jenseits institutionalisierter Routinen und normativer Klassifizierungen denken? Welche Arbeit leisten community Museen und aktivistische grassroot Initiativen? Wie werden Museen oder Orte des Ausstellens und der Erinnerungsarbeit neu imaginiert als Museen ohne Wände (Meschac Gaba), als mobile Museen (Nana Oforiatta Ayim), und Orte der Erinnerung an den Verlust von „ghost collections“ (Sylvie Memel-Kassie)? Schließen